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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod
Autoren: P.B. RYAN
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angewöhnt, sie eher belustigend als ärgerlich zu finden.
    â€žMrs. Fallon“, sagte Viola, sobald Gracie es sich zu ihren Füßen bequem gemacht hatte und dort mit ihren Puppen spielte, „warum erzählen Sie Nell nicht einfach, was Sie mir gerade erzählt haben?“
    Die Fallons starrten Nell an, offenbar ebenso verwundert, warum sie herbeigebeten wurde, wie Nell selbst. „Es ist wegen unserem Mädchen“, begann Mrs. Fallon. „Bridie, unsere Tochter. Naja, eigentlich Bridget, aber wir nennen sie Bridie.“
    â€ž Ihre Tochter“, wandte Mr. Fallon ein und nickte mit dem Kopf zu seiner Frau hinüber. Bei ihm kam der irische Tonfall stärker durch als bei ihr. „Meine Stieftochter.“
    Leise und sichtlich beherrscht sagte Mrs. Fallon: „Wo um Gottes willen ist da der Unterschied, Liam?“
    Beschwichtigend hob er die Hände. „Wollt’ ich nur mal klarstellen.“
    â€žDann eben meine Tochter. Sie ist seit drei Tagen verschwunden … seit Sonntag. Die von der Polizei glauben, dass sie mit ihrem Freund durchgebrannt ist, aber ich weiß, dass sie sich nicht einfach so davonmachen würde – nicht meine Bridie, niemals.“
    Ihr Mann hob skeptisch eine Braue. Nell sah zu Gracie hinunter und fragte sich, wie viel sie wohl von dem verstand, was gesprochen wurde. Doch das kleine Mädchen schien ganz darin vertieft, ihre Lieblingspuppe mit einer winzigen Nuckelflasche zu füttern.
    Mrs. Fallon warf ihrem Mann einen strengen Blick zu, ehe sie fortfuhr: „Die Polizei wollte nichts unternehmen, und da sind wir dann zu Mr. Harry, weil wir dachten, sie helfen uns, wenn er es ihnen sagt, aber er hat gesagt, dass ihn das nichts angeht.“
    Harry? Nell schaute Viola verwundert an. Harry Hewitt war der zweitälteste ihrer drei noch verbliebenen Söhne. Martin, der jüngste, studierte Theologie an der Harvard University und lebte noch zu Hause. Der zweitjüngste war Robbie, der vor vier Jahren in Andersonville, dem berüchtigten Gefangenenlager in Georgia, umgekommen war. Violas ältester Sohn Will, das schwarze Schaf der Familie, hatte nach seinem Aufenthalt in Andersonville ebenfalls als tot gegolten, bis er dann im vergangenen Winter kurz aus der Versenkung aufgetaucht war, als eine Mordanklage ihn fast den Kopf gekostet hätte.
    So blieb nur noch Harry, mittlerer Sohn mit ausschweifendem Lebenswandel, um seinen Vater dabei zu unterstützen – und sei es nur auf dem Papier –, die beiden einträglichen Familienunternehmen zu führen. Harry fungierte als Geschäftsführer der großen Tuchfabrik Hewitt Mill & Dye Works, die nördlich des Flusses in Charlestown gelegen war, doch Nell hätte es sehr überrascht, wenn er vom Färben und Weben auch nur einen Deut mehr verstand als sie. Die Geschäfte der Reederei Hewitt Shipping führte denn auch wohlweislich sein Vater August Hewitt.
    â€žMr. und Mrs. Fallon leben in Charlestown, und Bridie arbeitet in der Fabrik“, erklärte Viola. „Deswegen hofften sie, Harry könne ihnen helfen.“
    Können wahrscheinlich schon. Aber wollen? Harry Hewitt kümmerte sich eigentlich nur um die Belange von Harry Hewitt. Gerne bekannte er sich dazu, dass es wenig im Leben gab, das er der Mühe wert befand, außer der Befriedigung elementarer Bedürfnisse . Diese schlichte, doch grundlegende Wahrheit zu verstehen, hatte er Nell vergangenen Winter wissen lassen, sei sehr befreiend. Die Regeln, die einen bislang kurzgehalten hatten, hören auf zu existieren – was auch gut so sei, waren sie doch von vornherein willkürlich gesetzte Regeln, deren Beliebigkeit sie einem entbehrlich machte. Sobald man sich von ihnen befreite, sei einem alles möglich, alle moralischen Grenzen gefallen.
    â€žWir waren in Mr. Harrys Büro in der Fabrik“, berichtete Mrs. Fallon, „aber wie ich sagte, er wüsste nicht, was ihn das angehen sollte. Er sagte, wenn die Polizei meint, dass sie mit Virgil durchgebrannt wär, dann wird’s wohl so sein.“
    â€žVirgil?“, fragte Nell.
    â€žHines.“ Mrs. Fallon verzog das Gesicht. „Gut aussehender Kerl, aber zu nichts nutze. Letzten Mai aus dem Gefängnis gekommen, und keinen Monat später waren er und Bridie unzertrennlich. Ich weiß beim besten Willen nicht, was sie an ihm findet.“
    â€žDas Staatsgefängnis in Charlestown?“, fragte Nell nach.
    Mrs.
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