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Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz

Titel: Dunkle Wasser in Florenz - Roman: Dunkle Wasser in Florenz
Autoren: Marco Vichi
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hatte der Monsignore sie schon vorgewarnt.
    Am Ende des Viale dei Mille parkte er vor der Metzgerei, in der schon einige Kunden warteten. Vor dem Stadion sah er das inzwischen vertraute geschäftige Treiben von Menschen und Militärfahrzeugen. Er betrat den Laden und grüßte Panerai mit einem freundlichen Lächeln, das der Metzger erwiderte, aber man sah ihm an, dass er nicht gut gelaunt war. Während er seine Kunden bediente, beobachtete er Casini misstrauisch. Ganz bestimmt fragte er sich: Ist das der Kommissar, der »Giraffe« einen Besuch abgestattet hat? Dieser sympathische ältere Herr, ein Anhänger des Duce, der vier Finger hohe Steaks mag? Wirklich der? Aber Gualtieros Beschreibung traf auf ihn zu …
    Casini lief summend in der Metzgerei auf und ab, während er darauf wartete, an die Reihe zu kommen. Ihm fiel ein kleines Bild in einer Ecke auf. Dort stand auf einem Karton in den Nationalfarben eine Verballhornung eines Verses aus Dantes »Göttlicher Komödie«:
    Wir sind noch von Erleuchtung geführt,
die ganz Italien erfüllt,
wo immer noch der erhabene Duce glänzt.
    Das musste ein nettes Andenken aus Predappio sein, ebenso wie die Mussolinibüste im Keller der Via Luna. Casini wartete geduldig ab, bis der letzte Kunde gegangen war, dann näherte er sich freundlich lächelnd dem Tresen.
    »Und jetzt zu uns …«
    »Was kann ich Ihnen geben?«, fragte Panerai vorsichtig, das Messer in der Hand.
    »Ich hätte gern einen schönen Knabenschenkel«, sagte Casini, als wäre dies das Normalste auf der Welt.
    »Wiiie?« Der Metzger hatte die Stirn gerunzelt und kriegte den Mund nicht mehr zu. Nun wusste er, dass der Kommissar, der ihnen auf den Fersen war, und der nette Herr, der neulich die Steaks bei ihm gekauft hatte, dieselbe Person waren, und er wusste auch, dass er seit einiger Zeit überwacht wurde. Casini holte ein Foto von Giacomos Leiche aus der Tasche und legte es ihm vor.
    »Was zum Teufel ist das?«, stammelte Panerai und wurde blass. Casini steckte das Foto wieder ein.
    »Was wohl euer verehrter Duce darüber gedacht hätte? Er hat zumindest immer mit seinen Weibergeschichten geprahlt undnicht damit, kleine Kinder zu vögeln.«
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie denn von mir?«, stotterte der Metzger vollkommen verängstigt.
    »Also, Ferkel, Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass der Monsignore Sie nicht angerufen hat …«
    »Sie sind ja verrückt.«
    »Das kann sein, aber ich werde bald Beweise dafür haben, dass ihr diesen Jungen vergewaltigt und ermordet habt«, log Casini. Er wusste, dass der Metzger ihm nicht glaubte, dennoch verfehlten solche Worte nie ihre Wirkung.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.« Panerai umklammerte den Griff seines Messers.
    »Das werden Sie bald herausfinden. Sagen Sie Anwalt Pinguin, dass ich ihn besuchen werde, dann kann er vielleicht schon mal Kuchen kaufen.« Pfeifend verließ Casini den Laden, und während er in seinen Wagen stieg, warf er einen Blick zurück zum Tresen der Metzgerei. Panerai war nicht mehr zu sehen, wahrscheinlich telefonierte er schon mit Beccaroni.
    Casini fuhr Richtung Zentrum, um sein Werk fortzusetzen. Ganz sicher hatten die drei Freunde versucht, Signorini zu erreichen, und waren misstrauisch geworden, als sie ihn nicht antrafen. Sie hatten sich bestimmt gefragt, ob dieser junge, stinkreiche Idiot sie verraten hatte. Aber bald würden sie aus dem Radio oder Fernsehen erfahren, dass er sich umgebracht hatte, und erleichtert aufseufzen. Doch Casini beschäftigte bereits eine ganz andere Frage: Wer von den anderen drei war nun, da Signorini tot war, wohl das schwächste Glied in der Kette? Sercambi bestimmt nicht. Vielleicht Panerai, der so stark und männlich wirkte …
    Der Kommissar fühlte, dass er einen Weg eingeschlagen hatte, auf dem es kein Zurück gab, so wie manchmal im Krieg. Er machte sich wenig Hoffnung, dass er viel erreichen würde, außer dass er den drei Mördern zu verstehen gab, dass er Bescheid wusste. Ein magerer Trost. Aber was konnte er sonst tun? Zum Rächer werden? Er sah sich im Gebüsch vor Monsignore Sercambis Villa lauern, ein schallgedämpftes Präzisionsgewehr im Anschlag. Den Kopf im Fadenkreuz … Plopp … Leben Sie wohl, Monsignore. Den Anwalt würde er nachts im Schlaf überraschen, ihn aufwecken und zwingen, auf allen vieren vor ihm zu kriechen, und ihm dann die Kehle durchschneiden. Der Metzger verdiente eine Sonderbehandlung: einen Stock in den Hintern, Stacheldraht um den Hals und Amen.
    Er
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