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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wisjatsche in Moskau sprach.« Nurian schlürfte einen vollen Löffel heißer Nudeln und kaute darauf genüßlich an einem großen Stück Fleisch. »Und was hört da der gute Chlopkow? Schesjekin berichtet: ›Die Amerikaner haben uns entdeckt und zur Warnung drei Bomben geworfen. Ihre Flugzeuge überwachen unsere Einfahrt, umkreisen die neuen Versorgungsschiffe und funken an sie auf russisch: ‚Verlassen Sie das Gebiet! Geben Sie Ihre Nationalität bekannt. Argentinische und amerikanische U-Boote sind zu Ihnen unterwegs. Verlassen Sie sofort den Fjord und nehmen Sie Kurs aufs offene Meer!‘ Genosse General, ich bitte um Weisungen. Es kann jetzt zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen.‹ Und was hat Wisjatsche geantwortet? Na? ›Ruhe bewahren, Genosse Schesjekin. Keine unüberlegten Aktionen. Abwarten. Ich werde den Genossen Generalsekretär selbst informieren. Jede Entscheidung liegt jetzt bei dem Genossen Gorbatschow.‹ – ›Und die Gefangenen?‹ fragt Schesjekin zurück. ›Sie sollen doch auf die ‚Minsk‘ geschafft werden?‹ Und Wisjatsche sagt: ›Auch hier vorläufig keine Aktionen. Sie bleiben versteckt!‹ Nun, was sagt ihr? Ist das eine Nachricht zum Feiern?«
    »Wir bleiben … bleiben hier?« fragte Ljuba und sah zu Ric hinüber. Dann zuckte es plötzlich über ihr Gesicht, sie sprang auf, lief nackt, wie sie war, um den Tisch herum und fiel Henderson um den Hals, küßte sein Gesicht ab und rief auf englisch: »Wir bleiben hier! Hier! Wir kommen nicht auf das Schiff! Ric, die Amerikaner haben uns entdeckt! Sie haben Bomben auf uns geworfen!«
    Henderson starrte Nurian, den Überbringer dieses Wunders, an, warf dann die Arme um Ljubas zuckende Schultern und drückte sie an sich. Auch Virginia hatte sich an Jurij gelehnt und weinte plötzlich. Malenkow nagte an seiner Unterlippe; für ihn war das alles nur ein Aufschub. Die alte Taktik der Russen war es, Zeit zu gewinnen. Jeder Tag würde für sie arbeiten. Die Amerikaner hatten sie entdeckt, nun gut! Aber was änderte sich dadurch? Ein Vernichtungskrieg wegen vier Menschen? Gorbatschow und Reagan waren doch keine Idioten! Um Millionen zu retten, konnte man vier unwichtige Menschen vergessen. Darauf wartete Wisjatsche im Generalstab, damit rechnete Marschall Ogarkow, für den mächtigen Ligatschow war es sicher. Krieg wegen vier Mücken? Wer wollte das vor der Weltgeschichte verantworten?
    Malenkow legte wie schützend seine Arme um Virginia und blickte Nurian an, der mit vollen Backen kaute und die Nudeln schlürfte. »Gut wäre jetzt auch ein Wässerchen«, sagte er. »Bei einer großen Feier muß man anstoßen und einen Spruch hersagen.«
    »Was weißt du noch, Nurian?« fragte Malenkow ungerührt.
    »Ist das nicht genug?« Nurian hob beide Hände zu Ljuba hin und rollte mit den Augen. »Meine Liebe, der gute Jurij Adamowitsch begreift noch nicht, welch ein Tag heute ist!«
    »Ich begreife: Die Amerikaner bombardieren uns, und wir werden antworten.«
    »Nein! Nein! Moskau verbietet es!«
    »Dann sind wir schon tot.« Malenkow nickte mehrmals. »Recht hast du: Trinken wir Wodka, bis uns der Schlag trifft! Ein anständiger Tod wäre das. Ob in Sibirien oder hier im Eis, uns gibt es nicht mehr. So, wie es immer beschlossen war … Nurian, warum bist du so fröhlich? Warum lachst du die Wahrheit weg? Man kann die Wahrheit nicht betäuben, Nurian, man wacht immer wieder auf.«
    »Mein Kapitän ist ein Rindvieh – verzeihen Sie, Ljuba Alexandrowna.« Nurian fischte mit dem Löffel in der Terrine herum und angelte das letzte Stückchen Fleisch heraus. »Nichts läuft mehr in der ›Morgenröte‹! Kein U-Boot kommt herein, kein U-Boot schleicht sich hinaus. Die Amerikaner sehen es sofort, hören es sofort. Sie lauern vor der Tür wie hungrige Wölfe. Er aber begreift es nicht, begreift es einfach nicht. Genossen, wer holt denn endlich den Wodka?«
    In der Kommandantur saß Schesjekin bleich, dick und traurig in seinem Sessel, das Funktelefon neben sich, und wartete. Die Ohnmacht vor den Amerikanern, das befohlene Nichtstun, während die anderen Bomben warfen, erschütterte ihn und zernagte seine Seele. Nach seinem Willen wäre alles anders gelaufen. Die U-Boote wären getaucht und unter der Eisdecke weggeschlichen, nicht zu den Versorgungsschiffen, sondern in der entgegengesetzten Richtung unter das Packeis, und dort wären sie liegen geblieben, ganz ruhig, geschützt durch einen meterdicken Eispanzer, und keiner hätte sie orten können,
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