Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

ein, Joseph klappt den Wagentritt hoch. Dann knallt die Peitsche, die Pferde ziehen an und bewegen mich durch die schlafenden Straßen des noblen Bezirks zum Bahnhof.
    Auf dem Vorplatz winkt Joseph einem Dienstmann, dem er meinen Koffer anvertraut. (Die Bezahlung bleibt diesmal mir überlassen, anders als bei der Ankunft.)
    Joseph zieht den Hut, öffnet den Kutschenschlag und hilft mir heraus.
    »Servus, gnä’ Fräulein. Gute Reise. Ich hoff, Sie hatten a schöne Zeit hier in Wien.«
    »Ja, danke«, sage ich.

EPILOG
     
     
    Draußen fliegt die Landschaft vorüber, Felder und Wälder abwechselnd, Dörfer mit weiß leuchtenden Kirchen, üppig grüne Wiesen, auf denen braunbunte Kühe grasen.
    Ich habe das Fenster meines Abteils einen Spalt weit heruntergezogen. Es ist so ein schöner Tag. Wind kühlt mein Gesicht, bringt meine Augen zum Tränen. Ja, es ist nur der Wind. Sonst nichts.
    Ab und zu kommt ein Tunnel. Dann weht etwas vom Rauch der Loko motive zu mir herein, es riecht nach Kohle. Wenn es wieder hell wird, haften Rußteilchen auf meinem Kleid und meinen Händen.
    Ich fahre in den Sommer hinein. In den Sommer der Pyrenäen.
    Werde meine kleine »Bühne« zwischen den Klippen besuchen, wo mein Dibbuk mir begegnet und mich aus dem Tal der Traurigkeit ins Leben und zum Theater zurückgeführt hat.
    Werde am Meer spazieren gehen.
    Werde Spanisch lernen und vielleicht auch Ladino. Und natürlich trotz allem meine Rollen weiter erarbeiten.
    Und ich hoffe, dass Isabelle und Gaston wieder mit mir auf jenes Hochplateau fahren, wo sie für mich bei meinem ersten Besuch mit »Fuego y sapor« gekocht und zu dem Lied »Avram avinu« getanzt haben. Das möchte ich wieder erleben. Das soll meine Belohnung sein für das, was ich diesmal drangeben musste. Wien...
    Isabelle, ich komme. Ich bin voller Ungeduld. Werde dir das zweite Zeichen bringen und werde mit dir reden, über Wahrheit. Und über Tod.
    Und ich will wissen von dir, welche Opfer ich noch zu bringen habe. Ob die Legende vom Tod und den Buchstaben stimmt. Denn du weißt es. Sicher. Du weißt, was mir noch abverlangt wird.
    Sehenden Auges will ich das dritte Zeichen suchen für dich. Mit dem rechten Fuß voran und im Namen Gottes, wie man in unserer Familie zu sagen pflegt.
    Con el pie derecho y al nombre del Dio.

 
     
    Waldtraut Lewin, geboren 1937, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft in Berlin und arbeitete als Opernübersetzerin, Dramaturgin und Regisseurin zunächst am Landestheater Halle und dann am Volkstheater Rostock. Seit 1978 lebt sie als freischaffende Autorin von Romanen, Hörspielen und Drehbüchern, für die sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Seit 1995 schreibt sie Jugendromane.
    »Drei Zeichen sind die Wahrheit« ist der zweite Band der Saga um die jüdische Familie Lasker.
     
    Weitere lieferbare Titel von Waldtraut Lewin bei cbj und cbt:
    cbj:
    Drei Zeichen sind ein Wort (13078)
    Goethe (12796)
    cbt:
    Die Geliebte vom Nil (30346)
    Columbus (30320)
    Samoa (303719)
     
    Die Presse über »Drei Zeichen sind ein Wort«, Band 1 der Lasker-Saga:
    »Am Ende eines Romans, der fesselt und aufwühlt wie kaum ein anderer, bleiben Schauer, die über den Rücken jagen.« BULLETIN JUGEND & LITERATUR
     
    »Waldtraut Lewin hat mit diesem historischen Roman, trotz der mythischen Figur, die darin eine zentrale Rolle spielt, der Flucht vieler Leser in Fantasystories ein klare Abfuhr erteilt. Sie erzählt atemlos spannend, aber sie packt ihre Leser auch ganz direkt bei ihrer Verantwortung für das ganz reale Leben.« BUCHMARKT