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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin
Autoren: E Bailey
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Licht schien um mich herum zu leuchten.
    Das Mondlicht auf Mirandas Gesicht ließ ihre Haut und die Haare silbrig weiß erscheinen. »Wir haben eine Menge gemeinsam«, sagte sie. »Und ich weiß, du hattest Spaß, mit mir herumzuhängen. Gib’s zu!«
    Weit entfernt hörte man eine Autosirene aufheulen.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Klar«, antwortete ich. »Es war nett. Jedenfalls am Anfang.«
    Miranda sah mich an. Ihre Augen leuchteten. »Wir können immer noch Spaß haben, weißt du?«, sagte sie. Sie klang aufgekratzt. Hoffnungsvoll. »Wie wär’s mit einem Deal? Ich erzähle niemandem von Ami oder deinem Vorfall , wenn du mich nicht verlässt.«
    »Ich hätte lieber gar keine Freunde, als mich auf diesen Deal einzulassen«, konterte ich. »Du verstehst es immer noch nicht, oder?«
    Und dann sah ich, dass es stimmte. Miranda wusste, wie man Leute manipulierte und verbog, wie man sie zum äußersten – oder sogar um den Verstand – brachte, aber sie hatte keine Ahnung, was es bedeutete, eine Freundin zu sein.
    Es dauerte lange, bis Miranda wieder sprach, und dann war ihre Stimme kleinlaut. »Ich gehöre hier nicht hin.« Sie lachte hohl. »Das liegt auf der Hand, hm? Aber lass uns ehrlich ein. Ich werde nie irgendwo dazugehören.«
    Sie krümmte sich zusammen, die Arme unter den Beinen, das Kinn auf den Knien. Die Brise wehte ihr das Haar in die Augen und den Mund. »Du hast keine Ahnung, wie ermüdend das ist«, flüsterte sie. »Ich zu sein. Ich bin es so leid.« Miranda stellte sich auf. »Ich gehe«, sagte sie und streckte ihre Arme theatralisch aus. »Dort hinaus.«
    »Ich habe diese blöden Mutproben satt«, erwiderte ich, wütend, dass sie es schon wieder versuchte. »Geh da weg.«
    Sie sah mich an, ein merkwürdiges Lächeln auf den Lippen. »Wärst du traurig, wenn ich springen würde?«, fragte sie sanft. »Oder erleichtert?«
    »Ich wäre stinksauer«, blaffte ich, »denn ich wäre diejenige, die hinterher die Schweinerei wegmachen müsste.«
    Mirandas Lächeln verschwand. Ich sah es nie wieder. Sie tat einen Schritt näher auf den Rand zu.
    »Miranda!«
    Ich kann mich nicht erinnern, einen Arm nach ihr ausgestreckt zu haben, aber ich muss es getan haben, denn schnell wie der Blitz hielt Miranda mich am Handgelenk fest. Ihre Finger gruben sich mir ins Fleisch.
    »Dann komm mit mir«, sagte sie stockend. »Wir können in die Dunkelheit eintauchen. Zusammen.«
    Sie rutschte auf mich zu, ihr Griff wurde stärker, bis sie direkt neben mir stand, ihre Stimme in meinem Ohr, sodass das Summen in meinem Kopf wieder zu hören war. Oder vielleicht war es auch nie weg gewesen.
    »Sei ehrlich zu dir selbst, Olive. Menschen wie wir sind zu anstrengend. Wir zermürben alle anderen. Wir täten allen einen Gefallen, wenn wir es beenden würden.« Ihre Worte stachen wie Nadeln. »Was für einen Unterschied macht es, wenn wir heute Nacht sterben oder in ein paar Jahren?«, sagte sie. »Deinem Dad würde es ganz sicher nichts ausmachen. Dein Bruder ist noch ein Kind – er wird dich ganz schnell vergessen. Deine Mum? Vielleicht. Aber du hast ihr schon jede Menge Kummer gemacht. Vielleicht wäre sie weniger erschüttert, als du denkst.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Also was bleibt übrig«, sagte Miranda, als ob ich gar nichts gesagt hätte. »Lachlan?« Sie schnaubte. »Er wird nicht lange trauern.«
    Wenn ich meinen Kopf nur fest genug schüttelte, würde ich vielleicht ihre Worte abwehren können. »Nein.«
    Mirandas Gesicht verdüsterte sich. »Ich bin es leid, dass du immer Nein zu mir sagst, Olive. Wenn du es nicht von alleine tust, dann sorge ich dafür, dass du springt.«
    Sie stand auf, riss mich hoch, und somit stand ich direkt neben ihr. Ich war jetzt genau an der Dachkante, und Miranda stellte sich hinter mich. Wir mussten Oonas Sicherheitsleuchten ausgelöst haben, denn plötzlich war unten alles grell weiß. Das Gras schimmerte. Die Bäume peitschten. Der Swimmingpool war das größte blaue Auge, das ich je gesehen hatte, und er starrte mich direkt an. Das ist es . Das Einzige, was ich jetzt hoffen konnte, war, im Pool zu landen und nicht auf dem Betonboden. Ich spannte mich an, wartete auf den Stoß. Aber er kam nicht. Miranda fing an, dieses merkwürdige erstickte Geräusch zu machen, und einen Moment später ließ sie mein Handgelenk los.
    Ich trat von der Dachkante weg und drehte mich zu ihr um. Ihre Schultern bebten.
    »Miranda? Weinst du?«
    Obwohl ich
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