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Du sollst nicht sterben

Titel: Du sollst nicht sterben
Autoren: Peter James
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Ihnen? Hier spricht Peter Rigg.«
    Scheiße, dachte Grace.
    »Sir, wie schön, von Ihnen – hm – zu hören. Ich dachte, Sie beginnen erst am Montag, Sir.«
    »Gibt es da irgendein Problem?«
    Oh, Mann, dachte Grace. Das neue Jahr ist kaum zwölf Stunden alt, und schon haben wir das erste ernsthafte Verbrechen. Und der neue ACC hat noch nicht mal seinen Dienst angetreten und ist schon sauer auf mich.
    Er spürte E-Js Blick. Sicher hatte sie die Ohren gespitzt. »Nein, Sir, absolut nicht, der Augenblick ist sogar sehr günstig. Wie es aussieht, haben wir den ersten kritischen Zwischenfall in diesem Jahr. Es ist noch zu früh, um ein Urteil abzugeben, aber wir müssen möglicherweise mit unerwünschter Medienpräsenz rechnen.« Grace machte seiner Kollegin ein Zeichen, und sie verließ diskret den Raum.
    Danach erklärte er seinem Chef, was geschehen war. Zum Glück gab sich der neue ACC danach freundlicher. Als Grace fertig war, sagte Rigg: »Ich nehme an, Sie fahren selbst hin.«
    Roy zögerte. Angesichts des hochspezialisierten und fähigen Teams in Crawley bestand eigentlich keine Notwendigkeit, und er konnte seine Zeit im Büro sehr viel besser nutzen. Er würde den Papierkram aufarbeiten und sich übers Telefon informieren. Allerdings hatte er das Gefühl, dass sich der neue ACC eine andere Antwort wünschte. »Ja, Sir, ich bin schon unterwegs.«
    »Gut, halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Als Grace einhängte, ging die Tür auf und gab den Blick auf das mürrische Gesicht und den rasierten Kopf von Detective Sergeant Glenn Branson frei. Seine Augen wirkten müde und trüb. Sie sahen aus wie die Augen der Fische in der Auslage des Fischhändlers, die er laut Cleo nicht kaufen sollte, weil sie nicht mehr frisch waren.
    »Hallo, Oldtimer«, sagte Branson. »Meinst du, das Jahr wird weniger beschissen als das letzte?«
    »Nie und nimmer!«, sagte Grace. »Mit dieser Tatsache müssen wir einfach leben!«
    »Du hast ja in vollen Zügen Optimismus getankt«, sagte Branson und ließ seine gewaltige Gestalt auf den Besucherstuhl sinken. Sogar sein brauner Anzug, die schrille Krawatte und das cremefarbene Hemd wirkten müde und verknittert, als hätten auch sie zu lange in der Auslage gelegen. Grace machte sich Sorgen um seinen Freund.
    Normalerweise kleidete Glenn Branson sich überaus elegant, doch das Scheitern seiner Ehe hatte in den letzten Monaten tiefe Spuren hinterlassen.
    »Für mich war es nicht das beste Jahr. Erst wurde ich angeschossen und kurz vor Ende hat mich meine Frau rausgeworfen.«
    »Sieh es doch mal positiv. Du bist nicht gestorben und darfst dafür meine Plattensammlung ruinieren.«
    »Danke vielmals.«
    »Lust auf eine kleine Fahrt?«
    Branson zuckte mit den Schultern. »Eine Fahrt? Klar. Wohin?«
    Das Funkgerät meldete sich.
    »Das könnte wichtig sein, Roy«, meldete sich David Alcorn. »Anscheinend fehlen einige Kleidungsstücke des Opfers. Sieht so aus, als hätte der Täter sie mitgenommen. Vor allem die Schuhe.« Er zögerte. »Ich glaube, wir hatten vor ein paar Jahren schon mal mit dieser Masche zu tun, oder?«
    »Ja, aber der nahm immer nur einen Schuh und die Unterwäsche mit«, erwiderte Grace. »Was fehlt sonst noch?«
    »Wir konnten bis jetzt nicht viel aus der Frau herausbekommen. Sie steht völlig unter Schock.«
    Kein Wunder, dachte er grimmig. Seine Augen wanderten zu dem blauen Karton auf dem Boden, der die Akte des Schuh-Diebs enthielt, und er überlegte.
    Es war zwölf Jahre her. Hoffentlich war das nur ein Zufall.
    Dennoch überlief ihn ein winterlich kalter Schauer.

9
Donnerstag, 25. Dezember 1997
    Sie bewegten sich. Fuhren irgendwohin. Rachael Ryan konnte das stete, dumpfe Dröhnen des Auspuffs hören und atmete die Dämpfe ein. Sie konnte das Zischen der Reifen auf der nassen Straße hören. Sie spürte jedes Schlagloch, während sie gefesselt auf den Säcken lag und sich weder bewegen noch sprechen konnte. Sie sah nur seine Baseballkappe im Fenster der Fahrerkabine und die Ohren, die an der Seite herausragten.
    Sie war vor Kälte und Entsetzen wie erstarrt. Mund und Kehle waren wie ausgedörrt, und ihr Kopf schmerzte furchtbar von den Schlägen. Ihr ganzer Körper tat weh. Ihr war übel vor Ekel, sie fühlte sich schmutzig und sehnte sich nach einer Dusche, nach heißem Wasser, Seife, Shampoo. Sie hätte sich am liebsten von innen und außen gewaschen.
    Der Lieferwagen bog um eine Ecke. Sie konnte Tageslicht sehen. Graues Tageslicht. Der Weihnachtsmorgen. Eigentlich
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