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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2
Autoren: Elin Hirvi
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seinen Eltern. Ramis freute es, wenn sie alle miteinander sprachen und war glücklich, ihre Kinder zusammen zu sehen. Davon hatte sie immer geträumt. Wen störte es da, dass William und Charlotte gereizt darüber diskutierten, welches die richtige Staatsform war und ob jeder Mensch gleich war?
    Immer näher kam die Küste. Ramis Knie zitterten und das nicht aus Senilität. Plötzlich erinnerte sie sich an den Tag, als sie Irland verließen, an die Hast, die Unsicherheit. Es regnete und das Meer war aufgewühlt. Mit offenem Mund starrte das Mädchen dieses unbekannte Wassergebirge an. Zuerst weigerte die kleine Lianna sich, auf das Schiff zu gehen, weil sie fürchtete, ein riesiges Ungeheuer, das im Meer lebte und wütend diese Wellen aufwirbelte, würde sie verschlingen. Erst als ihr Vater ihr geduldig zuredete und ihr versicherte, das Ungeheuer würde sich nicht trauen, sie zu fressen, wenn er sie beschützte, war sie bereit gewesen, darauf zu gehen.
     
    In einem kleinen Fischerhafen gingen sie vor Anker, was viel Aufregung seitens der einheimischen Bevölkerung verursachte. Hier landeten keine großen Ozeansegler. Ramis schlurfte auf einen Stock gestützt den Landungssteg herunter. Eine tiefe Gemütsbewegung erfasste sie, als sie nach mehr als einem Dreivierteljahrhundert wieder diesen Boden betrat.
    "Ich bin wohl zu alt, um mich theatralisch zu Boden z u werfen und die Erde zu küssen", meinte sie spöttisch.
    Ihre Kinder stellten sich neben sie und sahen sich um. Sie verbargen es zwar, aber Ramis war klar, dass sie das alles langweilen musste. Sie hatten keinen Bezug zu diesem Land. Obwohl ihre Vorfahren von hier herkamen, hatte jeder seine eigene Heimat. Auf einmal kam Ramis ins Schwanken, so dass man sie festhalten musste.
    "Vorsicht, Madame Mère!" , sagte Charlotte. "Überanstrengt Euch nicht."
    William wies unterdessen seine Mannschaft an, hier zu warten und sich anständig zu benehmen. Sonst würden sie bestraft. Seine Miene ließ keinen Zweifel daran, dass das sehr unangenehm sein würde. Ramis lächelte, als sie die fügsamen Gesichter der Matrosen sah. Es waren wohl Piraten, auch wenn sie ordentlich angezogen waren. Aber Ramis kannte die Anzeichen, die man eher spürte als begründen konnte. Die Fischerfamilien starrten die seltsame Prozession an, die dem Schiff entstieg. Eine uralte Greisin ging dort zwischen drei Herrschaften und mehreren bewaffneten Männern. Kinder scharten sich in gebührendem Abstand um sie und schauten neugierig. Sie starrten die alte Dame an, in deren Gesicht nur noch die Augen leuchteten und die fremdländischen Männer, die wenig zartbesaitet wirkten. Ramis lächelte sie freundlich und zahnlos an. Sie wies Edward an, den Kindern Münzen zu geben. Vom Schiff wurde währenddessen eine Kutsche abgeladen, in welche die Herrschaften stiegen. Als die zugehörigen Pferde angespannt waren, rollte sie rasch davon.
    Die Reisenden benötigten noch einige Stunden, um ins Landesinnere zu kommen. Bald wurden die Gegenden immer verlassener und die Dörfer kleiner. Gleichzeitig ließ die Befahrbarkeit der Straßen merklich nach. Zauberhaftes Grün umgab sie überall und sanfte Hügel erhoben sich unter dem grenzenlosen Himmel. Auf den Wiesen weideten kleine Herden von Schafen.
    Ramis blickte abwesend aus dem Fenster. Ihre Gedanken weilten in der Vergangenheit, sahen Bilder, die sonst niemand sehen konnte. Seltsamerweise schien sich Ramis auch nach so langer Zeit sicher zu sein, welchen Weg sie fahren mussten. Nach vielen Stunden der Fahrt rief sie plötzlich an einer Wegbiegung:
    "Halt! Hier nach rechts!"
    Der Holperweg, kaum mehr als ein Viehweg, führte durch ein kleines Wäldchen, bis sie ein Dorf erreichten, in seiner Einfachheit idyllisch.
    "Lasst uns einen Augenblick hier verweilen", flüsterte Ramis.
    Sie schloss die Augen, um sich zu erinnern.
    "Das war unser Dorf. Es gehörte zu unserer Burg. Ich bin zuhause."
    Aus den einfachen Häusern aus grobem Stein lugten Köpfe. Eine alte Frau lehnte sich aus einem der winzigen Fenster und rief erstaunt nach drinnen, woraufhin eine jüngere Frau und ein paar Kinder in der Tür erschienen. Ramis glaubte fast, in ihre Kindheit zurückgekehrt zu sein. Sie war manchmal mit ihrem Vater hier durchs Dorf geritten oder gefahren. Er hatte oft angehalten, um mit den Leuten zu sprechen.
    "Das gehört sich so ", erklärte er. "Vergiss nie, dass auch diese Leute genauso Menschen sind wie du und sich freuen, wenn man sich um sie kümmert."
    Wenn ihre
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