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Drei Wunder zum Glück (German Edition)

Drei Wunder zum Glück (German Edition)

Titel: Drei Wunder zum Glück (German Edition)
Autoren: Alexandra Bullen
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nur ein einziges Kleid, ein Kleid mit einem tiefen Riss an einer Seite, ein Kleid, das dringend genäht werden musste. Und diese Schneiderin , die da vor ihr von Nähmaschinen umgeben saß und deren Aufgabe es war, Kleider zu nähen, sagte ihr, der Laden sei geschlossen?
    Hazel hätte am liebsten laut losgeschrien. Natürlich musste mal wieder alles schiefgehen. Seit sie den Namen ihrer Mutter erfahren hatte, hatte sie selbst sich vielleicht verändert, aber an der Außenwelt hatte sich gar nichts geändert.
    »Na wunderbar«, gab Hazel patzig zurück und zog ihre schwarze Leinentasche über die Schulter. Sie sah sich noch einmal in dem eigenartigen, ausgestorbenen Laden um. Das Geschäft schien nicht unbedingt zu boomen. »Tja«, sagte sie verärgert. »Regelmäßige Geschäftszeiten könnten sich lohnen. Ich meine, falls man hier tatsächlich an Kundschaft interessiert sein sollte.«
    Hazel drehte auf dem Absatz um und drückte die Tür auf, doch einer der breiten Henkel ihrer Tasche hatte sich an einem Messinghaken verfangen, wodurch sie am Hinausgehen gehindert wurde. Ihr Kleid fiel aus der Tasche, das leuchtende Muster blitzte hell und fröhlich auf dem staubigen Holzboden auf.
    Hazels Wangen wurden rot. Na toll, dachte sie, während sie sich bückte, um das Kleid wieder zurück in die Tasche zu stopfen. Ganz toll!
    »Moment!« Zwei klobige Clogs bewegten sich plötzlich in Hazels Richtung. »Dieses Kleid«, sagte das Mädchen und deutete mit einem langen, dürren Finger auf Hazels Tasche. »Kann ich das mal sehen?«
    Hazel legte es ihr langsam über die ausgestreckte Hand.
    »Woher hast du es denn?«, fragte das Mädchen und breitete das Kleid über ihrem Arm aus, um es zu betrachten.
    »Von einem Basar«, erklärte Hazel. »In der Golden Gate High … Ich mochte die Farben irgendwie …« Hazel trat von einem Fuß auf den anderen und wurde immer leiser. Warum erklärte sie diesem schlechtgelaunten Mädchen mit dem komischen Pony, warum sie das Kleid gekauft hatte? Die war doch bisher nur daran interessiert, sie so schnell wie möglich wieder loszuwerden.
    Das Mädchen starrte sie aus Augen an, die denen einer Katze glichen: durchdringend und beinahe golden. »Wofür brauchst du es denn?«, fragte sie langsam.
    »Ich gehe zu einer Benefizveranstaltung«, erklärte Hazel. »In einem Lokal im Ferry Building .« Sie holte tief Luft, bevor sie hinzufügte: »Ich treffe heute Abend meine Mutter.«
    Es war das erste Mal, dass Hazel es aussprach, und die Worte fühlten sich in ihrem Mund wie kleine Explosionen an. Hazel schaute auf die Spitzen ihrer karierten Turnschuhe.
    Das Mädchen schwieg, und Hazel spürte immer noch ihren durchdringenden Blick auf sich. Schließlich drehte das Mädchen sich um und schlurfte in ihren unförmigen Clogs langsam zurück zum Sofa. Das Kleid nahm sie mit. »Kannst du in zwei Stunden wiederkommen?«
    Hazel starrte auf den schmalen Rücken des Mädchens, der Bogen ihres Rückgrats krümmte sich unter ihrem dünnen Pulli, als sie das Kleid über die Armlehne des Sofas legte. »Zwei Stunden?«, wiederholte Hazel verblüfft. »Ja … ich meine: Natürlich. Wenn das wirklich möglich wäre?«
    Hazel wartete darauf, dass das Mädchen sich noch einmal zu ihr umdrehen und noch etwas sagen würde. Als sie das nicht tat, griff Hazel nach dem Türknauf, um besser zu gehen, bevor diese Schneiderin ihre Meinung vielleicht wieder änderte.
    »Hey«, rief ihr das Mädchen dann doch noch nach. Sie stand immer noch mit dem Rücken zu Hazel und fragte: »Wie heißt du?«
    »Oh, tut mir leid.« Hazel wurde rot. »Ich bin Hazel.«
    »Nett, dich kennenzulernen, Hazel«, sagte das Mädchen und betonte jedes Wort, als teilten sie ein Geheimnis. »Ich bin Posey. Wir sehen uns dann um vier.«

2
    Heute Abend lerne ich meine Mutter kennen.
    Hazel saß auf einer Bank im Dolores Park, die Nachmittagssonne wärmte ihren Rücken. Ihre langen Beine hatte sie übereinandergeschlagen, und das obere wippte heftig; ihre Leinentasche und einen riesigen Kaffeebecher hielt sie in beiden Händen. Dabei ging ihr immer nur das eine durch den Kopf:
    Heute Abend lerne ich meine Mutter kennen.
    Zumindest fingen ihre Gedanken so an. Dann kamen gewisse andere Überlegungen dazu. (Aber was ist, wenn sie gar nicht da ist? Was, wenn sie mich nicht kennenlernen will? Wenn sie ganz furchtbar und gemein ist?) Bis Hazel schließlich wieder dort anlangte, wo sie angefangen hatte.
    Heute Abend lerne ich meine Mutter kennen.
    Sie schlürfte
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