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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben
Autoren: Peter James
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zwei Gehwegplatten verfing. Sie spielte flüchtig mit dem Gedanken, sie auszuziehen, aber es war ja nicht mehr weit. Also stolperte sie weiter.
    Wind und Regen hatten sie ein bisschen ausgenüchtert, aber sie war noch immer zu betrunken und zugekokst, um sich darüber zu wundern, dass nur wenige Schritte vor ihr ein Mann mit Baseballkappe um kurz vor drei am Weihnachtsmorgen versuchte, einen Kühlschrank aus einem Lieferwagen zu zerren.
    Er hatte ihn halb auf der Straße, und sie sah, wie er sich mit dem Gewicht abmühte, als er plötzlich vor Schmerz aufschrie.
    »Mein Rücken! Meine Bandscheibe! Oh, Jesus!«
    Rachel war ein netter Mensch, und sie ging auf ihn zu.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Es waren die letzten Worte, an die sie sich erinnern konnte.
    Sie wurde nach vorn geschleudert, etwas Feuchtes klatschte auf ihr Gesicht. Ein scharfer, beißender Geruch stieg ihr in die Nase.
    Dann nichts mehr.

2
Jetzt
Mittwoch, 31. Dezember
    Jak sprach in das Metallding an der hohen Ziegelmauer. »Taxi!«, sagte er.
    Dann öffneten sich die schwarz gestrichenen, eleganten schmiedeeisernen Tore mit den goldenen Spitzen. Er stieg in seinen weiß-türkisfarbenen Kombi und fuhr eine kurze, gewundene Einfahrt hinauf. Auf beiden Seiten wuchsen Büsche, welche, wusste er nicht. In seiner Ausbildung war er noch nicht bis zu den Büschen gelangt. Erst zu den Bäumen.
    Jak war zweiundvierzig. Er trug einen Anzug mit ordentlich gebügeltem Hemd und sorgfältig ausgewählter Krawatte. Bei der Arbeit kleidete er sich gut. Er war immer rasiert, kämmte sein kurzes schwarzes Haar nach vorn in die Stirn und rollte Deodorant unter seine Achselhöhlen. Er wusste, dass es wichtig war, gut zu riechen. Er überprüfte immer Finger- und Zehennägel, bevor er zur Arbeit ging. Er zog immer seine Uhr auf. Er schaute immer nach, ob er Nachrichten in der Mailbox hatte. Aber er hatte nur vier Nummern gespeichert, und nur drei Leute kannten seine Nummer, so dass er selten Nachrichten erhielt.
    Er warf einen Blick auf die Uhr im Armaturenbrett. 18.30 Uhr. Gut. Noch dreißig Minuten, bevor er einen Tee brauchte. Viel Zeit. Die Thermoskanne lag neben ihm auf dem Beifahrersitz.
    Die Einfahrt endete in einem runden Vorplatz, in dessen Mitte ein grün beleuchteter Springbrunnen von einer niedrigen Mauer eingefasst wurde. Jak steuerte vorsichtig um ihn herum, vorbei an einer Vierfachgarage und hielt vor den Stufen am Eingang. Die Tür war groß und sah wichtig aus. Sie war verschlossen.
    Er wurde unruhig. Er mochte es nicht, wenn er auf die Fahrgäste warten musste, denn er wusste nie, wie lange es dauern würde. Und er hatte so viele Entscheidungen zu treffen.
    Ob er den Motor ausschalten sollte. Und wenn er das tat, ob er auch das Licht ausschalten sollte. Doch bevor er den Motor ausschaltete, musste er erst etwas überprüfen. Tankanzeige. Dreiviertel voll. Öl. Öldruck normal. Temperatur. Die Temperatur war gut. In diesem Taxi musste man an so vieles denken. Auch daran, den Taxameter einzuschalten, wenn die Leute nach fünf Minuten nicht herauskamen. Am wichtigsten aber war es, pünktlich jede volle Stunde einen Tee zu trinken. Er schaute nach, ob die Thermoskanne noch da war. Ja.
    Eigentlich war es gar nicht sein Taxi, es gehörte einem Bekannten. Jak war sozusagen Fahrergeselle. Er fuhr in den Stunden, in denen der Besitzer nicht fahren wollte. Meistens nachts. Manche Nächte waren länger als andere. Heute war Silvester. Das würde eine lange Nacht, und er hatte früh angefangen. Aber das war Jak egal. Die Nacht war gut. Kaum anders als der Tag, nur dunkler.
    Jetzt ging die Haustür auf. Er holte tief Luft, wie sein Therapeut es ihm beigebracht hatte. Eigentlich mochte er es nicht, wenn Fahrgäste ins Taxi stiegen und in seine Privatsphäre eindrangen – außer sie trugen schöne Schuhe. Aber er musste sie erdulden, bis er sie an ihrem Ziel abgeliefert hatte und wieder frei sein konnte.
    Sie kamen jetzt heraus. Der Mann war groß, schlank, mit zurückgekämmtem Haar, Smoking mit Fliege, Mantel über dem Arm. Sie trug eine pelzig aussehende Jacke, das rote Haar schön frisiert, es floss um ihren Kopf. Sie sah sehr gut aus, wie die berühmten Schauspielerinnen in den Zeitungen, die die Leute im Taxi vergaßen, oder wie im Fernsehen, wenn Stars bei Filmpremieren auftraten.
    Doch er schaute vor allem auf ihre Schuhe. Schwarzes Wildleder, drei Riemchen am Knöchel, hohe Absätze mit schimmerndem Metall an den Kanten der Sohlen.
    »Guten Abend«, sagte der
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