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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal
Autoren: Ian Fleming
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Mann seine Sorgen vergessen. Aber können Sie sich nicht etwas einfallen lassen, das geradezu auf den Nägeln brennt? Wenn ja, dann schicken Sie ihn los. Es bringt ihn vielleicht wieder auf die Beine. Auf jeden Fall
    - geben Sie ihm die Chance. Einverstanden?«
    Das drängende Klingeln des roten Telefons, das wochenlang stumm geblieben war, riß Mary Goodnight förmlich von ihrem Stuhl an der Schreibmaschine hoch. Sie rannte ins Nebenzimmer, wartete einen Augenblick, bis sie wieder richtig atmen konnte, und hob dann den Hörer auf, als sei er eine Klapperschlange.
    »Ja, Sir! - Nein, Sir. Hier spricht seine Sekretärin.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Es ist sehr ungewöhnlich, Sir. Er wird bestimmt in den nächsten Minuten hier sein. Soll ich ihm sagen, daß er Sie anrufen soll, Sir? - Ja, Sir!« Sie legte den Hörer auf die Gabel zurück. Sie merkte, daß ihre Hand zitterte. Zum Teufel mit diesem Mann! Wo konnte er nur stecken? Laut sagte sie: »James, beeile dich!« Unglücklich ging sie in ihr Zimmer zurück und setzte sich wieder vor die leere
    Schreibmaschine. Sie starrte die Tasten an, ohne sie zu sehen, und dachte mit ihrer ganzen telepathischen Kraft: »James! James! M. möchte dich sprechen! M. möchte dich sprechen! M. möchte dich sprechen!« Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Sein Syncraphon! Vielleicht hatte er es dieses eine Mal doch nicht vergessen! Sie rannte in sein Zimmer zurück und riß die oberste Schublade seines Schreibtisches auf. Nein! Da lag er, der kleine Plastikempfänger, über den die Telefonzentrale ihm signalisieren konnte, sofort zum nächsten Telefon zu gehen und zurückzurufen. Alle hohen Beamten im Hauptquartier waren verpflichtet, dieses kleine Gerät bei sich zu tragen, sobald sie das Gebäude verließen. Aber seit Wochen hatte Bond versäumt, es mitzunehmen; noch schlimmer, er hatte sich überhaupt nicht darum gekümmert. Sie nahm das Gerät heraus und warf es mitten auf seinen Schreibtisch. »Der Teufel soll dich holen! Der Teufel soll dich holen!« sagte sie laut und ging in ihr Zimmer zurück.
    Drei Uhr dreißig. Nur noch zwei Stunden bis zum nächsten Whisky . . . Bond schlenderte gemächlich auf das hohe graue Gebäude zu. Der Liftführer, dessen rechter Armstumpf auf dem Bedienungshebel lag, sagte: »Ihre Sekretärin ist ziemlich aus dem Häuschen, Sir. Hat schon überall nach Ihnen gefragt.«
    »Danke, Sergeant.«
    Das gleiche bekam er zu hören, als er im fünften Stock ausstieg und dem Posten seinen Paß zeigte. Ohne Eile lief er durch den stillen Gang auf die Zimmerflucht am Ende zu, deren Eingangstür die Doppelnull trug. Er öffnete sie und ging zur Tür mit der Aufschrift 007. Er schloß sie hinter sich. Mary Goodnight sah zu ihm auf und sagte ruhig: »M. möchte Sie sprechen. Er hat vor einer halben Stunde angerufen.«
    »Wer ist M.?«
    Mary Goodnight sprang auf, ihre Augen sprühten. »Himmel noch mal, James, hören Sie damit auf! Ihre Krawatte sitzt schief.« Sie kam auf ihn zu, und folgsam ließ er sich die Krawatte geradeziehen. »Und Ihr Haar ist ganz strubbelig. Hier, nehmen Sie meinen Kamm.« Bond nahm den Kamm und fuhr sich damit geistesabwesend durchs Haar. »Sie sind ein braves Mädchen, Goodnight«, sagte er und strich sich übers Kinn. »Sie haben wohl nicht zufällig Ihren Rasierapparat dabei? Ich muß schließlich auf dem Schafott einen guten Eindruck hinterlassen.«
    »Bitte, James!« Ihre Augen glänzten. »Gehen Sie zu ihm. Er hat seit Wochen nicht mehr mit Ihnen gesprochen. Vielleicht hat er etwas Wichtiges, etwas Aufregendes.« Sie versuchte verzweifelt, ihre Stimme aufmunternd klingen zu lassen.
    »Der Beginn eines neuen Lebens ist immer aufregend. Und wer hat schon
    Angst vor dem großen alten M.? Werden Sie mitkommen und mir auf meiner Hühnerfarm helfen?«
    Sie wandte sich ab und bedeckte das Gesicht mit beiden Händen. Er klopfte ihr zerstreut auf die Schulter, ging in sein Büro und nahm den Hörer des roten Telefons ab.
    »Hier 007, Sir. - Tut mir leid, Sir. Ich mußte zum Zahnarzt. - Ich weiß, Sir. Es tut mir auch leid. Ich hab’s im Schreibtisch liegenlassen. - Ja, Sir.«
    Langsam legte er den Hörer auf die Gabel zurück. Er sah sich wie abschiednehmend in seinem Büro um, ging dann hinaus und den langen Gang hinunter und fuhr mit dem Lift hinauf. Miss Monneypenny sah ihn mit kaum verhohlener Feindseligkeit an. »Sie können hineingehen.«
    Bonds Körper straffte sich. Er sah auf die gepolsterte Tür, hinter der schon so
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