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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen
Autoren: Nora Roberts
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kauerte sich in einen ausgetrockneten Wassergraben.
    Ernie und er hörten die sich nähernden Schritte zur gleichen Zeit. Der Junge stieß sich vom Wagen ab und ging auf die beiden Männer zu. Bei deren Anblick hätte sich Bud beinahe durch einen überraschten Aufschrei verraten, da er in ihnen Doc Crampton und Mick erkannte.
    Zufrieden registrierte Ernie, daß die beiden diesmal keine Masken trugen. Kopfschüttelnd lehnte er den mit Drogen versetzten Wein ab.
    »Das brauche ich nicht. Ich habe den Eid geleistet.«
    Nach einem Augenblick nickte Crampton und nippte selbst an dem Wein. »Aber ich ziehe es vor, mein Bewußtsein zu erweitern.« Dann bot er Mick den Kelch an. »Das
wird die Schmerzen ein wenig lindern. Die Brustwunde heilt gut, ist aber ziemlich tief.«
    »Die verdammte Tetanusspritze war fast genauso schlimm.« Auch Mick trank einen Schluck. »Die anderen warten. Es ist bald Zeit.«
    Bud harrte in seinem Versteck aus, bis die drei zwischen den Bäumen verschwunden waren. Die ganze Szene kam ihm unwirklich vor. Er konnte einfach nicht glauben, was er da gesehen hatte. Flüchtig blickte er zur Straße zurück und rechnete sich aus, wie lange es dauern würde, zum Auto zurückzukehren und zu versuchen, Funkkontakt zu Cam zu bekommen. Sogar wenn er Cam erreichen würde, hätte er inzwischen die drei aus den Augen verloren.
    Also kroch er aus dem Graben und folgte ihnen.
     
    Man hatte ihr die Kleider fortgenommen, doch war Clare ohnehin bereits jenseits allen Schamgefühls. Diesmal stand sie nicht unter Drogen, denn Atherton hatte sie wissen lassen, er wolle, daß sie die Vorgänge um sie herum bei vollem Bewußtsein miterlebe. Sie konnte schreien, betteln und um Gnade winseln, soviel sie wollte, es würde die anderen nur noch mehr erregen.
    Als sie zum Altar geschleift wurde, hatte sie sich zur Wehr gesetzt; hatte, obwohl ihre Arme und Beine vom langen Liegen steif und gefühllos geworden waren, wild um sich geschlagen, da sie der Anblick der vertrauten Gesichter um sich herum fast noch mehr entsetzte als das, was mit ihr geschah.
    Less Gladhill und Bob Meese banden sie an den Armen, Skunk Haggerty und George Howard an den Beinen fest. Sie erkannte einen der hiesigen Farmer, den Bankmanager und zwei Mitglieder des Gemeinderats. Alle standen sie schweigend da und warteten.
    Clare gelang es, ihr Handgelenk ein wenig zu drehen, so daß sie Bob mit den Fingerspitzen berühren konnte.
    »Das kannst du doch nicht machen, Bob! Er wird mich töten! Bob, das darfst du nicht zulassen! Wir kennen uns doch schon ein ganzes Leben!«
    Doch Bob wandte sich nur wortlos ab.
    Sie würden nicht mit ihr sprechen, noch nicht einmal an sie als an eine Frau aus Fleisch und Blut, einen Menschen, den sie kannten, denken. Sie war eine Opfergabe. Weiter nichts.
    Einer nach dem anderen setzten sie ihre Masken auf. Und wurden zu Clares Alptraum.
    Clare schrie nicht. Niemand konnte sie hören, niemand würde auf ihre Schreie achten. Sie weinte auch nicht. Sie hatte bereits so viele Tränen vergossen, daß ihr keine mehr blieben. Vielleicht würde, wenn sich das Messer in ihr Herz senkte, kein Blut hervorquellen, sondern nur noch Staub.
    Um sie herum wurden Kerzen aufgestellt und angezündet. Das Feuer in der Grube war bereits entfacht und wurde nun geschürt. Funken stoben in die Luft. Gleichgültig, wie von ihrem Ich losgelöst, beobachtete Clare die Vorbereitungen.
    Die Hoffnungsschimmer, an die sie sich in all den Tagen und Nächten im Dunkel geklammert hatte, waren endgültig erloschen.
    Oder zumindest hatte sie das angenommen, bevor ihr Blick auf Ernie fiel.
    Die Tränen, die sie versiegt geglaubt hatte, rannen heiß über ihre Wangen. Wieder wand sie sich in ihren Fesseln, die Stricke scheuerten leicht an ihren Verbänden.
    »Ernie, um Gottes willen! Bitte!«
    Ernie sah sie an. Er hatte gedacht, er würde bei diesem Anblick Lust empfinden, das sengendheiße Verlangen, auf das er so lange gewartet hatte. Nun war sie nackt, so wie er es sich einst erträumt hatte. Ihr Körper war schlank und weiß, wie die flüchtigen Blicke, die er durch das Schlafzimmerfenster von ihr hatte erhaschen können, schon ahnen ließen.
    Doch er empfand keine Spur von Verlangen und wagte nicht, die widerstrebenden Gefühle, die in ihm aufkeimten, genauer zu analysieren. Er wandte sich ab und wählte eine Adlermaske. Heute nacht würde er fliegen.
     
    So zurückgeblieben und kindhaft ihr Geist auch war, Annies Körper war alt. Sie kam nicht so schnell
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