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Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur
Autoren: Sinje Beck
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die sie vor, während und nach ihrer Pubertät am Leib hatte.
     
    Gewohnheitsmäßig reiße ich den Kühlschrank auf, nichts drin, außer der angebrochenen Dose Hering. Essen, auch so eine Gewohnheit, die man schwerlich einstellen kann. In der Tüte auf dem Tisch ist noch ein trockener Brotkeil, hinten im Gemüsefach klebt ein Tütchen Majo, fehlt zum vollendeten Gaumenschmeichler eine Prise Kräutersalz, das Dinner ist angerichtet, dazu ein alkoholfreies Bier. Ich schalte das vorsintflutliche Gerät auf zwei und es erklingt die vertraute Musik, dam da dam, da da dam da dam ...
     

8
     
    Krimi auf Rezept, für 60 Minuten den Sorgen von morgen entfliehen, entspannen, später vorm Schirm wegpennen, ins Bett schlappen ohne Licht und Gehirn noch einmal anzuschalten. ›.... und dann mit mir im Wald allein‹, bringen die Harmonists nun etwas leiser zu Ende, was sie vor einer Stunde euphorisch begonnen hatten. Ich werde jetzt konzentriert die Handlung verfolgen, meine Stulle kauen und zufrieden sein. Genau, guck dir den Schorsch an, so willst du doch wohl nicht enden, ergänzt Schwesterherz nun etwas einfühlsamer.
    Der Fernsehdetektiv schleicht gerade in einer finstren Halle umher, man ahnt es schon, gleich kriegt er wieder eine verbraten und Schnitt. Ein langer, dicker Gegenstand durchschneidet die Luft und landet auf seinem Hinterkopf. Der private Ermittler schneidet eine Fratze, sinkt schwer zu Boden, man sieht eine Schuhspitze sich nähern und Schnitt. Hach, ist das schön, wenn man noch nicht zu blöd ist, die Szenen vorauszusehen. Ist ja beinahe wie im richtigen Leben auf Familienfesten. Man weiß immer genau, welche Phrasen als nächstes die Münder verlassen und nichtssagend in kleinen Wellen die Atmosphäre vermüllen. Locationwechsel, fleißige Sekretärin in Kanzlei tippt, das Telefon klingelt, sie greift zum Hörer. Jetzt müsste es rein theoretisch aufhören zu klingeln. Tut es aber nicht, es verlangt weiterhin Aufmerksamkeit. Ich stelle fest, es ist mein eigenes.
    »Mööönsch, das hat aber lange gedauert«, röhrt es durch den Apparat.
    Es ist Freund Rudi. Ob ich morgen aushelfen kann, da Aaron unbedingt im Leimbachstadion auf der Ersatzbank dabei sein will. Wir unterhalten uns noch ein wenig über den Aufstieg des Siegener Clubs aus der Regionalliga Süd in die zweite Liga. Wäre ja der Hammer, wenn Siegen in der Rückrunde gegen den VfL Bochum auch noch gewinnen würde. ›Hand in Hand, von Sieg zu Sieg, Sportfreunde Siegen‹, stimmt Rudi an, bis er Kundschaft bekommt und der Fernsehdetektiv seitens der Rechtsanwaltskanzlei den offiziellen Auftrag, nach einem möglichen Alibi eines Hauptverdächtigen zu suchen. Er soll mal wieder die Arbeit der Polizei erledigen, stöhnt er, sich die Beule kühlend und frohlockend, da die Kohle winkt. Weil ich morgen Aarons Schicht übernehmen kann, sage ich zu und rechne meinen Lohn in Lebensmittel um. Rahmspinat mit Spiegelei für eine ganze Woche.
     
    Ich stehe inmitten eines Dschungels, einen Bundeswehrklappspaten in der Hand und schaufle ein tiefes Loch, über mir verdunkelt sich der Himmel, ich habe nur einen Gedanken im Kopf: Wo ist die Leiche und wen zum Teufel habe ich eigentlich umgebracht. Warum, das wusste ich noch, der Typ hat mich genervt bis zum Anschlag, da habe ich ihn eliminiert. Doch jetzt plagt mich das schlechte Gewissen. Ich will die Sache irgendwie in Ordnung bringen und grabe wie ein Besessener. Unten im Loch wird was erkennbar. Herzen aus Schokolade. Über mir beginnt es grün zu regnen, irgendwo da draußen schrillt eine Sirene, jetzt bollert es. Langsam dringt eine Stimme in mein Bewusstsein:
    »Heiner Himmel, Einschreiben. Ich habe ein Einschreiben für dich.« Die Stimme gehört Matthias Schnitzler, dem Briefträger. Ich rufe ein Ja-ich-komme-Moment. Mühsam rapple ich mich auf. Das ist ja ein Ding. Da träume ich einen Alptraum von vor zwei Wochen weiter. Ist Ihnen das schon mal passiert? Vor zwei Wochen erst hatte ich einen Kerl ermordet und heute mache ich mir Gedanken um den Verbleib der Leiche. Mein Kopf brummt, mein Magen knurrt. Aus den Augenwinkeln sehe ich den großen schwarzen Zeiger der Küchenuhr auf halb neun spazieren. Ist das früh.
    »Heiner Himmelarschundzwirn, siehst du übel aus. Hast du einen gemacht?«, fragt mich Matthias, rotwangig und gut gelaunt.
    »Ich trinke doch nicht mehr, Matthias Jägerschnitzel«, belehre ich ihn muffelig, um gleich anschließend ebenso schief zu grinsen wie er. Unser üblicher
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