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Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition)
Autoren: Barbara Klein
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Gedankengängen. Das Vertrauen in ihre Eltern war grundsolide, umso erstaunter war sie über sich selbst, so heftig reagiert zu haben. Ihr Vater hatte einfach immer recht, wenn es um juristische Fragen ging. Marisa hatte sich ein Leben lang auf die Meinung und den Rückhalt ihres Vaters verlassen können; nicht unkritisch, aber ohne Argwohn. Und ihre Mutter hatte ein gutes Gespür für Persönlichkeiten und Charakterzüge, kurz, sie hatte eine Menschenkenntnis, die sie nur selten im Stich ließ. Marisa erinnerte sich daran, wie diese ein wenig ihre Nase gekräuselt hatte, als sie und Laurens aus dem Urlaub zurückgekommen und schon am Flughafen mit der Neuigkeit herausgeplatzt waren. Ihre Mutter kräuselte immer die Nase, wenn ihr etwas nicht geheuer war. Doch es war nur der Sekundenbruchteil eines Kräuselns gewesen, der Sekundenbruchteil eines zweifelnden Ausdrucks in den Augen. Der Hauch eines Widerwortes, einer Ermahnung, den sie jedoch sogleich vertrieben haben musste, denn die offenen Arme, das warme Lächeln, die herzliche Umarmung und die Freude, dass ihre einzige Tochter heiraten wollte, schienen so echt und ehrlich gewesen zu sein, dass Marisa diesen winzigen Moment der Unwichtigkeit überantwortet hatte.
    Zu gern überlässt man sich dem Freudentaumel, der selten genug die Seele ergreift; zu gern schiebt man alles beiseite, was den Taumel bremsen würde.
    Bin ich blind vor Liebe, stellte sich Marisa nun die Frage. Sie sah Laurens durch die geöffnete Tür zum Wohnzimmer an, der sich langsam eine Bierflasche öffnete und sie an den Mund setzte, ohne die Augen vom Fernseher abzuwenden. Ist er es, der mich glücklich macht? Für immer? Kann ich ihn glücklich machen?
    Das Telefon klingelte. Laurens griff nach dem Apparat, der in Reichweite auf dem Wohnzimmertisch lag, ging ran, murmelte etwas und verschwand mitsamt Telefon im Schlafzimmer. Der Fernseher dudelte nun ohne Adressaten vor sich hin. Marisa rührte gedankenverloren in der Soße, nahm ab und zu einen Schluck aus einem Weinglas, das sie sich zum Kochen eingeschenkt hatte. Sie ergriff die Flasche und schüttete einen Schwall des Rebsafts in die Soße.
    „Wer war das?“, fragte sie, als Laurens nach ein paar Minuten wieder erschien. Sie musste die Frage wiederholen, da Laurens, wie zuvor, nur Augen für das TV-Programm hatte.
    „Wie bitte?“, fragte er irritiert. „Ach so, nur ein Freund von früher. Kennst du nicht. Noch nicht“, betonte er und kam zu ihr in die Küche. „Gibt’s bald Essen?“ Er küsste sie und ging wieder, seine Flasche zu holen.

    „Laurens, wir müssen über was reden“, begann Marisa das Gespräch, nachdem sie sich kurz darauf an den Tisch gesetzt hatten.
    „Worüber?“
    „Ich fall ungern mit der Tür ins Haus, aber was hältst du davon, wenn wir einen Ehevertrag unterschreiben?“
    Laurens verschluckte sich an einem Bissen Fleisch und lief rot an. „Du willst einen Ehevertrag?“ Er hustete und trank gierig ein paar Schlucke Bier, verlor allmählich wieder die rote Farbe im Gesicht. „Warum?“
    „Tu bitte nicht so ahnungslos. Um die Vermögensverhältnisse festzuschreiben, natürlich. Du weißt, dass mein Vater …“
    „Ach, daher weht der Wind! Du warst heute bei deinen Eltern, nicht?“
    Marisa nickte.
    „Und Mami und Papi haben Angst, dass ich dich ausnehme.“
    „Bitte sei nicht so gehässig.“
    „Oh, Entschuldigung!“, sagte er theatralisch, ließ seine Gabel fallen und fuhr laut fort: „Ihr traut mir nicht, aber mir wird Gehässigkeit vorgeworfen!“
    „Laurens, bitte.“
    „Was soll ich denn davon halten? Du bist die Tochter aus gutem Haus, und ich der mittellose, aber gerade noch akzeptable Verlobte, der zwar kein Vermögen, aber Gott sei Dank was in der Birne hat. Also gehe ich eben so durch, ja? Nur so ganz traut mir keiner. Vielleicht habe ich ja unlautere Absichten!“ Er wurde immer lauter.
    „Laurens, bitte!“
    „Was?“ Er stand erregt auf.
    „Setz dich wieder“, sagte Marisa ruhig. „Warum regst du dich so auf? Liebst du mich?“
    Er setzte sich und sah ihr sekundenlang in die Augen. Sein Unterkiefer mahlte. „Natürlich liebe ich dich“, antwortete er schließlich und nahm die Hand, die Marisa ihm entgegenstreckte.
    „Dann ist doch alles klar, oder?“
    „Ja, natürlich. Wenn es dir und deinen Eltern damit besser geht, dann stimme ich dem Ehevertrag zu.“
    „Ich habe nichts anderes erwartet.“ Sie beugte sich über den Tisch und gab ihm einen Kuss.

6. Nova Scotia –
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