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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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läuft so ab, dass man seinem Berater sagt, welche Ziele man hat, und der Lebensberater unterstützt/nervt einen dann so lange, bis man die genannten Ziele erreicht hat oder (was wahrscheinlicher ist) zu einer anderen Art der Therapie übergeht. Eines der Ziele meiner Mutter war es gewesen, Mr. Rogers kennenzulernen - na ja, nicht speziell Mr. Rogers, und im Nachhinein ganz sicher nicht Mr. Rogers; das Ziel lautete, einen Partner zu finden -, und mit Hildas Hilfe (oder Einmischung) war dies recht bald erreicht worden.
    Während meine Mutter unterwegs war, teilte Gillian mir mit, was sie erfahren hatte. Anscheinend hatte Mr. Rogers die Scheck- und Kreditkarten meiner Mutter gestohlen oder sich zumindest«geborgt», als sie auf ihrem ehelichen Lager schlummerte, und damit irgendwie 3000 Dollar abgehoben, die er samt und sonders in den wenigen kurzen Morgenstunden erfolgreich verspielte. (Als sie später ihre Kreditkartenrechnung bekam, sah meine Mutter, dass er auch noch ein paar Stripperinnen - die auf der Rechnung ganz diskret unter dem Posten«Persönliche Unterhaltung»ausgewiesen wurden - bezahlt und sich einen tragbaren Humidor für 1500 Dollar, Zigarren im Wert von 800 Dollar sowie ein Dutzend Paar Kaschmirsocken gekauft hatte.)
    Als meine Mutter von ihrem Gipfeltreffen mit Hilda Temple zurückkehrte, war ich in meinem Zimmer. Gillian war nach Uptown gefahren, um sich mit Herrn Schultz zu treffen. Ich konnte hören, wie meine Mutter eine Zeit lang im Wohnzimmer mit Miró sprach. Ich war schon immer etwas eifersüchtig darauf gewesen, wie viel meine Mutter mit dem Hund spricht. Im Grunde glaube ich, dass wir alle mehr mit Miró sprechen als miteinander. Dann hörte ich, wie sie über den Flur ging. Ich saß an meinem Schreibtisch und sah mir im Internet Häuser an, die in kleinen Städtchen im Mittleren Westen zum Verkauf standen. Es ist erstaunlich, was man in einem Staat wie Nebraska für 100 000 Dollar bekommt. Ich hörte, wie meine Mutter in der Tür zu meinem Zimmer stehen blieb, aber ich schaute nicht auf.
    «Du bist ja zu Hause», sagte sie.
    Da diese Tatsache offen zutage lag, sah ich keinen Grund, sie zu bestätigen oder zu leugnen.
    «Ich dachte, du wärst vielleicht unterwegs», sagte sie.«Solltest du nicht unterwegs sein?»
    «Wo denn?»
    «Ich weiß auch nicht: irgendwo. Auf einer Party oder so. Im Kino. Du bist achtzehn, und es ist Freitagabend.»
    «Donnerstagabend.»
    «Wie auch immer», sagte sie.«Auf jeden Fall solltest du unterwegs sein. Ich mache mir Sorgen um dich. Was machst du gerade?»
    «Ich sehe mir Häuser an.»
    «Häuser? Was für Häuser?»
    «Häuser zum Kaufen.»
    «Ist das nicht eine ziemlich komische Beschäftigung? Ich wusste gar nicht, dass du dir ein Haus kaufen willst.»
    «Will ich nicht», sagte ich.«Ich sehe sie mir nur an.»
    Einen Augenblick lang stand sie einfach so da.
    Ich drehte mich um.«Was tust du da?», fragte ich.
    «Ich sehe dich nur an», sagte sie.«Noch bevor ich es richtig begriffen habe, wirst du schon weg sein.»
    Ich soll diesen Herbst auf die Brown University in Rhode Island gehen. Na ja, eigentlich sogar schon nächsten Monat: Ende August findet da irgend so eine schreckliche Einführung für die Studienanfänger statt. Mir graut schon davor.
    Meine Mutter setzte sich auf mein Bett.
    «Tut mir leid, das mit Mr. Rogers», sagte ich.«Gillian hat mir erzählt, was passiert ist.»
    Meine Mutter schwieg.
    «Was hat Hilda denn dazu gesagt?», fragte ich.
    Sie schaute mich an und rieb sich die Augen. Sie sah müde und alt aus, auf eine Weise, wie sie noch nie müde und alt ausgesehen hatte.«Ich möchte lieber nicht über Mr. Rogers reden», sagte sie.
    «Ist gut», sagte ich.«Auf jeden Fall tut es mir leid.»
    Meine Mutter streckte die Hand aus und wischte mir sacht über die Wange, als hätte ich da einen Fleck oder so was, aber ich wusste, dass es nur ein Vorwand war, um mich zu berühren.«Ich bin so müde», sagte sie.«Ich glaube, ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht so müde gewesen.»
    «Dann solltest du schlafen gehen.»
    Statt zu antworten, legte meine Mutter sich auf mein Bett. Ich wandte mich wieder dem Computer zu. Ich sah mir gerade ein Haus in Roseville, Kansas, an. Es war wunderschön. Ein altes Haus aus Stein mit Giebeln und einem Speisenaufzug, und es hatte noch die originalen Porzellanbadewannen mit Klauenfüßen. Es hatte eine Vorratskammer und eine Veranda mit einem abgetrennten Schlafbereich. Der Keller aus Stein hatte einst
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