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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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in den Geschirrspüler zu stellen, was natürlich nicht ganz einfach war, da der Geschirrspüler schon voll mit (schmutzigem) Geschirr war.
    «Was ist passiert?», fragte Gillian.
    «Was passiert ist?»
    «Ja», sagte Gillian.«Wieso bist du zu Hause? Wo ist Mr. Rogers?»Sowohl meine Schwester als auch ich nannten den neuen Mann meiner Mutter lieber beim Nachnamen, auch wenn wir wiederholt gedrängt worden waren, Barry zu ihm zu sagen.
    «Ich weiß nicht, wo dieser Mann steckt, und ich will es auch gar nicht wissen», sagte meine Mutter.«Ich hoffe, dass ich Barry in meinem ganzen Leben nie mehr wieder sehe.»
    «Nun, besser, du merkst das jetzt», sagte Gillian.«Obwohl ich annehme, es wäre noch besser gewesen, du hättest das gemerkt, bevor du ihn geheiratet hast. Oder bevor du eingewilligt hast, ihn zu heiraten. Oder bevor du ihn kennengelernt hast.»
    «Gillian!», sagte meine Mutter.«Bitte.»
    «Es heißt G illian», sagte Gillian.
    «Was?», fragte meine Mutter.
    «Ich heiße G illian», sagte Gillian.«Mein Name ist lang genug falsch ausgesprochen worden. Ich habe beschlossen, von nun an nur noch auf G illian zu hören. Rainer Maria sagt, wenn man einem Kind einen Namen gibt und diesen Namen dann falsch ausspricht, ist das eine subtile und heimtückische Form der Kindesmisshandlung.»
    «Das ist nicht meine Art. Wenn ich dich misshandeln wollte, dann ganz sicher nicht subtil oder heimtückisch.»Meine Mutter sah mich an.«Und du», sagte sie,«wieso bist du nicht in der Galerie?»
    «John braucht mich heute nicht», sagte ich.
    «Darum geht es nicht», sagte meine Mutter.«John braucht dich nie. Du gehst da nicht hin, weil du gebraucht wirst. Du gehst da hin, weil ich dich dafür bezahle, dass du da hingehst, damit du einen Ferienjob hast und den Wert eines Dollars kennenlernst und weißt, was Verantwortung ist.»
    «Ich gehe morgen hin», sagte ich.
    Meine Mutter saß am Tisch. Sie nahm Gillian das halb gelöste Kreuzworträtsel weg.«Bitte räum den Teller ab», sagte sie zu mir.«Es gibt nichts Widerlicheres als einen Teller, von dem jemand ein Rühreisandwich gegessen hat.»Meine Mutter achtet sehr darauf, was die Leute in ihrer Umgebung essen. Sie erträgt es nicht mitanzusehen, wie jemand eine Banane isst, die vorher nicht komplett geschält und in appetitliche Häppchen zerteilt wurde.
    Ich stand auf, wusch den Teller kurz ab und stellte ihn in den Geschirrspüler. Ich füllte Spülmittel ein und startete die Maschine. Keiner sagte etwas, denn es war klar, dass ich mich damit nur einschmeicheln wollte, doch es schien besänftigend auf meine Mutter zu wirken: Sie seufzte und legte den Kopf auf die Arme, die sie vor sich auf dem Tisch gekreuzt hatte.
    «Was ist passiert?», fragte Gillian.
    Meine Mutter antwortete nicht. Ich sah, dass sie weinte. Gillian stand auf und trat hinter sie, beugte sich hinab und umarmte sie und hielt sie fest, während sie schluchzte.
     
    Ich ging den Flur hinunter ins Wohnzimmer und rief John in Amagansett an. Eine Frau hob ab.«Hallo?», sagte sie.
    «Hallo. Ist John Webster da?»
    «Wer spricht denn dort?», fragte die Frau in einem feindseligen und herausfordernden Ton, der zweifellos die Werbeanrufer abschrecken sollte.
    «Hier spricht Bryce Canyon», sagte ich. Ich gebe nie meinen richtigen Namen an, wenn jemand wissen will,«wer denn dort spricht». Es sollte heißen:«Mit wem spreche ich bitte?»oder«Darf ich Ihren Namen erfahren?»
    «Er ist gerade nicht da, Mr. Canyon. Kann ich ihm etwas ausrichten?»
    «Ja», sagte ich.«Das können Sie. Bitte sagen Sie Mr. Webster, dass Marjorie Dunfour unerwartet aus den Flitterwochen zurückgekehrt ist und dass Mr. Webster, sollte ihm etwas an seinem Broterwerb liegen, zurück in die Stadt kommen sollte, und zwar postwendend.»
    «Post was?», fragte die Frau.
    «Wendend», sagte ich.«Postwendend. Ohne Verzögerung. Sofort.»
    «Vielleicht sollten Sie besser selbst mit ihm sprechen.»
    «Ich dachte, er wäre nicht da?»
    «Er war nicht da», sagte die Frau,«aber da kommt er gerade. »
    Einen Moment später sagte John:«Hallo.»
    «John, ich bin’s», sagte ich.
    «James», sagte er.«Was gibt’s?»
    «Meine Mutter ist wieder da», sagte ich.«Sie ist eben angekommen. Ich dachte, das würdest du vielleicht gern wissen. »
    «Ach, du Scheiße», sagte er.«Was ist passiert?»
    «Ich weiß nicht genau», sagte ich,«aber Mr. Rogers ist wohl Geschichte.»
    «Ach, die Arme», sagte John.«So bald schon. Na ja, wahrscheinlich
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