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Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Titel: Drei Generationen auf dem Jakobsweg
Autoren: Pia Stein
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her eine alte Bäuerin zwei nebeneinander laufende Kühe über die Brücke. Die Tiere mit ihren ausladenden Hörnern trotteten immer näher auf mich zu und machten keine Anstalten, hintereinander zu laufen. Die Rindviecher nahmen die ganze Breite der Brücke ein. Aber es ging gut, sie nahmen mich nicht auf die Hörner, sondern pressten mich nur mit aller Gewalt an die Steinwand der Brücke. Ich flehte nur noch darum, meine Füße in Ruhe zu lassen, stellte mich auf die Zehenspitzen und hielt die Luft an. Es ging gut, die linke Kuh drängte mich noch weiter an die Steinbrüstung der Brücke, und als sie vorbei war, konnte ich wieder durchatmen. Der Bäuerin war die Situation völlig egal, sie trottete gleichgültig hinter ihren Rindviechern her. Nachdem ich mich erholt hatte, kamen wir zur Kirche von Furelos und siehe da: Vor der Türe stand unsere Kinderkutsche. Als wir in die Kirche eintraten, fand dort eine Trauerfeier für einen Verstorbenen statt. Aus Pietät dem Verstorbenen gegenüber verließen wir die Kirche kurz darauf wieder.
    Franzi war ausgeschlafen und freute sich Omi und Opi zu sehen. Peter spielte ein bisschen mit ihr und ich nutzte die Gelegenheit, mit dem Handy im Reisebüro unserer Heimatstadt anzurufen. Ich bat unsere nette Kundenbetreuerin um Hilfe. Ein nettes Hotel am Meer, kinderfreundlich, mit Pool und wenn möglich zwischen Santiago de Compostela und Finesterre gelegen. Ab 24. Juni wäre schön. Sie bot an etwas herauszusuchen und wollte sich baldmöglichst bei uns melden. Ich bedankte mich sehr herzlich für ihre Bemühungen und legte auf. Langsam zogen wir weiter. Staunend betrachtete ich die unendliche Weite, das strahlende Blau des Himmels über leuchtenden grünen Hügeln, bizarr gewachsene Bäume und die lila und gelb schimmernden zarten Gräser, welche sich leicht im Wind hin und her bewegten. Welch bewegender Moment, als ich begriff, was wirklich wertvoll ist.
    Der Weg wurde jetzt noch beschwerlicher, ein ständiges und kräftezehrendes Bergauf- und Bergab-Programm. Franzi wollte beim besten Willen nicht mehr in ihren Wagen und so blieb Peter bei Larissa, um ihr im Bedarfsfall helfen zu können, um nicht etwa, wenn sie Hilfe brauchte, zurücklaufen zu müssen. Zu mir gewandt sagte er: »Bitte lauf du weiterhin deinen Schritt, damit nicht dein Fuß wieder anfängt zu schmerzen .« Er hatte recht . Ich musste vorauslaufen, denn das ständige Stehenbleiben, Umdrehen, nach Larissa und der Kinderkutsche Sehen war nicht gut für meinen Fuß. Ich merkte deutlich, dass es mir besser ging, wenn ich einfach mein Tempo beibehalten konnte. Jetzt war ich mal egoistisch.
    Beschwingt lief ich Arzúa entgegen, als das Handy läutete und der erwartete Rückruf unseres Reisebüros kam. Tatsächlich hätte die Angestellte ein nettes Hotel gefunden, das unsere Ansprüche erfüllen würde. Wir verabredeten, dass sie uns die Vorschläge in unser Hotel, welches wir für heute Abend gebucht hatten, per Fax übermitteln sollte, was sie auch gerne tat. Ich staunte nicht schlecht, als ich den Hörer auflegte, denn ich stand genau vor dem von uns gebuchten Hotel. Meine Mitpilger dürften auch bald kommen und so konnten wir tatsächlich heute schon über unseren Anschluss-Urlaub sprechen.

22. Juni Arzúa – San Paio (24,5 km)
    Heute kam ich gut aus dem Bett. Keine Spur von Müdigkeit. Wir hatten aber auch Glück mit dieser Pension. Wunderbare Betten mit außergewöhnlich guten Matratzen. Meine Gedanken kreisten zwischen »Gott sei Dank ist heute schon der vorletzte Tag« und »Leider ist heute schon der vorletzte Tag«. Ich sollte mich langsam mal entscheiden. Na gut, ganz im Ernst, auch wenn ich mich wiederhole, ich war froh, dass der Weg zu Ende ging. Der Gesichtsausdruck von Larissa wurde täglich, warum auch immer, düsterer. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie sich täglich sehr verausgabte und, bedingt durch einen gewissen Gewichtsverlust, ihr Gesicht immer spitziger wurde. Franzi war mit Sicherheit auch am Ende ihrer großen Geduld angekommen und es tat ihr ebenfalls gut, wenn wir dann zusammen in Ruhe ein paar Tage an ein und demselben Ort den Rest unserer Ferien verbringen konnten und nicht weiterhin wie Zugvögel von einem Ort zum nächsten ziehen. Jetzt war es an der Zeit, dass auch sie auf ihre Kosten kam. Peter und ich wünschten uns auch ein paar Tage Ruhe, die wir zusammen mit unserer Familie verbringen konnten.

    Pünktlich um halb acht trafen wir uns zum Frühstück. Als Erstes fragte ich
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