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Dunkel ist die Zukunft

Dunkel ist die Zukunft

Titel: Dunkel ist die Zukunft
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schwere Motorräder. Für einen Moment atmete sie erleichtert auf. Wenn es noch Motorräder gab, konnte sie nicht sehr weit in die Zukunft geworfen sein - wenigstens keine achthundertachtundachtzig Jahre, wie der Computer ihres Tanks ihr einzureden versucht hatte. Allerdings sahen die beiden Gestalten nicht gerade vertrauenerweckend aus. Einer der beiden hielt das Mädchen fest, während der andere ihr eine schallende Ohrfeige versetzte. Charity hob die Waffe ein wenig, zögerte aber noch. Das Mädchen war sehr jung, allerhöchstens zwanzig, mit kurzgeschnittenem, dunklem Haar und einem schmalen, aber energischen Gesicht, und Charity ergriff ganz instinktiv ihre Partei. Aber am Boden lag der reglose - und wahrscheinlich tote! - Motorradfahrer, und es war besser, noch einen Moment zu beobachten, ehe sie sich einmischte. Einer der beiden Männer hob eine Waffe auf und zielte damit auf  das Mädchen, während sich der andere hastig zurückzog. Charity visierte das rechte Bein des Motorrad-Typs durch die Nachtoptik ihrer MP an und krümmte den Zeigefinger um den Abzug.
    Aber sie mußte nicht schießen. Das Mädchen war nicht halb so hilflos, wie es bisher ausgesehen hatte. Statt zu fliehen, trat sie fast gemächlich auf den Mann zu - und versetzte ihm einen Tritt zwischen die Oberschenkel. Der Motorradfahrer brach zusammen, aber dann war der zweite heran, versetzte der jungen Frau einen Hieb gegen den Hals und trat ihr in die Seite, als sie stürzte. Charity trat mit einem entschlossenen Schritt aus ihrer Deckung heraus und ließ den Sicherungshebel ihrer MP bewußt hörbar zurückschnappen. »Aufhören!« sagte sie laut. Tatsächlich stockte der Motorradfahrer mitten in der Bewegung, aber nur für einen Moment - dann holte er zu einem neuen, noch wütenderen Tritt nach dem gestürzten Mädchen aus. Charity seufzte, zielte kurz und jagte einen einzelnen Schuß genau zwischen seine Füße. »Aufhören, habe ich gesagt«, sagte sie noch einmal und hörbar schärfer als beim ersten Mal. »Oder bist du schwerhörig, Freund?« Langsam und mit erhobener Waffe trat sie vollends in den Feuerschein, machte eine drohende Bewegung, die den Mann veranlaßte, einen Schritt zurückzuweichen, und beugte sich zu dem Mädchen herab, ohne den Mad-Max-Verschnitt dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Das Mädchen hatte sich auf die Ellbogen hochgestemmt und starrte sie an. Aus ihrer aufgeplatzten Unterlippe lief Blut über ihr Kinn. Sie zitterte am ganzen Leib. »Keine Angst, Kleines«, sagte Charity. »Der tut dir nichts mehr. Alles in Ordnung?« Sie hatte keine Ahnung, ob das Mädchen ihre Worte überhaupt verstand; aber sie hoffte wenigstens, daß sie den beruhigenden Tonfall begriff und das Lächeln, mit dem sie ihre Worte begleitete. Sie tat es nicht.
    Irgend etwas schien gründlich schiefzulaufen, aber das begriff Charity eine halbe Sekunde zu spät. Das Mädchen sprang plötzlich auf, stieß einen kleinen, erschrockenen Schrei aus - und schlug ihr die geballten Fäuste seitlich gegen den Hals. Charity fiel. Für zwei, drei Sekunden bekam sie keine Luft mehr. Sie stürzte, rollte instinktiv herum und kippte ein zweites Mal nach hinten, als das Mädchen ihr brutal den nackten Fuß ins Gesicht stieß. Dann, während das Mädchen sich aufrappelte und davonlief, griff der Motorradfahrer an. Charity sah einen riesigen, eisenbeschlagenen Stiefel auf sich zurasen, riß instinktiv die Arme hoch und nahm dem Tritt so wenigstens die ärgste Wucht. Die Ledermaske aber setzte sofort nach. Der Kerl warf sich auf sie. Ein Messer blitzte auf. Charity griff verzweifelt nach dem Arm des Angreifers, packte ihn und brachte die Messerspitze einen Zentimeter vor ihrem Gesicht zum Halten. Aber sie spürte auch sofort, daß sie der Kraft des Mannes nicht gewachsen war. Das Messer bewegte sich ein Stück zurück, ruckte dann wieder vor und ritzte ihre Wange.  Charity setzte alles auf eine Karte. Statt sich weiter gegen den Messerhieb zu wehren, ließ sie den Arm plötzlich los, drehte blitzschnell den Kopf zur Seite und zog gleichzeitig mit aller Kraft die Knie an den Körper. Die Messerklinge glitt wie ein weißglühender Draht über ihr Gesicht und rammte mit einem klirrenden Laut in den Boden, einen halben Fingerbreit neben ihrem Hals, aber der Angreifer verlor durch den plötzlichen Ruck das Gleichgewicht. Mit einem überraschten Laut glitt er halb von ihr herunter, versuchte mit beiden Händen sein Messer aus dem
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