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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben
Autoren: Peter James
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den noch dringender benötigten Schlaf holen.
    Da klingelte das Telefon in seinem winzigen Büro gegenüber der Rezeption. »Carlo«, meldete er sich.
    Es war Daniela de Rosa, die Hausdame, die ebenfalls Italienerin war und aus Mailand stammte. Ein Zimmermädchen machte sich Sorgen wegen Zimmer 547. Es war 13.30 Uhr, und das Zimmer hätte seit einer halben Stunde geräumt sein müssen, doch an der Tür hing noch immer das Bitte nicht stören- Schild.Sie hatte mehrfach geklopft, doch keine Antwort erhalten, und auch das Telefon wurde nicht abgehoben.
    Carlo gähnte. Vermutlich schlief jemand seinen Rausch aus. Der Glückliche. Er schaute im Computer nach, wer das Zimmer gebucht hatte. Eine Mrs Marsha Morris. Er wählte die Nummer und hörte, wie es klingelte. Niemand meldete sich. Er rief Daniela de Rosa zurück. »Na schön«, sagte er geschafft. »Ich komme rauf.«
    Fünf Minuten später stieg er im fünften Stock aus dem Aufzug und ging zu dem Zimmer, wo die Hausdame an die Tür hämmerte. Keine Antwort. Er klopfte selbst. Wartete. Dann öffnete er die Tür mit dem Generalschlüssel und trat ein. »Hallo«, sagte er leise.
    Die schweren Vorhänge waren noch zugezogen, doch im Halbdunkel konnte er eine Gestalt auf dem breiten Bett erkennen. »Hallo«, wiederholte er. »Guten Morgen!«
    Im Bett bewegte sich etwas ganz schwach. »Hallo«, sagte er ein drittes Mal. »Guten Morgen, Mrs Morris. Frohes neues Jahr!«
    Keine Antwort. Nur eine leichte Bewegung.
    Er tastete nach den Lichtschaltern und drückte einen. Mehrere Lampen gingen an, und vor ihm lag eine nackte Frau mit gespreizten Beinen auf dem Bett. Ihre Arme und Beine waren ausgestreckt wie bei einer Gekreuzigten und mit weißen Kordeln gefesselt. Als Carlo nähertrat, begriff er auch, weshalb sie nicht reagierte. Ein Gästehandtuch steckte in ihrem Mund und war auf beiden Seiten mit Klebeband befestigt.
    »Oh, mein Gott!«, schrie die Hausdame.
    Carlo Diomei eilte zum Bett. War das ein ausgefallenes Sexspiel? Lauerte ihr Ehemann oder Freund etwa noch im Badezimmer? Die Frau schaute ihn verzweifelt an.
    Er stürzte ins Bad, doch es war leer. Er hatte schon viele sonderbare Dinge in Hotelzimmern erlebt, doch zum ersten Mal in seiner Karriere war er unsicher, was er als Nächstes tun sollte. Sein übermüdetes Gehirn suchte fieberhaft nach einem Sinn für das Bild, das sich ihm bot, was ihm aber nicht gelang. Hatte er sie bei einem verrückten Sexspiel unterbrochen? Oder steckte etwas anderes dahinter?
    Die Frau schaute ihn aus verängstigten Augen an. Es war ihm peinlich, ihren nackten Körper anzusehen. Er zwang sich näherzutreten und wollte das Klebeband entfernen. Doch beim ersten vorsichtigen Ziehen schlug die Frau heftig mit dem Kopf hin und her. Es tat offensichtlich weh. Egal, er musste es entfernen, so viel war sicher. Er musste mit ihr sprechen. Also zog er es so sanft wie möglich von der Haut, bis er das Handtuch aus ihrem Mund entfernen konnte.
    Sofort begann die Frau rückhaltlos zu schluchzen.

8
Jetzt
Donnerstag, 1. Januar
    Es war lange her, dass Roy Grace sich an einem Neujahrstag so gut gefühlt hatte. Solange er denken konnte, hatte das neue Jahr, sofern er nicht gerade Dienst hatte, immer mit hämmernden Kopfschmerzen und einer niederschmetternden Weltuntergangsstimmung begonnen, die seine Kater gewöhnlich begleiteten.
    An den Silvesterabenden nach Sandys Verschwinden hatten ihn seine Freunde Dick und Lesley Pope zum Feiern gezwungen, und er hatte noch mehr getrunken als früher. Er hatte begonnen, das Fest zu hassen, als hätte Sandy ihm ihre Abneigung vermacht.
    Dieser Silvesterabend war jedoch völlig anders gewesen. Es war das nüchternste und erfreulichste Silvester seines Lebens gewesen.
    Cleo liebte es, den Beginn des neuen Jahres zu feiern, obwohl sie wegen ihrer Schwangerschaft nicht trinken konnte. Das war ihm egal gewesen. Er wollte einfach nur mit ihr zusammen sein und nicht nur das kommende Jahr, sondern auch ihre gemeinsame Zukunft feiern.
    Und insgeheim hatte er auch gefeiert, dass seine reizbare Chefin Alison Vosper nicht mehr da sein würde, um ihm fast täglich die Stimmung zu versauen. Er freute sich auf die erste Begegnung mit seinem neuen Boss Peter Rigg am Montag.
    Bisher hatte er nur erfahren, dass der Mann detailversessen war, gern selbst Hand anlegte und keine Idioten duldete.
    Zu seiner Erleichterung war es ein ruhiger Morgen in der Kripozentrale in Sussex House gewesen. Er hatte in aller Ruhe seinen Papierkram
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