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Drei Frauen und ein Braeutigam

Drei Frauen und ein Braeutigam

Titel: Drei Frauen und ein Braeutigam
Autoren: Sarah Harvey
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etwas genauer hin. Grace scheint es gut zu gehen. Sie steht an einer Theke, was ein durchaus üblicher Standort für sie ist. Dann bemerke ich die Flasche Pellegrino, die der Barmann ihr hinüberschiebt.
    »Sie bestellt Mineralwasser statt Smirnoff.«
    »Und?«
    »Das soll vorkommen, obwohl ich zugeben muss, dass es ungewöhnlich ist. Aber vielleicht hat sie ja noch einen gewaltigen Kater, weil sie letzte Nacht bis zum Morgengrauen durchgefeiert hat oder so. Vielleicht war der Neue mit ihr clubben.«
    »Vielleicht.« Tanya hört sich an, als würde diese Theorie sie nicht überzeugen. »Aber da ist doch noch etwas, oder?«
    Die wogende Menge aus trinkenden, quatschenden Leuten teilt sich, und ich erhasche einen kurzen Blick auf ihren Körper.
    »Trägt Grace etwa die Klamotten ihrer Mutter?« frage ich ungläubig. »Nein, vergiss es, das sind eher die ihrer Großmutter.«
    »Ururgroßmutter«, stimmt Tanya zu. »Dieses Kleid stammt ja wohl noch aus der Ära viktorianischer Prüderie: Du sollst nicht scheißen, schimpfen, bumsen und kein Geld verdienen ...«
    Tanya angelt in ihrem Täschchen nach einer Marlboro, zündet sie an und inhaliert tief, als würde der Dunst ihr die Kraft verleihen, mit dem Anblick unserer normalerweise so extrovertierten Grace fertig zu werden, die wie eine Nonne an ihrem freien Tag gekleidet ist und an einem Glas Wasser nippt, statt Smirnoff runterzukippen.
    »Wenn der Halsausschnitt noch ein bisschen höher wäre, würde sie ersticken«, äußere ich zustimmend.
    Grace‘ kupferfarbene Haare, die normalerweise in ungebärdigen Locken über ihre schmalen Schultern fallen, sind ebenfalls ganz untypisch zu einem strengen Knoten hochgesteckt. Und statt der üblichen knallroten Lippen hat sie dem Begriff ungeschminkt eine neue Dimension verliehen. Sie hat nur einen Hauch von grauem Lidschatten aufgelegt, der zu ihren grauen Augen passt, und weniger als einen Hauch von Lipgloss.
    Die Lippen, die diesen neuen Minimal-Look tragen, verziehen sich zu einem breiten Lächeln, als Grace mich entdeckt. Dabei starre ich sie an wie ein Kardinal, der soeben den Papst in einem Twinset von Marks und Spencer statt der üblichen weißen Robe erblickt hat.
    »Ollie!« Trotz der zurückhaltenden Kleidung fällt die Grace‘sche Begrüßung so überschäumend aus wie immer. Sie kreischt lauthals meinen Namen und drängelt sich dann, ein Glas Mineralwasser in jeder Hand, durch die Menge. Anschließend umarmt sie mich und drückt mir fast die Luft ab, als läge unser letztes Treffen länger als einen Monat zurück, und nicht nur drei Tage.
    »Hast du vergessen, dir die Beine zu rasieren?«, frage ich, als sie mich aus der durch Hugo-for-Women verstärkten Knuddelei entlässt und nun übereifrig die immer noch verblüffte Tanny begrüßt.
    »Was?« Grace lässt Tanya los und lächelt mich zerstreut an.
    Ich trete einen Schritt zurück und mustere sie scharf. »Diese Nummer, dich vom Hals bis zu den Zehennägeln zuzuknöpfen. Nicht gerade dein Stil, hm?«
    Grace‘ zerstreutes Lächeln weitet sich zu einem breiten, strahlenden Grinsen. Ihre grauen Augen blitzen vor Lachen. »Das ist mein neues Ich«, erklärt sie kichernd. »Ehrbar mit einem großen E.«
    Sie tritt zurück und wirbelt wie ein Model auf dem Laufsteg um die eigene Achse. Dabei rammt sie dem Mann hinter sich ihren Ellbogen in die Seite, sodass er den großen Scotch on the Rocks, den er in der Hand hielt, über seinen Freund schüttet. Verärgert dreht er sich um, um sich bei einer völlig selbstvergessenen Grace zu beschweren, findet sich aber stattdessen Auge in Auge mit Tanya wieder.
    »Ich mag dein altes Ich. Du weißt schon, E wie erotisch, E wie enthüllend«, entgegne ich und beobachte amüsiert, wie der wütende Geschäftsmann beim Anblick der reizenden Tanya dahinschmilzt.
    »Tja«, Grace beugt sich grinsend vor und tuschelt verschwörerisch, »dabei trage ich heute sogar einen Schlüpfer! Obwohl ich das mehr in der Hoffnung tue, dass heute die Nacht kommt, in der er ihn mir langsam mit den Zähnen wieder auszieht!«
    »Willst du damit sagen, ihr habt noch nicht? Du kennst diesen Kerl jetzt seit fast drei Wochen. Was ist los mit dir, meine Liebe? Normalerweise hättest du ihn inzwischen längst getestet.«
    »Der hier ist anders.«
    »Ich dachte immer, unsere Philosophie lautet, alle Männer sind gleich.«
    »Er ist schüchtern.«
    »Schüchtern! Du stehst aber nicht auf Schüchterne.«
    »Und er ist sehr nett...«, fährt sie fort.
    »Und vor
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