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Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde

Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde

Titel: Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
Autoren: Jo Clayton
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Sutireh-See. Lärm, Farben, Durcheinander. Kaufleute, umherwandernde Kapitäne, die aufgestapelte Waren inspizierten und laut brüllend oder kaum vernehmlich verhandelten. Träger, die unter riesigen Lasten daherschwankten und von besorgten Kunden weitergescheucht wurden. Und überall zerrten an ihr Krankheit, Schmerzen und Nöte. Schürfwunden. Tief versteckte Tumore. Syphilis und ähnliche Krankheiten. Verbrennungen. Schnittwunden. Faulende Zähne. Eiternde Geschwüre. Fieber. Fieber. Fieber–der Hauch der Sümpfe, der über die Stadt blies. Sie klammerte sich an das niedrige Schutzgeländer, war blind für das wirre Hin und Her um sie herum und für das widerliche, stinkende Wasser unter ihr. Sie versuchte den Zwang zu überwinden, der ihr alle Kraft zu entziehen drohte. In ihren Füßen wanden sich materielose Wurzeln, die gerne reale Gestalt angenommen hätten, um hinabzureichen ins kühle Herz der Erde.
    Jemand tippte ihr auf die Schulter. Blinzelnd und zitternd schaute sie sich um. Hern blickte mit einem Stirnrunzeln auf sie herab. Seine Lippen bewegten sich. Es dauerte einen Augenblick, ehe sie begriff, daß er mit ihr sprach. »...nicht in Ordnung?« fragt er.
    »Nimm mich in den Arm«, bat sie.
    »Deine Heilkraft?«
    »Ja.« Sie lehnte sich an ihn, und seine Stärke schirmte sie teilweise gegen den Zwang ab. Sie nahmen sich in die Arme. Nurii und Vapro schwangen sich über den Bootsrand. Aus einem Wassertaxi winkten sie ihr zu, setzten sich dann und ließen sich zum Strand rudern. Herns Arme spannten sich fester um Serroi. Einen kurzen Moment hätte sie am liebsten gelacht, denn sie begriff seine Erleichterung, die beiden nun von hinten zu sehen, auch wenn er sie nicht mehr darauf angesprochen hatte.
    Er murmelte in ihr Ohr: »Wie kann ich dir helfen?«
    »Bring mich über den Markt.« Mit einer raschen, alles umfassenden Geste wies sie auf die lärmende Menge am Ufer. »Irgendwohin, wo nicht so viele Menschen sind. Dann wird es mir wieder besser gehen.«
    »Bist du sicher? Du weißt, ich muß mich um ein Fahrzeug und Vorräte für die Überquerung des Dars kümmern.«
    »Zum Teufel. Ich bin mir überhaupt nicht sicher.«
    »Das klingt schon besser.« Hern lachte. »Dann schwing dich über Bord. Du kannst rudern. Ich werde mich gemütlich hinsetzen und dir zuschauen.«
    »Das könnte dir so passen.«
    »Dann sollten wir lieber ein Taxi nehmen.« Er hob sie über das Geländer in die Fähre neben der
Mondelfe
und trieb den Fährmann zur Arbeit an.
     
    Das Dar erstreckte sich vom Horizont in alle Richtungen. Es war eine weite Fläche seichten Wassers, das aufgewühlt durch den anhaltenden Wind grell funkelte. Gelegentlich wurde es von fedrigen Schilfarten unterbrochen, in die sich blaublühende Kletterpflanzen rankten. Tagein, tagaus immer dasselbe. Tagein, tagaus blies der Wind und trieb das Doppelrumpfboot auf die Bergkette im Südwesten zu, die jedoch noch nicht in Sichtweite war. Zur Zeit der Dämmerung stiegen Schwärme kleiner schwarzer Stechmücken auf, ähnlich wie die Staubteufel im Ödland. Hern und Serroi bedeuteten frisches Blut für sie, zarte Delikatessen, für die sie aus allen Richtungen angeschwärmt kamen. Zuerst versuchten die beiden, grünes Schilf zu verbrennen. Doch anstatt die Mücken zu vertreiben, schienen die stickigen, schwarzen Wolken noch mehr von ihnen anzulocken. Dann wollten sie über Bord hüpfen und die schlimmsten Zeiten des Tages im Wasser zubringen, doch auch im Wasser lebten Schmarotzer, kleine, runde Blutegel in der Größe von Herns Daumennagel, Bohrwürmer, die sich innerhalb von Sekunden ins Fleisch gruben. Serroi brauchte über eine Stunde, um sie aus ihrer und Herns Haut zu entfernen. Neun Tage nach ihrer Abfahrt von Niederyallor verfiel Serroi zuerst in intensives Brüten, hörte dann auf nachzudenken und begann sich auf die neuen Kräfte zu verlassen, die in ihr wirkten. Sie sank in Trance. Die Stechmücken krochen über sie hinweg, schlüpften ihr in Augen, Nase, Ohren, an den Beinen entlang und in jede Körperöffnung, die sie finden konnten.
     
    Sie weiß, was geschieht, aber es berührt sie nicht.
    Sie sieht, wie Hern sie anstarrt. Er legt sich auf das schmale Deck zwischen den beiden Schiffsrümpfen, streckt die Hand aus und wedelt ihr die Mücken vom Gesicht. Sie erwägt, ihm zu sagen, daß es ihr gut geht und er sich um sie keine Sorgen machen muß, doch sie läßt den Impuls verfliegen.
    Die Sonne steigt am Himmel, bis sie zwei Handbreit über dem
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