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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Autoren: Marco Vichi
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stellte den Wagen vor dem Palazzo Budini Gattai auf der Piazza Santissima Annunziata ab und ging zu Fuß weiter. Ein Abschleppwagen entfernte die letzten Autowracks vom Platz, an manchen Stellen sah man noch die von den Bulldozern aufgetürmten Schutthaufen. Er bog in die Via dei Servi ein und blieb vor dem Haus Nummer 50 stehen. Dort klingelte er in Beccaronis Kanzlei, aber niemand antwortete. Er versuchte es noch einige Male, bevor er zu seinem Wagen zurückkehrte.
    Casini fuhr den Alleenring entlang, überquerte den Arno und fuhr bis zur Porta Romana. Danach nahm er die Via Ugo Foscolo und bog in die Via di Marignolle ein. Er sah nach den Hausnummern: 4 … 18 … 36 … 62 … 80 … 92 … 94 … 96 … 96A … Vor der Nummer 96B blieb er stehen und stieg aus. Eine hohe Steinmauer, ein geschlossenes Tor und eine Villa im Grünen. Er schaute durch die Gitterstäbe des Tors in den Garten. Gemächlich und mit leisem Knurren trabten zwei kräftige Dobermänner heran und setzten sich einige Meter vor dem Tor nebeneinander hin. Man hörte vorsichtige Schritte auf dem Kies, und dann tauchte Beccaroni auf, der einen Gärtneroverall trug und eine Heckenschere in der Hand hielt. Er blieb in einiger Entfernung vom Gartentor stehen. Der Mann war sichtlich nervös, aber er bemühte sich um Haltung.
    »Falls Sie Anwalt Beccaroni suchen, der ist in Urlaub gefahren«, sagte er mit einem leicht drohenden Unterton.
    »Sagen Sie ihm doch, wenn er zurückkommt, dass sein Gärtner sich damit amüsiert, kleine Jungs zu vergewaltigen.«
    »Ich werde es ihm ausrichten«, meinte Beccaroni und versuchte, genauso kaltblütig zu sein wie »Giraffe« Sercambi. Die beiden Männer starrten einander lange an, Worte waren überflüssig. Schließlich entfernte sich Casini vom Gartentor und stieg wieder in seinen Wagen.
    Er kam sich vor wie ein armer Irrer, als er die Via Foscolo zurückfuhr. Was hoffte er eigentlich mit diesem Theater zu erreichen? Die drei Mörder wussten genau, dass er keine Beweise hatte. Er konnte nur darauf setzen, dass einer von ihnen den Kopf verlor und etwas Unsinniges tat, aber das war, als würde man erwarten, dass auf einer Zypresse Äpfel wuchsen. Gattacci wusste über alles Bescheid, obwohl er an diesem munteren Fest nicht teilgenommen hatte. Aber nicht einmal er würde reden, falls man ihn überhaupt aufspüren konnte. Vielleicht war er längst in Brasilien …
    Was suchte er also? Ein Ventil für seine eigene Wut? Wollte er sich selbst etwas vormachen und so seine Niederlage verdrängen? Ein Angehöriger der Polizei durfte sich so etwas nicht erlauben. Er hatte die Pflicht, Beweise zu finden, und durfte nicht Katz und Maus mit den Mördern spielen. Vielleicht hatte er den falschen Weg gewählt. Hätte er besser Geduld beweisen und ein enges Netz um sie spinnen sollen? Aber dazu war es jetzt zu spät, und es hatte keinen Zweck, sich mit Selbstzweifeln zu zerfleischen. Er hatte die Initiative ergriffen, und jetzt musste er den Weg zu Ende gehen. Hin und wieder würde er den drei Freunden auf den Zahn fühlen, auch wenn er damit nicht wesentlich mehr erreichte, als ihnen unruhige Nächte zu bescheren. Und wenn er sie doch eines Tages überführen würde?
    An der Porta Romana fuhr er auf den Viale Petrarca. Während er sich der Piazza Tasso näherte, fiel ihm Botta ein. Nach einem solchen Vormittag hatte er das Bedürfnis, mit einem Freund zu reden. Also bog er rechts ab in die Via del Campuccio. Ennio war immer noch damit beschäftigt, sein Kellerloch auszuräumen.
    »Was ist los, Commissario? Sie sehen vielleicht aus …«
    »Ich versuche gerade, einen Haufen Elefantenscheiße zu verdauen, Ennio, und ich versichere dir, das ist nicht so leicht.«
    »Na, ich versuche es jeden Tag, und allmählich gewöhne ich mich daran.«
    »Ich wollte mich für deine Hilfe bedanken«, sagte Casini, um das Thema zu wechseln.
    »Hat es etwas gebracht?«
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel …«
    »Was heißt das?«, fragte Botta neugierig.
    »Das erzähle ich dir das nächste Mal, wenn wir uns betrinken.«
    »Sobald ich meine Wohnung in Ordnung gebracht habe, komme ich zu Ihnen und bringe einen Grappa mit. Also der …«
    »Ich kann es kaum erwarten, Ennio. Und vielleicht machen wir vor Weihnachten noch ein Essen bei mir.«
    »Wann immer Sie wollen, Commissario. Ich könnte etwas Libanesisches kochen.«
    »Ganz wie du willst, das überlasse ich dir.«
    »Das habe ich während meines Erholungsurlaubs in Marseille von zwei
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