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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Autoren: Marco Vichi
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fester.
    »Eleonora …«
    »Lass mich … es geht mir gut …« Sie entzog ihm ihre Hand, stieg aus dem Wagen und ließ langsam die Tür zufallen. Dann schloss sie die Haustür auf und schlüpfte hinein. Eine Sekunde später schien es, als hätte es sie nie gegeben.
    Casini zündete sich eine Zigarette an und sog auf dem Weg nach Hause gierig ihren Rauch ein. Monsignore Sercambi hatte das Schönste in seinem Leben zerstört … Jetzt konnte er ihn auch töten, doch das würde nichts ungeschehen machen.
    Niedergedrückt fuhr er durch die Stadt. Der Schlamm und die Trostlosigkeit, die er auf seinem Weg vorfand, schienen ihm wie ein Ausdruck seines Gemütszustands. Würde Eleonora über das Geschehene hinwegkommen können? Würde sie wieder die ungezwungene und lebenslustige junge Frau werden, die er kannte? Würde sie je wieder voller Lust mit jemandem schlafen?
    Als er die Wohnungstür hinter sich schloss, fühlte er sich wie in einem Gefängnis. Er ging zum Schlafzimmer. In diesem Raum hatte alles angefangen – und geendet. Er konnte nicht hoffen, dass sie je zurückkehrte, und selbst wenn, würde es nie mehr wie früher sein. Er würde zufrieden sein, wenn sie heil aus der Sache herauskam und vergessen konnte.
    Er bezog das Bett neu und legte die Decken darüber, schlüpfte aus den Schuhen und legte sich angezogen aufs Bett. Die Lampen ließ er brennen. Wie nie zuvor drängte es ihn, diese Wohnung aufzugeben. Er fühlte sich wie erschlagen. Nicht einmal der Gedanke an Rache verschaffte ihm noch Genugtuung …
    Plötzlich fiel Casini ein Stück Papier am Fenster auf, auf dem etwas stand. Er glaubte nicht, dass es schon da gewesen war, bevor er das Haus verlassen hatte. Er ging hin, um nachzusehen, und als er erkannte, was es war, wurde ihm übel. Eine mit der Schreibmaschine geschriebene Namensliste. Ganz oben stand der Name Eleonora B. – und er war durchgestrichen. Darauf folgten: Rosa Stracuzzi, Ennio Bottarini, Dante Pedretti, Elvira Bandini, Pietrino Piras … Casini begriff, dass sein Kampf beendet war, ehe er ihn überhaupt begonnen hatte. Er hatte jetzt schon verloren. Wütend knüllte er den Zettel zusammen und ließ ihn auf den Boden fallen.
    Wieder legte er sich auf das Bett, und nun schaltete er das Licht aus. Er hatte versagt. Musste aufgeben. Und er konnte sich nicht verzeihen, dass Eleonora mit hineingezogen worden war. Der Gedanke, dass andere Menschen seinetwegen büßen müssten, verbot ihm, seinen Weg weiterzuverfolgen. Der lange Arm der Freimaurer konnte wieder zuschlagen und vielleicht sogar Unbeteiligte töten. Der Fall war abgeschlossen, ihm blieb nichts übrig, als ihn zu begraben …
    Ganz allmählich nahm in seinem Kopf ein Gedanke Gestalt an, der ihn nicht losließ, bis er endlich einschlief.
    Casini wachte früh am Morgen auf, wusch das Geschirr ab und sang dazu aktuelle Schlager. Trotzdem fühlte er sich absolut deprimiert. Nachdem er eine ganze Kanne Kaffee getrunken hatte, fuhr er los, um einen langen Spaziergang über die Hügel zu machen, und kam bis nach La Panca. Er musste jetzt ein bisschen für sich sein und nachdenken. Casini ließ den Wagen am Straßenrand stehen und machte sich an den Aufstieg. Der Himmel sah beinahe grünlich aus, und es wehte ein kalter Wind. Völlig erschöpft und schweißgebadet erreichte der Kommissar den Gipfel. Diese Wälder wiederzusehen war, als kehrte er noch einmal in die Vergangenheit zurück, in eine Zeit, in der er hoffte, über das Verbrechen zu triumphieren.
    Er folgte dem Weg, und als er an der Ebene vorbeikam, wo er das einäugige Kätzchen gefunden hatte, spähte er ins Gebüsch. Die toten Kleinen lagen nicht mehr dort, wahrscheinlich hatte sie irgendein Tier gefressen.
    Auf dem Weg zum Monte Scalari kam er unter den Zweigen der großen Eiche hindurch. Beim Anblick der alten Abtei beschloss er endgültig, dass er seine Wohnung in San Frediano verkaufen würde. Sofort, so bald wie möglich. Er würde aufs Land ziehen, lesen und im Garten arbeiten, fern von allen Menschen.
    Casini ging weiter und hielt erst an der Abzweigung nach Pian d’Albero an. Dort blieb er einige Zeit stehen, betrachtete die Bäume, die Steine, das Dornengestrüpp über den verwelkten Blättern. Inzwischen hatte er die Stille und den Frieden dieser Hügel liebgewonnen, und er dachte daran, dass er sie gerne besser kennenlernen würde.
    In aller Ruhe trat er den Rückweg an. Er hatte sich entschieden und würde von seinem Entschluss nicht mehr abrücken. Er lief nach
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