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Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)

Titel: Du bist ok, so wie du bist: Das Ende der Erziehung (German Edition)
Autoren: Katharina Saalfrank
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lösungsorientierte Handlungen der Erwachsenen beinhaltet, setzt Beziehung eine offene Haltung dem Kind und seinem Wesen gegenüber voraus, die von Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Beziehung stellt den gleichwertigen und persönlichen Dialog in den Mittelpunkt und lebt davon, dass beide Partner vom jeweils anderen profitieren wollen.
    Es geht also nicht darum, Kindern lediglich ein demokratisches »Mitspracherecht« einzuräumen, sondern vielmehr darum, dass wir Erwachsenen verstehen, dass wir von dem profitieren, was Kinder in eine Beziehung zu uns miteinbringen, was sie denken, fühlen und sagen. Es ist für uns Erwachsene ein Gewinn, wenn wir Kinder ernst nehmen und ihnen in einem persönlichen Dialog begegnen können! Wenn wir Erwachsenen uns trauen, uns auf Beziehung einzulassen, dann wird es uns möglich, von Kindern zu lernen und bestimmte Kompetenzen, wie zum Beispiel Offenheit, Unvoreingenommenheit, Sensibilität, die uns aberzogen, mit Erziehung abtrainiert wurden, wiederzuerlangen.
    Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass sich gelebte Familienstrukturen hinterfragen lassen müssen: Warum folgen wir noch oft einer alten Machtstruktur und behandeln Kinder wie »Untertanen«, die uns ausgeliefert sind? Welche Rolle wollen wir als Eltern unseren Kindern gegenüber einnehmen? Sollten wir überhaupt eine Rolle einnehmen, oder können wir uns als Mensch authentisch zeigen? Authentisch in dem Sinne, dass wir uns den Kindern mit unseren Gefühlen – und nicht nur mit unseren vermeintlichen Stärken, sondern auch mit unseren Schwächen – offen zeigen. Nach meiner Erfahrung ist es gut, sich solche Fragen zu stellen, und dazu sind heute auch immer mehr Eltern bereit.
    Eine gute Beziehung ist geprägt von Dialog, Offenheit und Toleranz: Der andere wird mit seinen Bedürfnissen respektiert und auch in seiner Andersartigkeit und Vielfalt akzeptiert. Heute sind wir – wie zu keiner anderen Zeit zuvor – in der Lage, gleichwertige Beziehungen einzugehen, auch wenn es uns schwerfällt und dem eingeübten Hierarchiedenken widerspricht. An fest gefügten Machtstrukturen festzuhalten hilft natürlich, den Alltag zu meistern. Reich über arm, Bildungsbürger besser als »Ungebildete«, Erwachsene den Kindern überlegen – sichtbare oder nur gefühlte Machtstrukturen stehen einer immer neuen Offenheit in einer Beziehung auf Augenhöhe im Weg. Wir stehen uns selbst im Weg.
    Die Gründe dafür sind auch nachvollziehbar, denn es birgt ein gewisses Risiko, sich auf eine echte Beziehung einzulassen und sich als Menschen zu zeigen. Wir müssen dann auch zu unseren Schwächen stehen und uns in unserer Rolle als Eltern hinterfragen lassen. Wir müssen Verantwortung übernehmen für das Gelingen eines Dialogs – und der Beziehung zu den Kindern überhaupt. Das haben wir nicht gelernt. Sobald wir dann unsicher werden, greifen wir reflexartig auf etwas Gelerntes, Bekanntes zurück. Diese Prozesse gilt es sichtbar und transparent und sich so bewusst zu machen.
    Es geht mir nicht darum, neue Erziehungsstile oder -modelle zu finden und so die Erziehung zu verändern – da hat sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder etwas getan. Es geht mir vielmehr darum, Erziehung und ihre Folgen bzw. ihre Wirkung auf uns alle zu entlarven und letztlich zu zeigen, dass wir sie im Umgang mit unseren Kindern nicht brauchen. Ich gehe noch weiter. Erziehung ist nicht nur überflüssig, sie richtet häufig auch Schaden an.
    Die Veränderung im Verhältnis zwischen Männern und Frauen hat gezeigt, dass es möglich ist, Grundsätzliches zu überdenken und einen Großteil unserer bisherigen Auffassungen und Vorstellungen zu hinterfragen. Folglich sollten wir auch keine Scheu haben, das Verhältnis zu unseren Kindern zu hinterfragen.
    Eventuell wird mancher Leser an der einen oder anderen Stelle den Eindruck haben, dass einseitig Partei für das Kind genommen wird. Die Haltung zum Kind gesellschaftlich aufzubrechen stellt jedoch keine Parteinahme für das Kind dar und soll auch nicht als Akt der Gerechtigkeit verstanden werden – wenn sich im Wandel der Zeit die Erkenntnisse über gesundes Aufwachsen verändern, ist es notwendig, diese Veränderung nach unserem kulturellen Selbstverständnis als gesellschaftliche Aufgabe zu begreifen.
    Verschiedene gesellschaftliche Faktoren wie hohe Scheidungsraten, Rückgang der Kinderzahl, nicht eheliche Lebens- und Wohngemeinschaften mit und ohne Kinder und die häufigere Berufstätigkeit der
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