Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1
Autoren: Elin Hirvi
Vom Netzwerk:
über jedes Lächeln, das Ramis Gesicht erhellte, so wie jetzt. Munter strich sich das Mädchen eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und sah Martha an.
    "Komm, gehen wir."
    Ramis wandte sich schon um und eilte den langen Korridor entlang bis zum Nähzimmer. Ein wenig langsamer folgte Martha. Sie freute sich über Ramis Hilfe. Das Mädchen ging geschickt mit Nadel und Faden um. Doch trotz all des Spaßes, den sie zusammen hatten, gab es Schatten, die darauf fielen. Einmal waren das die Hausangestellten, die Ramis von Anfang an nicht gemocht hatten und sie immer herumkommandierten, wenn Martha gerade nicht aufpasste. Ramis musste oft die Böden im Haus wischen und alles putzen. Wenn die Köchin sie erwischte, dann durfte sie die ganze Küche säubern und das eingetrocknete Fett von den Wänden und Tischen kratzen. Auch den Abfall aufzuräumen schien man als ihre Aufgabe zu betrachten. Nicht selten war das Mädchen von oben bis unten schmutzig und verschwitzt, wenn es mit seiner Arbeit fertig war. Am schlimmsten war es bei Francis, dem Haushofmeister, der Ramis damals herbringen musste und sie vom ersten Augenblick an nicht hatte ausstehen können. Er behandelte sie wie ein Stück Dreck, das nur dazu da war, die niederen Arbeiten zu erledigen. Ihre Abneigung war gegenseitig, denn Ramis versteifte sich jedes Mal und sagte kein Wort mehr, wenn er in der Nähe war. Er war Teil ihrer bösen Vergangenheit geworden. Zum Glück schien sie in letzter Zeit wenig an ihr voriges Leben zu denken. Und doch waren die Erinnerungen, die sie nicht finden konnte, immer unterschwellig anwesend.
    Ramis war jetzt in der Tür verschwunden. Es hatte lange gebraucht, bis Ramis g elernt hatte, sich hier zurechtzufinden. Das war gewiss nicht einfach bei den vielen Zimmern und Gängen. Anfangs war sie in der Zeit, als sie noch nicht arbeiten musste, überhaupt nicht aus ihrem Zimmer gekommen. Man fand sie meist in ihrem Bett, mit Bonny auf dem Schoß, aber nach und nach war ihre Neugier erwacht und verlockte sie zu Streifzügen durch das Haus oder in den Garten, sobald sie etwas freie Zeit hatte.
    Eines Tages war Ramis plötzlich verschwunden und unauffindbar gewesen und hatte Martha dazu gebracht, im ganzen Haus zu suchen. Sie war sogar zu den Herrschaften gegangen. Doch schließlich fand man das Mädchen, das in einen Wandschrank gekrochen war, der auf einem Flur in der Nähe der Küche stand. Sie war unglücklicherweise in einen der häufigen Streits zwischen Francis und der Köchin geraten und hatte sich erschrocken in den Schrank geflüchtet. Sobald der Haushofmeister und die tyrannische Küchenchefin sich trafen, begannen sie sich über die unwichtigsten Dinge in die Haare zu geraten. Unter der Dienerschaft wurden schon heimliche Wetten abgeschlossen, wer gewinnen würde. Francis war die oberste Macht nach Sir Edward und Lady Harriet, aber der Einflussbereich der Köchin ging weit über den Küchenbereich hinaus. Außerdem hatte sie einen Stein im Brett bei der Lady, weil sie ihr als Einzige den richtigen Tee für ihre Nerven zubereiten konnte und zudem herrliches Gebäck zustande brachte. Die Diener wussten nicht, wessen Befehl sie Folge zu leisten hatten, denn die widersprachen sich meist. Die beiden führten damit einen ständigen Kampf um die Vorherrschaft im Bereich der Hausangestellten.
    Als Martha, gefolgt von einigen Schaulustigen, versuchte, sie zur Ruhe zu bringen, um zu fragen, ob sie Ramis gesehen hatten, überhörten diese sie einfach, weil sie so laut schrien. Erst nach einiger Zeit bemerkten die Streithähne, dass sie Publikum hatten. Francis war sehr ungehalten und hatte durchaus nicht vor, nach Ramis suchen zu helfen. Gesehen hatten die beiden sie natürlich nicht. Umso größer war die Überraschung, als die Wandschranktür aufsprang und Ramis hervorstürzte und sich schnell hinter Martha versteckte. Francis warf der Köchin, Martha und Ramis noch einen finsteren Blick zu und stolzierte von dannen. Die Köchin stampfte dann auch vor sich hin schimpfend, wie jemand nur auf die Idee kommen könne, den guten Wandteppich im Speisesaal durch ein billigen, geschmacklosen Lappen ersetzen zu wollen, davon. Der Streit um den Teppich war bis heute noch nicht geklärt.
    Im Nähzimmer machten sich Martha und Ramis gleich an die Arbeit. Neben der Garderobe für Lady Harriet waren noch genügend andere Aufträge angefallen.
    "Was hast du heute so gemacht?" , fragte Martha, über ein glänzendes Mieder gebeugt.
    "Ach, die meiste Zeit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher