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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer
Autoren: Elvira Zeissler
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schaute zum Fenster hinaus.
Draußen goss es in Strömen, so dass sie im ersten Augenblick nichts erkennen konnte. Während sie geschlafen hatte, hatte sich das Wetter schlagartig verändert. Die Sonne schien nicht mehr, und die vorher nur flockigen Wölkchen bildeten nun einen dichten grauen Schleier, der den gesamten Himmel verdeckte. Sie wusste schon nicht mehr, wie lange sie in dieser Gegend auf der Suche nach dem Schloss herumkreisten.
»Jetzt reicht es mir!« verkündete Julie entschlossen. »Sobald wir wieder zurück sind, kaufe ich ein Navigationsgerät.«
»Ich bezweifle, dass die Gegend hier überhaupt kartographisch erfasst ist«, brummte Peter missgelaunt und versuchte, etwas durch den Regen zu erkennen.
Obwohl es erst neun Uhr abends war, war es wegen des Wetters schon beinahe dunkel. Julie fröstelte und zog ihre Jacke enger um sich. Sie hatte schon vor einiger Zeit ihr leichtes Sommerkleid gegen Jeans, T-Shirt und eine Sommerjacke eingetauscht. »Nicht gerade ein guter Anfang«, dachte sie, als ihre anfänglich so optimistische Laune durch das trübe Wetter einen ziemlichen Dämpfer bekommen hatte.
Auch Peter blieb von den Umständen nicht unbeeindruckt. Der Wunsch nach einer Zigarette wurde immer stärker in ihm, doch hatte er keine bei sich, da er doch Julie zuliebe damit aufgehört hatte.
Julie war eine ausgeprägte Gesundheitsfanatikerin, und sie konnte sich einfach nicht damit abfinden, dass Peter sich, wie sie es ausdrückte, das eigene Grab schaufelte. Als diese Argumentationslinie keine Wirkung erzielte, stellte sie ihm ein regelrechtes Ultimatum: entweder die Zigaretten verschwinden oder sie. Denn sie, Peter erinnerte sich noch genau an ihren entschlossenen Gesichtsausdruck, der dieser eigentlich absurden Situation eine gewisse Komik verlieh, denn sie wäre auf keinen Fall länger dazu bereit, das Gift, das er ausatmete, wieder einzuatmen. Wenn er sich vergiften wollte, so meinte sie, könnte sie es wohl nicht ändern, doch sie würde es nicht zulassen, dass er sie mit sich ins Verderben zog. Es folgten Tage der Debatten und Auseinandersetzungen, doch am Ende verfehlte dieser für Peters Geschmack ein wenig zu theatralische Auftritt nicht sein Ziel. Peter lenkte ein, und alle waren glücklich. »Wenigstens war Julie es«, dachte er jetzt, als er bereit war, fast alles für eine Zigarette zu geben.

Peter spähte abermals nach draußen, inzwischen hatte er den Wagen angehalten, um sich in der Dunkelheit nicht noch mehr zu verfahren. Es kam ihm fast vor, als unternähme die Natur, oder andere mysteriöse Kräfte, den allerletzten Versuch, sie von ihrem Bestimmungsort fernzuhalten. Als er jedoch zu Julie herüber blickte, um eine Bestätigung seiner Gefühle zu erhalten, sah er in ihrem Gesicht nur den immer größer werdenden Ärger darüber, sich mitten im Nirgendwo verfahren zu haben. Deshalb beschloss er, sich lieber auf die vor ihm liegende Karte zu konzentrieren.

Nach einiger Zeit meinte Peter schließlich, etwas gesehen zu haben. »Julie, schau mal, ich glaube, da vorne ist jemand«, sagte er erleichtert.
Zusammen versuchten sie, mit ihren Blicken die durch den Regen noch verstärkte Dunkelheit der Landstraße zu durchdringen. Peter hatte sich nicht geirrt, sie sahen einen Lichtkegel, wie von einer Taschenlampe, der immer näher kam. Vor dem Auto blieb der Lichtkegel stehen, und das Gesicht eines alten Mannes erschien im Fenster.
Das Gesicht war von Falten zerfurcht, und der Rest der Gestalt war bäuerlich gekleidet. Obwohl der Mann im gießenden Regen stand und schon völlig durchnässt war, schien dies seine Laune in keinster Weise zu beeinträchtigen. Er pfiff munter vor sich hin und betrachtete mit offensichtlicher Neugier die Insassen des Autos.
Peter öffnete das Fenster, und sofort prasselten große Tropfen ins Innere des Wagens. »Guten Abend«, grüßte er den Mann höflich.
Der Alte nickte nur und hörte nicht auf zu pfeifen.
Etwas verunsichert fuhr Peter fort. »Wir haben uns verfahren, könnten Sie uns wohl helfen?«
Der Mann neigte seinen Kopf und betrachtete ihn neugierig, brummte etwas vor sich hin, machte jedoch keine Anstalten zu antworten.
»Entschuldigen Sie, Sir, können Sie uns weiter helfen? « wiederholte Julie.
Der Mann schaute sie leicht verärgert an, da sie seine Gedanken unterbrochen hatte. »Ich habe Sie schon beim ersten Mal verstanden, junge Lady. Keine Geduld mehr, die jungen Leute. Wahrscheinlich kann ich Ihnen helfen, ich meine, wenn nicht ich, wer dann?
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