Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte
Autoren: Simon Mockler
Vom Netzwerk:
Sie also nur einmal fragen, warum Sie nicht alle zehn Module geliefert haben. Sie haben zehn Sekunden für eine befriedigende Antwort. Andernfalls wird mein Freund hier den Gürtel um Ihren Hals zuziehen, bis Sie sich wünschen, Sie hätten mir eine befriedigende Antwort gegeben. Haben Sie das verstanden?«
    Ahmed versuchte zu reagieren, doch die Worte blieben ihm in der abgeschnürten Kehle stecken.
    Monsieur Blanc sah auf die Uhr. »Noch sechs Sekunden, Dr. Seladin.«
    Er versuchte verzweifelt sich daran zu erinnern, was an dem Nachmittag geschehen war und in welcher Reihenfolge. Er hatte die Ereignisse erfolgreich verdrängt. Der Gürtel quetschte seinen Kehlkopf, ein bitterer Geschmack stieg aus seinem Rachen auf, als hätte er ein Stück Seife verschluckt.
    »Okay«, röchelte er. Der Druck ließ nach. Im Geist zählte er die Patienten durch. Und erst in diesem Moment fiel ihm das leere Bett auf, das er damals gar nicht wahrgenommen hatte. Alles war so schnell gegangen. Normalerweise arbeitete er nicht unter solchen Umständen.
    »Neun Patienten«, brachte er mühsam heraus, »nur neun Patienten.«
    »Neun Patienten oder neun Betten?«, entgegnete Monsieur Blanc blitzschnell. Ahmed rief sich das Patientenzimmer ins Gedächtnis, die kraftlosen Gestalten, unschuldig in ihrem Dämmerzustand, friedlich schlafend, als die Kugel ihren Schädel zum Bersten brachte.
    »Patienten«, wiederholte er, »neun Patienten.« Die Worte quälten sich mühsam aus ihm heraus. Wie hatte ihm das passieren können?
    »Da war also ein leeres Bett?«, fragte Monsieur Blanc.
    Ahmed nickte. Zu weiteren Erklärungen fehlte ihm die Kraft. Die Klammer um seinen Hals lockerte sich.
    Monsieur Blanc entfernte sich ein paar Schritte. »Dr. Seladin, Sie bringen mich in eine heikle Lage, eine sehr heikle Lage«, fuhr er fort und fing an, auf und ab zu gehen. »Ich sage Ihnen, was ich tun werde.« Er wackelte mit einem Finger in Ahmeds Richtung. »Meine Männer werden ein paar Dinge überprüfen und so viele Informationen wie möglich vom Server des Labors ziehen. Sie werden unterdessen hier warten. Sobald wir einen Namen haben, werden Sie mit meinen Männern losziehen und den Auftrag vollenden, für den Sie bezahlt wurden. Ist das klar?« Er trat auf Ahmed zu, bis sein Vollmondgesicht dessen Blickfeld ausfüllte. »Ich sagte: Ist das klar? «, zischte Monsieur Blanc und verströmte dabei seinen fauligen Atem, der nur dürftig vom Rosenwasser überdeckt wurde.
    Ahmed zuckte zusammen. Vor seinem geistigen Auge erschienen offene Gräber, bestreut mit Blütenblättern. Der Gestank war widerlich. Tiere stanken so aus dem Maul, Wölfe, Schakale, Raubtiere, die sich von rohem Fleisch ernährten.

6
    Jesus Lane, Samstagmorgen, 07:00 Uhr
    »Jack, kannst du mich hören? Jack!«
    Jack blickte auf. Seine Seite war ganz steif. Augen, blaugrün wie Sand, der durch einen klaren See schimmert, musterten ihn mit besorgter Konzentration. Eine Hand stützte seinen Nacken mit sanftem, aber festem Griff. Amanda war ihm nie schöner vorgekommen. Zwei blonde Strähnen hatten sich aus ihrem Haarknoten gelöst, einem komplizierten Gebilde, das sie in null Komma nichts mit einem Bleistift zauberte. Sie kitzelten ihn am Hals. Er lächelte schwach.
    »Entschuldige, Amanda«, flüsterte er, »ich hätte vorher anrufen sollen.«
    Mit prüfendem Blick fühlte sie seinen Puls, ohne zu antworten. Okay, es war nicht Amanda, es war Dr. Marshall im Einsatz.
    »Ich muss einen Krankenwagen rufen, Jack. Du musst dich untersuchen lassen.«
    Er packte sie am Arm. Die Erinnerung an das Patientenzimmer und die Krankenhausbetten kam wieder hoch. »Nein, nein, Amanda. Mir geht es gut. Ich brauche nur ein bisschen Ruhe und was zu essen. Und vielleicht etwas anderes zum Anziehen, oder?« Er versuchte erneut zu lächeln.
    Amanda schüttelte den Kopf. Sie lächelte nicht. Entsprang ihre Besorgnis nur ihrem ärztlichen Pflichtbewusstsein? Ihre Hand tastete unter die Bettdecke und zupfte prüfend an seinem Kittel. Er hob die Augenbrauen und begann sich schon besser zu fühlen.
    »Das ist kein normaler Krankenhauskittel, zumindest nicht aus den Krankenhäusern hier in der Gegend, wo ich schon gearbeitet habe«, sagte sie mit professioneller Kühle und betrachtete das Etikett. » Marcon Pharmaceuticals «, las sie und zog die Hand zurück. »Moment mal, der Name kommt mir bekannt vor. Ist das nicht ein privates Forschungslabor in der Nähe von Huntingdon?« Sie runzelte die Stirn. »Jack, hast du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher