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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
Autoren: Tanja Schröder
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Kopf. Ihr bleicher Leib, leblos, kalt, dem Tode nahe. Was taten sie mit ihr? Welche fatale Entscheidung trafen sie? In Aimees Geschichte, erinnerte sie sich, schnitt Lucas dem getöteten Golan das Herz aus der Brust, um sein Leben in sich aufzunehmen und selber zu einem Blut trinkenden Monster zu werden. Wessen Herz hatten sie ihr gegeben?
    «Niemandes Herz. Das würde ich niemals gegen deinen Willen zulassen.» Wieder drang diese wunderschöne, sanfte Stimme, deren warmes Timbre so beruhigend und zuversichtlich klang, an ihr Ohr. Karen drehte den Kopf zur Seite. Ihr Nacken schmerzte höllisch und einen Moment lang war sie überzeugt, dass ihr Hals gebrochen war. Doch sie lebte und ihrem Körper spürte sie auch noch. Sämtliche Muskeln fühlten sich an, als habe sie stundenlange Schwerstarbeit hinter sich.
    Neben ihr hockte Lucas auf einem kleinen Stuhl. Mitfühlend blickte er zum Bett, auf dem sie lag. Seine Augen funkelten im schummrigen Licht der Stehlampe, neben der sie Denis stehen sah.
    Wie besorgt Lucas aussah. Dabei war auch er beinahe gestorben, als Jarout über ihn herfiel. Leicht erhöhte, knotige Streifen schimmerten hell an seinem Hals und auf der weißen Haut seiner Wangen. Narben? Seine Wunden waren schon geschlossen und verheilt.
    Hastig tastete sie nach ihrem Hals. Ihre Finger fühlten sich seltsam taub an auf der Haut. Vermutlich sah ihr Hals ähnlich aus wie der von Lucas. Wie hatten sie das angestellt? Was war mit Jarout? Wo war er jetzt? Hatten sie ihn getötet? So viele Fragen. Wieder versuchte sie, sich aufzusetzen. Diesmal streckte Lucas ihr helfend beide Arme entgegen und stützte sie, sodass sie die Beine über den Bettrand schieben konnte. Er setzte sich neben sie und wartete so lange, bis sie Halt fand, ehe er sie wieder losließ.
    Seine Hände waren ihr nicht unangenehm, stellte sie überrascht fest. Eigentlich sollte sie doch ... aber sie konnte nicht ... wütend sein.
    «Wie fühlst du dich?», fragte Lucas und strich ihr mit einem unsicheren Lächeln eine Haarsträhne aus der Stirn.
    Wie fühlte sie sich? Wenn sie das nur wüsste?
    «Wa ...», krächzte sie und musste augenblicklich so heftig husten, dass sie beinahe den Halt verlor. Schnell hielt Lucas sie wieder fest und reichte ihr einen Becher, der neben ihm auf dem Boden stand.
    «Schon gut, Kleines, warte, hier, trink einen Schluck», sagte er leise. Was sie trank, schmeckte merkwürdig, nicht identifizierbar. Ein Geschmack, der sie im Hals würgte, doch zu Trinken tat gut.
    «In Ordnung, das genügt!», raunte Lucas und zog den Becher fort. Er musste lächeln. Genau wie damals, dachte er. Aber sie hatte schon reichlich getrunken und mehr brauchte sie nicht, um zu leben.
    «Denis» Er hielt den Becher hoch. «Hier, bring bitte den Rest fort!»
    Denis war sofort zu Stelle, um ihm das Gefäß abzunehmen. Er zögerte. «Geh ruhig», drängte Lucas, «Karen geht es gut. Außerdem möchte ich gern einen Moment mit ihr allein reden, ja?»
    Denis nickte gehorsam und huschte zur Luke und die Treppe hinunter. Vermutlich blieb er gleich hinter der Tür stehen, um zu lauschen, aber das war in Ordnung. Lucas wusste, dass Denis nicht horchte, weil er neugierig war. Denis war vorsichtig - eine seiner besten Eigenschaften.
    Karen. Beinahe schmerzlich war er sich ihrer Nähe bewusst. Sie atmete unter seinen Händen. Ihr Blut vermischt mit seinem, pulsierte wie ein goldener Strom, den er beinahe sehen konnte. Wie wunderschön sie war. Die puppengleiche Feinheit ihres Gesichts, die kleinen, schmalen Hände, mit denen sie sich auf den Bettrand stützte. Die tiefdunklen Augen, mit denen sie ihn ansah, als sähe sie viel mehr in ihm, als jemals irgendjemand zuvor. Ernst und suchend. Wie sehr er sich nach diesem Augenblick der Nähe mit ihr gesehnt hatte. All die Jahre. Bewusst. Unbewusst.
    Warum all die Jahre? Warum nur musste erst soviel Zeit vergehen. Soviel unnötige, vergeudete Zeit. Ein Leben, das er mit ihr hätte teilen können. Und eben diese Fragen spürte er auch in ihr. Wenn er nur eine Antwort darauf wüsste.
    Zaghaft legte er seine rechte Hand auf ihre Wange. Einen Moment lang fürchtete er, sie könne sich ihm entziehen, doch sie wich nicht zurück. Am liebsten wollte er sie an sich ziehen und halten, halten bis ... ach auf immer.
    «Erkläre es mir, Vater», flüsterte sie und ihr dunkler Blick verschwamm unter zurückgehaltenen Tränen, wie hinter einem dünnen Schleier, «zeige es mir!»
    Ja, sie wollte sehen, sie wollte begreifen.
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