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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1
Autoren: Elin Hirvi
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wäre er seinem Ziel, Frankreich zur Großmacht in Europa zu machen, ein Stück näher gekommen.
    Fast in ganz Westeuropa hatten vor kurzem die Religionskriege gewütet, blutige Auseinandersetzungen zwisc hen Protestanten und Katholiken. Der Dreißigjährige Krieg hatte unzählige Todesopfer gefordert und die Welt nachhaltig verändert. Deshalb setzte das Parlament James II kurzerhand ab, der nach Frankreich ins Exil flüchtete. Man ernannte William III von Oranien aus den Niederlanden und seine Frau Mary II, der Tochter von James II, zum König und zur Königin. Das Ganze geschah ohne großes Blutvergießen, deshalb nannte man es the Glorious Revolution . Das neue Königspaar musste ein Abkommen mit dem Parlament unterzeichnen, das dem letzteren seine Rechte garantierte.
    Zwar startete der vertriebene Stuartkönig James II 1689 einen von Frankreich unterstützen Versuch, an Irlands Küsten zu landen, um v on dort aus seinen Thron zurückzuerobern, aber die Sache schlug fehl. Für das größtenteils katholische Irland - nur im Norden lebten protestantische Mehrheiten - bedeutete das erneut ein Blutvergießen. Viele Iren mussten ihren Besitz aufgeben und aus den besetzten Zonen fliehen. Nun erklärten die Engländer den Jahrhunderte alten Unruheherd Irland endgültig für befriedet und den Widerstand für gebrochen. Dennoch schwelte der Hass und die Feindschaft zwischen den Christen dort unvermindert weiter und auch die Zeit schien das nicht ändern zu können. Der geschlagene König James II kehrte unbeschadet ins Exil zurück.
     
    Ramis dachte wieder an die seltsame Sache mit Sir Edward zurück. Sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte. Aus irgendeinem Grund empfand sie Scheu vor ihm, schon als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, obwohl er sich ihr gegenüber freundlich gleichgültig gab. Seine Erscheinung war äußerst gepflegt. Er war recht groß, trug teuerste, modische Kleidung und hochpolierte Schuhe. Auf seinem Kopf thronte die braune Perücke des Hofadels und wie es so üblich war, umwehte ihn ein leichter Parfümgeruch. Also ein Adeliger von Kopf bis Fuß. Der Ausdruck seines Gesichtes mit der markanten Adlernase sprach vom Müßiggang des Hofes und von Hochmut . In den dunkelbraunen Augen Sir Edwards waren Eigenschaften abzulesen, die Ramis damals noch nicht benennen konnte. Sie bekam unerklärlicherweise immer Angst, wenn er sie ansah. Für Lady Harriet konnte sie eben falls keine große Sympathie aufbringen. Sie war nicht besonders ansehnlich, eine große, knochige Frau, die nie lächelte oder nett war. Tiefe Falten, die von ewiger Missgunst sprachen, hatten sich um ihre Mundwinkel eingegraben. Im Haus wurde gemunkelt, dass Sir Edward sie nur wegen ihres Geldes und ihres einflussreichen Vaters geheiratet habe. Es hieß zudem, Sir Edward sei nach der Hochzeit gesellschaftlich aufgestiegen, denn seine Frau gehörte zu den allerhöchsten Kreisen am Hofe, während er vom Landadel abstammte und als junger Mann an den prunksüchtigen Hof von Charles II, dem Vorgänger von James II, gekommen war. Inzwischen war der Vater von Lady Harriet natürlich längst gestorben, - sie war selbst nicht mehr die Jüngste - aber Sir Edward bedurfte seiner Hilfe schon lange nicht mehr.
    Ramis ging Lady Harriet immer aus dem Weg, weil diese eine ganz besondere Abneigung gegen sie zu haben schien. Allerdings sei die Lady zu bedauern, meinte die Köchin, sie habe ihrem Mann nur eine Tochter geboren, die seit einiger Zeit verheiratet war, und seitdem habe die arme Frau keine Kinder mehr bekommen können. So blieb der für eine Adelsfamilie so wichtige Erbe aus. Die Köchin erzählte auch noch, es sei allgemein bekannt, dass sich Sir Edward anderweitig sein Vergnügen suchte. Dabei warf sie Ramis einen merkwürdigen Blick zu, den das Mädchen aber nicht verstand. Sie konnte sich auf viele der Bemerkungen keinen Reim machen, jung und unerfahren, wie sie war.
     
    Einige Zeit später war in dem Haus mit dem klangvollen Namen Maple House Großputz angesagt. Eine so gewaltige Aufräumaktion wurde nur alle paar Jahre einberufen, denn es war eine umständliche, schweißtreibende Arbeit. Das ganze Haus war bei diesem Anlass in Aufruhr. Alle Schränke und Möbel mussten verschoben werden, um den dahinter angesammelten Staub hervorzukehren. Alle Wandteppiche, Bilder und Wappen mussten abgestaubt und geputzt werden. Bei diesen uralten, traditionellen Erbstücken war äußerste Vorsicht geboten, denn jede Familie, die etwas auf sich
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