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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont
Autoren: David Farland
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erfüllen«, erwiderte Borenson bedauernd. Er wollte es nicht tun, hatte die Angelegenheit aber so überzeugend vertreten, daß er jetzt selbst glaubte, es tun zu müssen.
    »Und ich habe die Pflicht, Iome und ihren Vater zu beschützen«, sagte Gaborn, »als Eidgebundener Lord.«
    »Als Eidgebundener Lord?« Borenson stockte der Atem.
    »Nein! Ihr Narr!« Jetzt verstand er. Gaborn hatte sich während der letzten zwei Wochen ihrer Reise nach Heredon so zurückhaltend benommen. Zum erstenmal in seinem Leben war er so verschlossen gewesen.
    »Es ist wahr«, sagte Gaborn. »Ich habe Iome einen Eid geschworen.«
    »Wer war Zeuge?« stellte Borenson die erste Frage, die ihm in den Sinn kam.
    »Iome und ihre Hofdame.« Borenson fragte sich, ob sich dieser Eid geheimhalten ließ. Vielleicht konnte er den Schaden wiedergutmachen, wenn er die Zeugen tötete. »Und ihre Days.«
    Borenson stemmte die Axt auf seinen Sattelknauf und sah König Sylvarresta streng an. Wer wußte, wie weit die Nachricht schon vorgedrungen war? Zu Iomes Hofdamen, zum Berater des Königs, bis nach ganz Heredon? Er konnte Gaborns Tat nicht verheimlichen.
    Der Prinz hatte etwa Ungestümes im Blick. Welcher Mut!
    Dieser kleine Narr! dachte Borenson. Er will gegen mich antreten. Würde er wirklich deswegen mit mir kämpfen? Doch er wußte, es stimmte. Den Schutzeid zu leisten war eine ernste Angelegenheit, eine heilige sogar.
    Er überlegte. Die Hand gegen den Prinzen zu erheben, wagte er nicht. Das wäre Verrat. Selbst wenn er Ordens Befehle in jedem anderen Punkt befolgte, konnte er für eine handgreifliche Bedrohung des Prinzen hingerichtet werden.
    Gaborn hatte Borensons Augen beobachtet, und jetzt traute er sich mit der Bemerkung vor: »Wenn Ihr nicht zulaßt, daß ich den Befehl meines Vaters rückgängig mache, dann befehle ich Euch folgendes: Wartet noch mit der Ausführung. Wartet, bis wir Longmot erreicht und ich mit meinem Vater gesprochen habe.«
    Gut möglich, daß Gaborn die Burg vor Borenson erreichte.
    Dann könnte der König diese verworrene Angelegenheit klären.
    Er schloß die Augen und senkte den Kopf zum Zeichen seines Einverständnisses. »Wie Ihr befehlt, mein Lord«, sagte er. Doch dann überkam ihn ein fürchterliches Schuldgefühl.
    Man hatte ihm befohlen, die Übereigner auf Burg Sylvarresta zu töten, und wenn er den König und Iome jetzt erschlug, würde er dadurch das Leben anderer schonen. Er würde all jene verschonen, deren Gaben über diese zwei weitergeleitet wurden.
    Aber Sylvarresta umzubringen, wäre grausam. Borenson wollte keinen Freund töten, ganz gleich, was ihn das kostete.
    Außerdem wagte er nicht, die Waffe gegen seinen Prinzen zu erheben.
    Bruchstückhaft stürzten die Argumente auf Borenson ein. Er hob den Kopf und sah König Sylvarresta an, der inzwischen nicht mehr so angstvoll stöhnte. Ein Eichelhäher stieg wie ein blauer Strich über dem Kopf des Königs auf.
    Aber wenn ich diese beiden nicht töte, wieviel andere muß ich dann im Bergfried der Übereigner umbringen? Wie viele Gaben hat Sylvarresta übernommen? Ist das Leben dieser zwei mehr wert als das Leben ihrer Übereigner?
    Was haben sie denn Schlimmes getan? Kein einziger im Bergfried würde mit Absicht auch nur einen faulen Apfel auf jemanden aus unserem Volk werfen. Trotzdem verliehen sie Raj Ahten allein durch ihre Existenz Macht.
    Borenson schloß die Augen und biß gedankenversunken die Zähne aufeinander. Tränen traten ihm in die Augen. Ihr werdet mich dazu bringen, jeden zu töten, der über die beiden vektoriert wird, dessen Gaben über die beiden weitergeleitet werden, erkannte Borenson. Das war seine einzige Möglichkeit. Er liebte seinen Prinzen, hatte ihm stets treu gedient.
    Ich werde es tun, dachte Borenson, auch wenn ich mich danach für immer hassen werde. Ich werde es für Euch tun.
    Nein! schrie eine leise Stimme in ihm. Er öffnete die Augen und starrte Gaborn hart an. Der ließ die Zügel von Borensons Pferd los, stand verdrossen da, als wäre er noch immer bereit, seinen Leibwächter aus dem Sattel zu zerren, sollte dies nötig werden.
    »Nehmt sie in Frieden mit, mein Lord«, sagte Borenson und versuchte, sich die Traurigkeit nicht anmerken zu lassen.
    Sofort entspannte sich Gaborn.
    »Ich werde eine Waffe brauchen«, sagte der Prinz. »Könnt Ihr mir eine borgen?« Abgesehen von dem Speer in Torins Kehle war nichts griffbereit.
    An dem Schlachtroß, das Borenson ritt, hing von seinem Vorbesitzer ein Reiterhammer mitsamt
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