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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer
Autoren: Elvira Zeissler
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sich auf ihrem Drehstuhl zurückrollen und sah ihn aufgeregt an. »Ich sag's dir, ich fühle, es wird eine ganz wunderbare Sache werden, etwas ganz Besonderes. Dieser Job kann uns in den oberen Kreisen einen guten Ruf machen. Das ist der Durchbruch, auf den wir so lange warten! Wenn wir dieses Projekt erfolgreich abschließen, und das werden wir, wird man uns bestimmt weiter empfehlen und ...«
»Schon gut, du kleine Träumerin«, unterbrach Peter lachend ihren Redefluss. »Aber sag' mal, Julie«, fuhr er etwas ernster fort, »kommt es dir nicht merkwürdig vor, dass ein altes Schloss seit hundert Jahren leer steht, ohne dass die Besitzer dort einkehren?«
»Nein«, erwiderte die junge Frau trotzig. Es war nun mal Peters Eigenart, manchmal übervorsichtig zu sein. Doch diesmal, beschloss sie, würde sie ihren Optimismus trotz seiner Einwände beibehalten. Dieser Auftrag war für ihr Geschäft der rettende Strohhalm, den sie bitter nötig hatten, und das wussten sie beide. Für ein so kleines Unternehmen war es schwer, konkurrenzfähig zu bleiben, deshalb verdiente Peter nebenbei als Fotograf. Julie hatte die Firma früher zusammen mit ihrem Vater und Peter betrieben, aber nach dem Tod ihres Vaters gingen die Geschäfte zunehmend bergab. Doch sie versuchte mit allen Mitteln, das Unternehmen am Leben zu halten. Sie fand, dass sie es ihrem Vater einfach schuldete, und dieser Auftrag war das, worauf sie schon so lange gewartet hatte. »Was soll denn da schon sein?« fragte sie daher spöttisch. »Ein düsteres Geheimnis, das auf dem Schloss lastet, vielleicht sogar ein hauseigenes Gespenst?« Sie lächelte fröhlich, setzte dann aber eine nachdenkliche Miene auf. »Obwohl ... Ich muss schon zugeben, dass diese Idee etwas Verführerisches an sich hat. Ich hätte bestimmt nichts dagegen, ein altes charmantes Gespenst kennen zu lernen. Denn, weißt du, früher hatten die Männer etwas Geheimnisvolles und Romantisches an sich«, neckte die junge Frau ihren Freund. »Nicht so wie die Jugend von heute.«
»Ist ja gut«, brummte Peter, von ihrem Spott doch etwas gekränkt. »Ich meinte bloß, ein bisschen Vorsicht könnte nicht schaden.«
Betreten blickte Julie ihn an, sie hatte ihn nicht verstimmen wollen. »Ich habe doch nur Spaß gemacht«, sagte sie versöhnlich. »Es ist nur so - mit deiner Vorsicht kannst du einem manchmal die ganze Freude verderben. Natürlich ist es ungewöhnlich, dass ein Schloss so lange leer steht, aber dafür gibt es wahrscheinlich eine Million vernünftiger Gründe, und wer weiß schon, was in den Köpfen dieser reichen Grafen vorgeht, ok?«
»Ok«, erwiderte Peter mit einem kleinen Lächeln.
»Gut. Ich habe diesen Auftrag nämlich schon angenommen und versprochen, am Montag aufzubrechen.« Sie blickte auf ihre Notizen und ihr Tonfall wurde sachlich. »Heute ist Dienstag, also haben wir noch fast eine Woche Zeit, um unsere Angelegenheiten zu regeln. Du solltest bis dahin alle deine Fotos entwickeln, ich will sämtliche übrigen Verpflichtungen geregelt haben, bevor wir wegfahren.«
Peter nickte, doch Julie nahm das kaum noch wahr, denn in ihrem Kopf stellte sie schon die Liste der Dinge zusammen, die vor ihrer Abreise noch unbedingt erledigt werden mussten. Plötzlich huschte ein kleines Lächeln über ihre Lippen, und gleich darauf entstand zwischen ihren Augenbrauen eine tiefe Denkfalte.
»Was ist denn nun schon wieder?« fragte Peter, der ihr Gesichtsspiel mitverfolgt hatte.
»Was ist, wenn es dort reiche Nachbarn gibt«, antwortete Julie mit gespielter Verzweiflung. »Was soll ich dort denn bloß anziehen?«
»Das ist alles, was dir Probleme bereitet?« fragte Peter fassungslos. »Wir erhalten einen Riesenauftrag, müssen noch so viel vor unserer Abreise erledigen, und du fragst dich, was du anziehen sollst?« Plötzlich schlich sich ein belustigter Funke in seine Augen. »Ich würde vorschlagen, du nimmst etwas Altmodisches mit«, meinte er mit einem schelmischen Augenzwinkern, »schließlich willst du ja von einem alten charmanten Gespenst umworben werden.« Er gluckste amüsiert, als Julie ihm die Zunge herausstreckte und aus dem Zimmer ging, um mit ihren Vorbereitungen zu beginnen.

Sechs Tage später saß Peter im Auto und wartete, bis Julie die letzten Kleinigkeiten hinten im Kofferraum verstaut hatte. Er trug ein Sommerhemd und eine leichte Hose. Seine sonnengebräunte Haut bildete einen starken Kontrast zum hellen Stoff seiner Kleidung. Das kurz geschnittene Haar umrahmte sein
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