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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition)
Autoren: Rachel Ward
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Sie schiebt sich ein bisschen hin und her, dreht sich auf den Rücken, dann geht der Mund wieder auf und sie schnarcht derart laut, dass die Fenster klappern.
    Sie schläft so fest und ich bin so wach. Ich kann hier nicht bleiben und auf das Schnarchen horchen, aber ich will auch nicht mehr nach oben, den Rest der Nacht an Wasserhähnen und Türen herumdrehen und mich mit Leuten verrückt machen, die gar nicht da sind.
    Ich stecke die Teile des Fotos in die Tasche meiner Jeans und gehe zur Haustür. Im Vorbeigehen schnappe ich mir eine Jacke von den Garderobenhaken im Flur. Ist das meine oder seine? Egal. Ich ziehe sie an. Dann fällt mir ein, eine zweite Jacke zu nehmen, und ich schleiche auf Zehenspitzen zurück, um Mum damit zuzudecken. Jetzt schleiche ich wieder zur Wohnungstür und öffne sie.
    Neue Blumen liegen draußen auf der Fußmatte. Ich schiebe sie in den Flur und ziehe die Tür hinter mir zu.
    All diese Blumen. Die Leute müssen ihn doch geliebt haben, oder? Er muss beliebt gewesen sein. Oder sind die Blumen in Wahrheit für Mum … aus Mitleid für eine Frau, die ihren Sohn verloren hat? Ich muss an die Faustlöcher in unserer Tür denken, an den kalten Blick in seinen Augen, als er mir das Messer an die Haut hielt. Hat er all das – seine Gewalt, seinen Hass – im Haus gehalten? Zurückgehalten für Mum und mich?
    Ich trete durch den kleinen Vorgarten auf den Gang aus Beton, bleibe stehen und schaue über die Mauer. Dort liegen Garagen und weitere Wohnungen, alles friedlich und still, eine orangegelbe Welt. Als ich durchatme, merke ich, die Luft hat einen leicht süßlichen Hauch, einen Anklang von Schokolade. In der Fabrik muss die Nachtschicht laufen. Ich schaue hoch, versuche durch den Schein der Straßenbeleuchtung in den Himmel zu blicken. Es sind keine Sterne zu sehen.
    An der Treppe zögere ich einen Moment, dann setze ich mich in Bewegung, überspringe drei Stufen – einmal, zweimal –, danach beuge ich mich zur Seite, meine Hände greifen nach der Betonwand, ich schwinge die Beine hoch und bin drüber. Auf der anderen Seite geht es zwei Meter nach unten. Ich knalle auf den Boden, die Knie knicken ein. Die Handflächen klatschen auf den Teer und ich hocke einen Moment da und checke, ob alles okay ist. Als ich aufstehe, spüre ich einen Schmerz im linken Fußgelenk und im linken Knie. Mein Bein muss sich beim Fallen verkantet haben.
    Ich schaue mich um und hoffe, dass niemand meine Landung gesehen hat. Anscheinend habe ich Glück gehabt. Ich wische mir die Hände an den Hosenbeinen ab und zucke zusammen, als die aufgeschrammten Stellen mit dem Stoff in Berührung kommen. Scheiße!
    Als ich zur Treppe zurückblicke, frage ich mich, wieso es bei Rob so einfach ausgesehen hat. Und ich sehe ihn in Gedanken wieder vor mir. Er segelt über die Mauer, kommt leicht wie eine Katze auf und tänzelt um das Mädchen herum.
    »Hi, Neisha«, sagt er. »Wie geht’s?«
    Er erwischt ihre Hand und zieht sie zu sich heran. Und sie lacht und ihre langen Haare fliegen nach außen, während die beiden auf dem Parkplatz herumwirbeln, ganz im Einklang miteinander, und sich zu dem Rhythmus bewegen, der in ihren Köpfen ist. Einem Soundtrack, den ich nicht höre.
    Neisha.
    Das Mädchen heißt Neisha.
    Ich berapple mich wieder und mache mich auf den Weg über den Parkplatz. Vielleicht bringt ja das Herumlaufen weitere Erinnerungen ans Licht. Ich weiß, dass alles da drin ist. In mir. Der Arzt hat gesagt, es ist wie mit den Schubladen einer Kommode. Je mehr du ziehst, desto stärker klemmen sie. Aber allmählich gleiten sie auf. Habe ich mich nicht gerade an einen Namen erinnert, den ich Minuten vorher beim besten Willen nicht zusammenbrachte?
    Nichts um mich herum wirkt vertraut, doch ich werde einfach ein Stück weit laufen und dann auf demselben Weg wieder zurückgehen.
    Vor mir liegt eine weite grasbewachsene Fläche. Ein Freizeitgelände. Die einzigen Lichter hier markieren den Weg, der mitten hindurchführt. Das Gras zu beiden Seiten schimmert in den Lichtkegeln der Laternen, alles andere liegt im Dunkeln. Torpfosten tauchen wie Geister aus der Finsternis auf. Ein Kinderspielplatz steht verlassen hinter einem kniehohen Metallzaun. Die Luft ist schwer – nicht richtig nass, kein Nebel, aber auch nicht trocken, und auf einmal kapiere ich, warum ich die Sterne nicht sehe. Eine dicke Schicht tiefer Wolken hängt über mir.
    Ich schlage den Kragen hoch, stecke die Hände in die Taschen, ziehe die Schultern
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