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Drei Unzen Agonie

Drei Unzen Agonie

Titel: Drei Unzen Agonie
Autoren: Carter Brown
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nicht
erzählt ?« Er hob in geheuchelter Überraschung die
Brauen. »Wie vergeßlich von unserer lieben Maxine. Ihr Vater wußte nämlich, daß
er sterben mußte. Er traute seiner Tochter, aber nicht seinem Sohn. In seinem
Testament legte er fest, daß Maxine die Firma erben und deren Leitung bis zu
Jonathans 25. Geburtstag übernehmen sollte. Danach — unter der Voraussetzung,
daß Jonathan drei Jahre lang in der Firma aktiv tätig war — sollte er ans Ruder
kommen. Maxine wird also bald zurücktreten müssen. Ihr Vater hat selbstverständlich
dafür Sorge getragen, daß es ihr finanziell an nichts fehlt. Das Schlimme für
Jonathan war, daß sein Vater ihm keinen Pfennig vermachte, womit er bis zu
seinem 25. Geburtstag völlig von Maxine abhängig ist.
    Maxine hat sich ihm gegenüber
nie sehr großzügig gezeigt, und ein junger Mann braucht doch schließlich ein
gewisses Taschengeld, um sich seinen — äh — Interessen widmen zu können. Finden
Sie nicht auch, Mr. Boyd ?«
    »Zum Beispiel einer ehemaligen
Schönheitstänzerin ?« fragte ich.
    »Aha.« Er grinste wieder. »Ich
sehe, daß Maxine Ihnen immerhin einiges anvertraut hat, Mr. Boyd. Sie haben
sicher kein gutes Wort über Bruder Jonathan gehört, was ?« Sein Gesicht wurde ernst. »Ganz unter uns — wenn Sie ihr Vertrauen besitzen,
dann sollten Sie ihr raten, einen Arzt aufzusuchen. Sie bedarf dringend
psychiatrischer Behandlung .«
    Die Stimmungen dieses Mannes
wechselten so rasch, daß es mich fast verwirrte. Ich hatte das Gefühl, als
hätte ich im Laufe unserer kurzen Unterhaltung vier verschiedene
Gesprächspartner vor mir gehabt — alle mit dem Namen Fremont.
    »Ich werde Ihre Grüße
bestellen, ich werde ihr ausrichten, daß sie von Ihren Gangsterfreunden eine
Überraschung zu erwarten hat und daß sie dringend psychiatrischer Behandlung
bedarf«, erklärte ich müde. »Und ich werde auch nicht vergessen, daß Sie auch
Jonathan grüßen lassen .«
    »Ich danke Ihnen, Mr. Boyd .« Er nickte. »Sie scheinen doch ein gewisses Maß an
Intelligenz zu besitzen. Es wundert mich, daß Sie sich nicht einen
anständigeren Beruf ausgesucht haben. Es muß doch unbefriedigend sein, für
andere Leute den Schläger zu spielen .«
    Er hatte die Worte kaum
ausgesprochen, als er zurückschreckte. Nervös beobachtete er mich. Nach einer
Weile schien er gewiß, daß ich ihn nicht wieder aus seinem Sessel ziehen würde,
und setzte sich aufrecht hin.
    »Ich werde meinen Freunden
erklären, daß die Schuld bei Maxine liegt und nicht bei Ihnen«, sagte er mit
ernster Stimme. »Das wird vielleicht ein wenig helfen .«
    »Zu gütig.«
    Damit verließ ich das Büro. Ich
hatte es restlos satt, ihm zuzuhören. Die Blondine im schwarzen Futteralkleid
wirkte unruhig und nervös, als sie mich aus dem Büro kommen sah. Trotzdem
gelang es ihr, ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern, als ich näher trat.
    »Sagen Sie mal, glauben Sie
auch, daß Ihr Chef nicht ganz zurechnungsfähig ist ?« erkundigte ich mich.
    »Nein.« Ihr voller Busen
schwoll an. »Aber Sie sind nicht ganz bei Trost .«
    »Vielleicht haben Sie recht«,
gestand ich. »Und trotzdem festigt sich in mir immer mehr die Überzeugung, daß
ich in ganz Manhattan der einzig normale Mensch bin. Sogar Sie kommen mir ein
bißchen komisch vor .«
    »Bitte, gehen Sie, ehe ich
einen Schreikrampf kriege«, flehte sie weinerlich.
    Die Luft draußen war kühl und
frisch. Ich ging ein paar Straßenzüge zu Fuß und erholte mich von den Strapazen
des Gesprächs. Ich war fest entschlossen, nicht nachzudenken. Wenn ich nämlich
erst einmal anfing, mich mit Maxine Lord oder Charles Fremont zu beschäftigen,
landete ich bestimmt im Irrenhaus. Ich setzte mich in ein Restaurant, spülte
einige Drinks hinunter und genoß danach in aller Ruhe mein Mittagessen. Stahl,
Jonathan Lord und Maxines Sekretärin arbeiteten tagsüber, ich konnte also vor
dem Abend mit keinem von ihnen sprechen. Damit blieb der letzte Name auf der
Liste: Cindy Vickers, die Tänzerin, um deretwillen Jonathan sich in Schulden
gestürzt hatte.
    Sie wohnte auf der West Side, in einem alten Haus ohne Aufzug. Es war eine
Gegend, die schon bessere, aber auch schlechtere Tage gesehen hatte, und jetzt
wieder langsam in Mode kam.
    Ich drückte den Klingelknopf,
und gleich darauf öffnete sich die Tür. Ein braunhaariges Mädchen stand mir
gegenüber. Sie trug eine grüne Bluse und eine hautenge lange Hose. Bevor ich
ihre wohlproportionierten Kurven gebührend bewundern
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