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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition)
Autoren: Rachel Ward
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ins Gesicht. Ein Junge schreit. Ein Mädchen kreischt. Ich habe Wasser im Gesicht, in den Augen, den Ohren. Mein Herz rast. Ich bin jetzt dicht bei ihnen, so dicht, dass ich sehe, wie ihre Arme und Beine um sich schlagen, sehe, wie sich seine Wange vor Anstrengung spannt, ihr Gesicht verzerrt ist vor Panik.
    Ich springe vom Waschbecken zurück und taste blind nach einem Handtuch. Meine Hand findet die Zugschnur fürs Licht, ich ziehe an ihr und mit einem Klick geht das Licht an. Ich schnappe mir das Handtuch vom Boden und fahre mir hektisch übers Gesicht, danach starre ich im Bad umher. Es ist niemand da. Der Raum ist klein. Waschbecken, Klo, Badewanne mit einer Dusche darüber und einem zusammengeschobenen Plastikvorhang. Schimmel zwischen den Kacheln und an der Decke. Mein Herz schlägt immer noch wie verrückt.
    Ich war da, im See. Ich war da, als mein Bruder starb. Ich hole ein paarmal tief Luft, sauge die kalte, feuchte Luft ganz tief ein und versuche mich zu beruhigen.
    Der Hahn läuft noch, das Wasser klatscht mit voller Wucht ins Becken und gurgelt durch den Abfluss. Ich will es nicht im Gesicht, in den Augen, doch ich habe Durst. Ich drehe am Hahn, bis nur noch etwas mehr als ein Rinnsal herauskommt. Dann beuge ich mich wieder vor, schiebe den Kopf vorsichtig drunter und drehe das Gesicht so, dass ich das Wasser mit dem Mund auffangen kann.
    Es ist kalt und sauber. Ich lasse es im Mund hin und her schwappen, spritze es zwischen den Zähnen hindurch, lasse es über das Zahnfleisch spülen – in den aufgeblähten Wangen, dann spucke ich es wieder aus. Ich schlucke den nächsten Schwung und noch einen, spüre, wie die kühle Frische in mich hinabsinkt. Ich habe wahnsinnigen Durst – je mehr Wasser ich trinke, desto schlimmer fühlt er sich an. Ich fasse nach oben und lasse das Wasser stärker laufen, während ich trinke, schlucke und weitertrinke. Wasser läuft mir aus dem Mund, am Kinn entlang und über die Wange.
    Cee.
    Jemand sagt meinen Namen – nicht so wie bei dem Schreien und Spritzen, das ich zuvor gehört habe – diesmal ist es ganz nah, hier im Raum. Ich richte mich auf, drehe den Wasserhahn zu und schaue mich um. Es ist niemand da. Ich schüttle den Kopf, stopfe mir die Spitze des Handtuchs in die Ohren, um das Wasser herauszubekommen.
    Es klang wie … aber das kann nicht sein. Ich habe ihn auch letzte Nacht gehört, als ich wegdämmerte. Doch das war etwas anderes, oder? Wenn du kurz vor dem Einschlafen bist, verschwimmt alles, da bist du doch schon halb im Traum, oder? Aber jetzt bin ich wach. Dafür hat das kalte Wasser gesorgt.
    Irgendwer treibt seinen Spaß, spielt mir einen Streich.
    Ich mache zwei Schritte durchs Bad und schlage den Plastikvorhang zur Seite. Die Badewanne ist leer. Das Badezimmer ist leer. Aber da war jemand … Ich habe jemanden gehört.
    Ich gehe hinaus auf den Flur, bleibe kurz stehen und horche. Alles ist still. Irgendwo in der Ferne heult eine Sirene, doch selbst die wird leiser und verschwindet. Ich gehe zu Mums Zimmer.
    Leise trete ich ein. Es ist nicht so dunkel wie meins. Die Vorhänge stehen offen und die Straßenbeleuchtung draußen wirft einen gelben Schein auf die gemusterten Wände. Das Bett ist leer. Auf dem Boden liegen noch immer Kleidungsstücke und abgegessene Teller herum.
    Ich weiß, sie ist nicht da, trotzdem frage ich »Mum?« in die Leere. Keine Antwort.
    Ich drehe mich um und gehe zurück in mein Zimmer, das Zimmer von Rob und mir, das mit den Löchern in der Tür. Beim Gedanken wieder hineinzugehen, wird mir übel. Doch das Flurlicht zeigt mir, dass dort nichts ist, nichts außer zwei Matratzen und zwei zerknüllten Schlafsäcken.
    Im kalten Licht der nackten Glühbirne über mir wirkt das Zimmer kleiner und trostloser als je zuvor. Ich schaue auf meine Uhr. Zehn nach drei. Muss wohl zehn nach drei Uhr morgens sein. Ich gehe zum Fenster und schiebe den Vorhang zur Seite. Das Zimmer liegt über den Geschäften und gibt den Blick frei über einen beleuchteten Parkplatz und eine Wiese dahinter, die von Häuserreihen gesäumt wird. Kein Mensch ist zu sehen. Ich stütze die Arme aufs Fensterbrett, das Kinn in die Hände und starre hinaus. Ich erinnere mich nicht genau, doch es hat etwas Tröstliches, das mir sagt, ich muss es schon öfter gemacht haben. Dastehen. Rausstarren.
    Nach einer Weile öffne ich das Oberlicht des Fensters, drücke es auf, so weit es nur geht, und befestige es, indem ich den Metallstift am Rahmen in eines der Löcher am
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