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Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition)
Autoren: Barbara Klein
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bluffst doch nur“, gibt Georg zur Antwort.
    „Welche Bilder?“, hakt Alexander nach.
    „Wir haben alles am Leuchtturm aufgenommen: wie ich die Tasche deponiere, Georg, der sie holt, Georg, der mit der Waffe droht, Georg im strahlenden Lichtschein, damit jeder weiß, wo er gerade ist!“
    Alexander ist einen Moment sprachlos, sein Gesicht wirkt im Dunkeln wie eine Fratze aus dem Baseler Fasching. „Wer zum Teufel ist Herr Fischer?“ Die Frage richtet sich an Georg.
    „Niemand“, grunzt der, „ich schulde ihm ein bisschen Geld.“
    „Du sprichst doch hoffentlich nicht von DEM Fischer aus Köln?“
    „Herrgott, Alex! Darüber können wir doch wirklich später reden!“
    Marisa stellt mit Genugtuung fest, dass längst nicht alles aufs Tapet gekommen ist, was von Bedeutung ist.
    „Max Fischer wartet am Flughafen von Halifax, um die Verfolgung aufzunehmen“, sagt sie mutig, ohne zu wissen, wohin ihr Bluff führen wird.
    „Scheiße, Mann! Du hast mich nur benutzt, um deine beschissenen Schulden bei Fischer zu bezahlen?“ Alexander schreit. Plötzlich hat er eine Waffe in der Hand und wedelt damit hin und her. Marisa drückt sich in die Ecke.
    „Ich sag dir jetzt, was wir machen, du verblödetes Arschloch!“ Rose lehnt sich so weit nach vorn, bis er die Tasche mit dem Schmuck vom Beifahrersitz greifen kann. Dabei hält er mit der linken Hand die Pistole an Georgs Hals. Marisa sieht, wie Georg sich verstohlen den Gurt anlegt, als Alexander kurz zur Tasche blickt, weil seine Hand ins Leere greift. Mit fliegenden Händen tut sie es Georg gleich. Alexander schnappt sich die Tasche und schreit: „Halt an, du Mistfurz! Ich lass mich nicht einfach benutzen!“
    „Was regst du dich auf?“, fragt Georg erstaunlich ruhig. Das Tempo des Wagens erhöht sich. „Du hast bekommen, was du wolltest! Du bist Sozius geworden.“
    „Und was ist mit meinem Geld? Erzähl mir nicht, du wolltest mir auch nur einen Cent bezahlen! He?“ Seine Stimme überschlägt sich. „Gib zu, dass du alles für dich und deine kleine Freundin behalten wolltest! Ach ja, und dein schöner Marco! Und was haben wir jetzt? He? Gerade mal 50.000 Dollar, wenn der Schmuck überhaupt hier drin ist!“ Er richtet sich mit der Tasche auf, soweit es das Autodach erlaubt, und fummelt am Verschluss herum. Die Geschwindigkeit des Wagens hat in den letzten Sekunden permanent zugenommen, Marisa spannt alle Muskeln an. Georg gibt noch mehr Gas, der Wagen driftet nach rechts, es ruckelt, es gibt einen Stoß, dann schießt der Van ins Leere …

33. Nova Scotia – Dunkler Schnee
    Marisa öffnet die Augen, schließt sie gleich wieder, weil etwas Flüssiges auf die Wimpern tropft. Warm und flüssig – Blut! „Oh, Gott!“ Sie blinzelt mit dem rechten Auge, versucht sich über das linke mit der Hand zu wischen. Irgendwie ist alles verkehrt herum. Von irgendwoher hört sie ein Stöhnen. Was ist passiert? Dann fühlt sie einen steigenden Druck im Kopf, es ist dunkel um sie, und sie wird das Gefühl nicht los, dass die Welt auf dem Kopf steht. Der Druck wird größer, nun merkt sie auch Schmerzen am Hals, dort, wo der Gurt spannt. Wieso spannt der Gurt? Blitzartig tauchen Erinnerungsfetzen auf. Das Gefühl der Schwerelosigkeit, der Aufprall, das Drehen. Das Auto liegt auf dem Dach! „Ja, so muss es sein“, murmelt sie, als hätte sie einen Zuhörer. Das Stöhnen wird lauter, es wird zum artikulierten Namen: „Marisa?“
    Marisa? Das bin ja ich, denkt sie verwundert. „Hier“, antwortet sie, aber sie weiß nicht, wer gefragt hat.
    Sie fummelt am Gurt und an ihrer Jacke herum, weiß nicht, wo die Hände ansetzen sollen. Aber der Druck im Kopf wird so stark, dass ihr eines ganz klar ist: Ich muss hier raus!
    Sie fummelt so lange, bis sie den Schnapper des Sicherheitsgurtes zu packen kriegt. Es braucht mehrere Versuche, bis sie die Schnalle entriegeln kann. Dann lehnt sie sich ans Seitenfenster, tastet die Tür entlang, bis sie den Griff zu fassen bekommt. Alles verkehrt herum. Wieder braucht sie Sekunden, um die Perversion zu verstehen. Schließlich springt die Tür einen Spaltbreit auf. Kalte Luft und Schneeflocken wirbeln in den Innenraum. Marisas Gesicht fühlt sich gleichzeitig warm und kalt und vor allen Dingen nass an. Ich blute, denkt sie. Ich blute, aber ich kann mich bewegen. Dann merkt sie, dass das Blut aus ihrer Nase tropft. Sie drückt mit aller Kraft die Tür auf; plötzlich springt die Innenbeleuchtung an der Decke an, die Decke, die jetzt
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