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Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur
Autoren: Sinje Beck
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Äxten steht und sein Handy ans Ohr presst. Ich richte meine geballte Aufmerksamkeit auf das, was Udo von sich gibt und höre, wie er zu dem Anrufer sagt, er solle für eine Weile untertauchen, noch hätte er nicht alles geregelt, doch es würde nicht mehr lange dauern. Der Anrufer solle sich eine glaubhafte Geschichte für seine Rückkehr überlegen, Alibis beschaffen. »Und ruf mich nie wieder an, Alfons!«
    »N’Abend«, werde ich schräg von hinten angeschrieen, »wo finde ich hier die Klos?«
    So ruckartig wie ich zusammenzucke, wirbelt Udo herum und starrt mich mit Röntgenblick an.
    Ich gebe dem verirrten, jungen Mann im Brustharnisch eine Wegbeschreibung. Kaum hat er die Szene verlassen, packt Udo mich am Kragen:
    »Was spionierst du hier rum?«
    »Nä, was bist du für ein grober Klotz!«, pfeife ich ihn frech an. »Lass los, Mann. Jörn und Kurt wollen wissen, ob du noch was Wildes für einen Grillspieß auf Lager hast.«
    Jetzt drückt Udo mich zwischen die geschwungenen Sensenklingen, die wie eine unerschütterliche Garde in einer Ordnungsschiene klemmen und sagt:
    »Ja, jeden Moment, ganz frisch. Nur wirst du es nicht mehr ausrichten können.«
    Denk nach, Heiner, benutze deinen Kopf, flehte mein Blechschlossermeister, als ich drauf und dran war, ein teures Werkzeug zu vergeigen. Benutze deinen Kopf, halte ich für eine gute Idee und verpasse Udo eine ordentliche Nuss auf die Nase. Damit hat er nicht gerechnet. Ei, meine Stirn ist derartige Erschütterungen aber auch nicht gewohnt. Ich taumle nur leicht in dem Moment, als Udo mich loslässt. Er fällt rückwärts gegen den Schraubstock der Werkbank und flucht. Nichts wie weg hier! Ich bin mir sicher, dass Udo als nächstes Wichtigeres zu tun hat, als einem widerborstigen Lakaien nachzusetzen.
     
    »Udo hat nichts«, richte ich Kurt in der Küche aus, der bereits dabei ist, einen riesigen Spießbraten zu präparieren. Ich soll einen Zentner Kartoffeln in Folien wickeln. Während wir hektisch in der Küche hantieren, geht unten im Hof höllisch die Post ab. Der Arbeitstisch steht so vorm Fenster, dass wir einen Logenplatz haben. Am Rande der Kampfhandlungen sehen wir Luca bläulich schimmernd mit ihrem Beutel Hehlerware durch die Reihen der weiblichen Zuschauer huschen. In einer Mauernische stehen zwei Männer in langen Mänteln. Das schwarze Leder glänzt im Schein des prasselnden Feuers. Dass sich in dem Rucksack unmöglich der gesamte Amber befinden kann, wird selbst im Halbdunklen klar. So unterbelichtet werden die Käufer nicht sein, um das nicht zu bemerken. Schemenhaft ist erkennbar, dass Luca den Sack übergibt und die Männer die Ware prüfen. Jetzt wird gestikuliert und einer geht Luca an die Wäsche. Hoffentlich bemerkt er nicht die Verkabelung. Luca kann die beiden offensichtlich überzeugen, ihr zu folgen. Ein ihr hingehaltenes Bündel nimmt der andere Mann wieder an sich. Das wird die Bezahlung gewesen sein. Die kleine Gruppe löst sich aus der Nische und geht an den Schwerter schwingenden Kriegern vorbei. Die Menge kämpfender Leiber rückt den zwei Männern näher. Einige Frauen drängen Luca von den Kerlen ab und fünf Gralskrieger stürzen sich auf die beiden Verbrecher. Von unserem Ausguck ist kaum auszumachen, wer gegen wen die Wurfaxt erhebt. Nach kurzem Handgemenge sind die Amber-Käufer entwaffnet und in Handschellen. Kurt klatscht Beifall. Ich atme auf. Die Beamten werden Udo sicherlich auch gestellt haben. Ich verlasse die Küche, um eine Ladung Kartoffeln nach unten zu bringen. Kaum dass ich aus der Tür bin, höre ich hinter mit ein metallisches Klicken und spüre etwas Kaltes, Kreisrundes in meinem Genick.
    »Wusste ich es doch, mit dir stimmt was nicht. Jetzt gehst du schön langsam vor mir her und machst keinen Mucks«, dirigiert Udo mich durch den menschenleeren Flur. Das sieht nicht gut aus, konstatiert der Advokat und Kalle überlegt, ob die in Alufolie gewickelten Kartoffeln als Geschosse dienen könnten. Als Handgranaten gehen die Dinger nicht durch. Meine Arme werden lang, denn der Korb ist bis oben hin gefüllt. Udo schiebt mich bis vor eine Tür und weist mich an, sie zu öffnen. Ich habe keine Hand frei. Als ich mich bücken will, um den Korb abzustellen, nimmt der Druck der Mündung auf meinen Nacken zu. Udo brummt eine Art Verneinung, was wohl so viel heißen soll wie: Mir egal, wie du die Tür öffnest, doch tu es aufrecht, unauffällig und schnell. Ich werde versuchen, die Klinke mit dem Ellbogen
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