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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
Autoren: Tanja Schröder
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wissen wollte. Ich wollte wissen, ob du es gut hast und in Sicherheit bist. Nur zweimal wagte ich mich selber in deine Nähe. Ich fürchtete, du könntest mich spüren, und so war es ja auch.»
    «Sicher. Ich hatte es sehr gut, und in Sicherheit war ich auch immer», unterbrach sie ihn. Karen konnte nicht verhindern, dass ihre Worte einen etwas bitteren Beiklang bekamen. Aber was sagte er gerade. Er fürchtete, sie könne ihn spüren, und so war es auch? Wann? Wo? Sie erinnerte sich nicht.
    «Das weiß ich, Karen, das weiß ich doch. Aimee und Peter haben sich so gut um dich gekümmert. Du, ihr habt immer so glücklich ausgesehen.» Er seufzte. War das der Grund, aus dem er sie nicht wie Jarout zu sich holte? Wollte er etwa die glückliche Familie nicht trennen?
    Vorsichtig legte Karen die Mappe beiseite und rutschte näher an Lucas heran. Unsicher streckte sie ihre Hand aus. Sie wollte ihn so gern berühren. Durch sein leuchtendes Haar streichen, seine Weichheit spüren und den Glanz um ihre Finger spielen sehen. Sie wollte die kalte Haut seines Gesichts fühlen, in dem sie jede Minute ein weiteres Stück ihres eigenen Gesichts entdeckte.
    Doch sie wagte nicht, ihn anzufassen. Ihre Angst, von dem, was hinter seiner glatten Stirn nur darauf wartete von ihr angesehen zu werden, wieder so heftig überwältigt zu werden wie vorhin, war zu groß.
    Lucas griff nach ihrer Hand und nickte mit ernstem Blick. Nervös nagte sie an ihrer Unterlippe. Konnte sie, durfte sie ... All ihren Mut zusammennehmend hob sie ihre rechte Hand ganz langsam an seine Wange. Wie jung er aussah. Nicht die kleinste Falte in der makellos weißen Haut. Lediglich um die Augen und in den Mundwinkeln erschienen Lachfältchen, als er sie jetzt mit strahlendem Blick, in dem soviel Zuneigung lag, dass sie ganz hingerissen von seiner Schönheit war, anlächelte.
    Wie Stein so kalt war er. Doch darunter? Karen legte beide Hände fest an seine Wangen und tauchte ihren Blick in seine eisblauen, beinahe weißen Augen.
    «Was wird jetzt sein, Vater? Sag es mir. Was wird jetzt sein?»
    Und wie ein prächtiger Teppich breitete sich in unendlich sanfter Fülle all das vor ihren Augen aus, was er nicht in Worte zu fassen vermochte. Die Liebe, die er in sich trug und die solange darauf warten musste, sich ihr zu zeigen, floss in stetem Strom. Wie ein Gesang trug er sie beide mit sich fort. Ohne zu verschlingen oder zu fordern.
    «Wird es immer so sein?», hauchte Karen und schmiegte sich in den Schutz seiner kalten Arme.

Epilog
     
    Die Räder des schweren, schwarzen Wagens knirschten leise auf dem Kies, als der Fahrer ihn langsam die Auffahrt hinunterlenkte. Karen kniete, die Arme auf die Polster gestützt, auf dem Rücksitz und blickte durch das dunkel getönte Heckfenster zurück. Ein flammend orangeroter Sonnenaufgang tauchte das Dach des Hauses in leuchtendes Rot und verwandelte den Himmel darüber in eine irreale Landschaft mit purpurnen Wolkenbergen, durch die sich tiefblaue Streifen des weichenden Sternenhimmels wie Flussläufe zogen.
    Hinter den Fenstern des Salons und auch an der Eingangstür brannte noch Licht. Sie sah Denis kleiner werdende Silhouette winken, bis das Auto um die erste Kurve bog und das Haus hinter einer dichten Baumreihe verschwand. Nur noch das Dach war wenige Sekunden lang zu sehen. Erst nachdem die dunklen Blätter sich vor diesen letzten Blick zurückschoben, drehte sich Karen um und setzte sich.
    Sie fühlte sich erschöpft und müde, aber auch so zufrieden wie nie zuvor. Bis eine Stunde vor Morgengrauen hatten sie in Denis Turm gesessen und geredet. Das Schweigen dazwischen war nur für Außenstehende leise. Bei dem Gedanken daran musste sie unwillkürlich lächeln.
    Einen leisen Seufzer ausstoßend nahm sie die schwarze Mappe auf, die Lucas ihr zum Abschied gab. Die brauchte nun keiner mehr von ihnen. Die Bilder und Berichte darin waren endgültig abgeschlossen. In stiller Gewissheit, bald schon zurückzukehren, verließ sie das Haus der Hirudo.
    Sie musste und wollte zurück nach Hause, wo Peter wartete und vermutlich schon ganz krank vor Sorge war. Sie machte sich jetzt noch keine Gedanken darüber, wie sie ihm erklären sollte, was in den vergangenen drei Nächten mit und in ihr geschehen war. Sie hoffte nur, dass er verstand.
    Eine irrwitzige Hoffnung, denn wie sollte er etwas verstehen, das sie selber kaum begreifen konnte.
    Sie wusste nur, dass der Abschied von Lucas, Denis und den anderen, kein Abschied für lange Zeit
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