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„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

Titel: „Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
Autoren: Klaus Gunschmann
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Zuhälterschleuder? Kennt Ihr das? Wenn es einem so ganz schnell heiß und kalt wird, heiß, kalt, heiß, kalt und dir klar wird, dass du keine Chance mehr hast und der Nächste bist, und dein ganzes Leben an dir vorüberzieht, deine lustige Kindheit in Schwarz-Weiß, in der du den ganzen Sommer in der Badehose rumgehopst bist, dann die Farbbilder deines ersten Urlaubs in Kroatien mit den Kumpels und der verschwommene Film von der hübschen Julia, die im East Side die Garderobe machte und in der Früh nach einer geilen Nacht im Bett aussah wie Miss Marple bei der Morgenwäsche, ja, das hatten wir alle schon oft in Filmen gesehen, wenn es kurz vor knapp war. Bitte, bitte nicht den worst case , keine Gruselstorys über abgehackte Körperteile oder den Super-Profi-Auftragskiller aus Nowosibirsk, der sich innerhalb von Minuten in die verschiedensten Personen deiner Wahl verwandeln konnte. »Er ist weg«, zischte Bernd trocken, »Bubi Bugatti ist weg.« Warum wunderte es mich eigentlich nicht, dass der Typ einen solch dämlichen Namen hatte?
    Bubi war ein Kickboxchampion aus Österreich, der sich auf der Reeperbahn vom Koberer zum Straßenzuhälter hochgedealt hatte, und als er doch schon drei Pferdchen an der Longe laufen ließ, bekam er von den Kiezkönigen den schnittigen italienischen Sportwagen geschenkt, der ihm zu seinem Namen verhalf. Letztendlich setzte er den Boliden zweimal hintereinander in den Vorgarten seines Reihenmittelhauses in Hamburg Altona. »Wie? Äh, weg, wohin?«, stammelte ich und Bernd holte aus und erzählte von dem Milieukodex und den Verbannten, denen sie alles nahmen, das Auto, das Geld, die Mädchen, einfach alles, und die sie wegschickten, ins Nirwana, nach Nirgendwo, wenn sie Mist gebaut hatten. Bubi musste zurück in sein kleines Bergdorf auf zweitausend Meter im tiefsten Österreich, wo sie ihn mit seinem richtigem Namen Bernward nannten, und dort musste er bleiben, mindestens zwei Jahre. Das war im Kodex festgelegt, so war es vereinbart. Und er durfte dort nicht weg, keine Fünf-Sterne-Hotels, keine heißen Schlitten, keine Schnecken. Und wenn er in seinem Zweihundert-Einwohner-Alpendorf den ersten Bergstraßenstrich in den Hohen Tauern eröffnet hätte, dann hätten sie ihm das wahrscheinlich schon wieder hoch angerechnet – dann hättest du dir deinen Namen schon wieder verdient, Bubi Bugatti.
    Kurz bevor sie rausgingen, drehte sich der Berliner Hans noch mal zu uns um: »Ach ja, hätte ich beinah vergessen: Wir machen am Mittwoch einen Grillabend bei mir zu Hause, Ihr kommt doch, oder?« Die Frage war, wie sich eine Absage auf unser zukünftiges Dasein auswirken würde. »Klar, gerne, klar kommen wir«, stotterten Kurt und ich zusammen, »wo wohnst du denn?« Es wäre mir nie auch nur im Traum eingefallen, einen Oberzuhälter nach seiner Adresse zu fragen. In diesen Kreisen käme allein das Wissen darum einem Selbstmord gleich. »Hofpfisterweg, das letzte Haus in der Straße, ihr seht es dann schon«, sagte Hans, dann drehte er sich wieder zur Tür und die drei verschwanden in den viel zu frühen, aber schön sonnigen Sonntagmorgen.
    Spießerhausen war nichts gegen die Bude, die uns am Ende einer mit Kopfstein gepflasterten Spielstraße erwartete. Selbst die Gartentorklinke war mit Tigermäulchen und Engelsflügeln garniert und zwischen der Tujahecke vor der Doppelhaushälfte aus den Siebzigern ratterte eine Garteneisenbahn mit offenen Loren, auf denen die sieben Zwerge festgeklebt waren. »H. & H.« stand auf dem überdimensional großen Klingelschild aus Blattgold. Hans wohnte glatt mit seiner Mama zusammen, sie hieß Hermine.
    So also sah die Tarnung der Unterweltler von heute aus. Mach einen auf Oberstudienrat, spiel den netten Nachbarsonkel und mäh den Rasen jeden Samstag, dann bist du raus aus der Nummer. Da schöpft kein Mensch den Verdacht, dass du der Wolf im Schafspelz bist. »Ah, da seid Ihr ja.« Hermine öffnete uns im modischen Morgenmantel, sie freute sich richtig, uns zu sehen. »Kommt rein, die anderen sind alle hinten im Garten.« Sie führte uns durch das spießigste Wohnzimmer, das ich je gesehen habe, auf die Terrasse aus hellgelbem Sandstein. Am reich gedeckten Tisch fielen mir als Erstes meine Lieblingslachssemmeln mit Meerrettichsahne auf. Die Tischdecke aus Plastik mit Vogelmuster drauf war mit Wäscheklammern am Gartentisch befestigt. Um den Tisch saßen sie alle, Bonzen-Bernd hatte eine dunkle Sonnenbrille aufgesetzt und machte eine überfreundliche Miene,
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