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Dunkel ist die Zukunft

Dunkel ist die Zukunft

Titel: Dunkel ist die Zukunft
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Boden zu reißen und keuchte vor Schmerz, als Charity sich endgültig losriß und ihm in der gleichen Bewegung den Ellbogen seitlich gegen den Hals schlug. Sie kam frei. Ihr Hieb hatte den anderen nicht ausgeschaltet, doch er war für einen Moment benommen, lange genug jedenfalls, daß Charity vollends auf die Füße springen und zwei, drei Schritte zurückweichen konnte. Das Mädchen war längst in der Dunkelheit verschwunden, Charity sah aus den Augenwinkeln, wie der zweite Motorradfahrer torkelnd auf die Beine kam. Einen Kampf gegen zwei dieser Männer gleichzeitig würde sie kaum durchstehen. Nicht in dem Zustand, in dem sie war. Sie fuhr herum, nahm einen Schritt Anlauf und sprang. Der Mann in Leder riß instinktiv die Arme hoch, in einer Bewegung, die Charity ziemlich drastisch klarmachte, daß ihm ihre Art zu kämpfen keineswegs fremd war, aber er war noch ein wenig benommen, und seine Abwehr kam der Bruchteil einer Sekunde zu spät. Charitys Füße krachten gegen seine Brust und ließen ihn zurücktaumeln. Mit wild rudernden Armen prallte er gegen eines der Motorräder, riß es um und fiel rücklings über die Maschine. Ein keuchender Schmerzlaut drang unter seinem Lederhelm hervor. Charity war blitzschnell wieder auf den Beinen und bei ihm. Ihre Handkante traf seinen Hals mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte. Der Mann stöhnte, verdrehte die Augen und verlor endgültig das Bewußtsein. Charity richtete sich blitzschnell wieder auf, fuhr herum - und erstarrte.
    Der zweite Motorradmann hatte ihre eigene Waffe aufgehoben und zielte damit auf sie. Die Mündung der Miniatur-MP deutete genau auf ihre Brust. Charity sah, wie sich sein Finger ein wenig krümmte. Aber der Schuß, auf den sie wartete, fiel nicht. Statt dessen glühte über dem Lauf der MP ein kleines, rubinrotes Auge auf, und auf Charitys Brust erschien ein münzgroßer, roter Lichtfleck. Der Mann blinzelte erstaunt, blickte fassungslos auf die Waffe herunter und drückte noch einmal auf den Auslöser des Laserzielgerätes statt auf den Abzug. Charity wartete nicht, bis er die Mechanik der ihm fremden Waffe ergründet hatte. Mit einem einzigen Satz war sie bei ihm, schlug ihm die MP aus der Hand und fegte ihn mit einem Tritt in die Kniekehlen von den Beinen. Als er stürzte, bückte sie sich nach der MP, wartete fast gemächlich, bis er sich wieder aufrichten wollte - und schlug ihm den Kolben in den Nacken. Nicht heftig genug, um ihn umzubringen, aber genug, ihm ein paar Stunden Schlaf und mächtige Kopfschmerzen zu bescheren. Blitzschnell richtete sie sich auf, drehte sich einmal um ihre Achse und schwenkte die Waffe hin und her. Aber es war niemand mehr da, auf den sie schießen konnte. Es dauerte eine Weile, bis Charity begriff, daß es vorbei war. Und daß es beinahe endgültig vorbei gewesen wäre. Diesmal hatte sie nur Glück gehabt. Hätte der Ledermann nicht zufällig den falschen Knopf gedrückt ... Sie ließ sich erschöpft gegen den Sattel einer der beiden Harleys sinken. Alles drehte sich um sie herum. Ihr Herz hämmerte, und in ihrem Mund war plötzlich ein Geschmack, als müsse sie sich übergeben. Der kurze Kampf hatte sie völlig ausgelaugt. »Mein Gott«, flüsterte sie müde. »Ein Königreich für ein Zauberschwert und ein fliegendes Pferd.« »Also«, sagte eine Stimme hinter ihr, »über das Zauberschwert können wir sprechen, aber wo ich ein fliegendes Pferd hernehmen soll, das weiß ich auch nicht so genau.«
    Irgendwo in der Dunkelheit hinter ihr raschelte es. Charity fuhr hoch, riß die Waffe herum und schaltete den Lasersucher ein. Der fingernagelgroße rote Punkt huschte über Felsen und dürres Geäst und blieb auf einem faltigen Gesicht hängen, das große Ähnlichkeit mit einem alten Scheuerlappen hatte. »Nicht schießen!« quäkte ein dünnes, sehr erschrockenes Stimmchen. »Ich gehöre nicht zu den Sharks!« Charity löste mit der Linken die Taschenlampe vom Gürtel, schaltete sie ein und richtete den Strahl auf die Gestalt, die hinter ihr aus den Büschen getreten war. Ihr Schrecken schlug in Staunen und Verwirrung um. Der Mann war ... eine Witzfigur, die irgend jemand zum Leben erweckt hatte. Sein Gesicht war faltig und hatte einen unnatürlichen, fahlen Teint. Unter einer gewaltigen, weit vorgewölbten Stirn, die in eine makellos glänzende Glatze überging, blinzelten sie zwei winzige Äuglein hervor an, in denen nicht der kleinste Schimmer von Weiß war. Seine Nase sah so aus, als hätte
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