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Drecksau

Drecksau

Titel: Drecksau
Autoren: Irvine Welsh
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mit dem er leicht behämmert aussieht, große Hakennase und verschlagener Blick. Tüchtiger Polizist, der jetzt auch in der Loge eine aktivere Rolle zu übernehmen beginnt.
    Eigentlich war das ein Feld-, Wald- und Wiesenjob für die Uniformspacken, aber wir waren in der Nähe, und es war reine Zeitverschwendung. Eine meiner Devisen für den Job lautet: besser nem anderen die Zeit stehlen, als nen anderen dir die Zeit stehlen lassen.
    – Achtung Foxtrot, Foxtrot kommen, hier ist Z Victor zwei BR, over.
    – Foxtrot..., kracht es aus dem Funkgerät.
    – Fahren zur Adresse auf der Ravelston Dykes. D.S. Robertson und Lennox, over.
    – Roger, BR. Over.
    Wir halten vor der Auffahrt eines riesigen Kastens. Auf der Straße parkt ein alter Escort. Sieht n bißchen schäbig aus für die Rawy Dykes.
    Eine alte Gewitterziege mit leicht umflortem Blick macht uns auf. Sie mieft dezent. Im Alter riecht man streng, ob Bonzensau oder Prolet, das macht keinen Unterschied. Ich fröstele im Flur; nicht gerade übertrieben warm hier. Die Hütte ist bestimmt schwer zu beheizen, und ich wittere altes Geld. Der Laden ist vollgestopft mit Krempel, Erinnerungen eines ganzen Lebens, mindestens. Zig Bilder in Silberrahmen, auf Tischen, Sideboards und dem Kaminsims aufgebaut wie eine Armee von Zinnsoldaten. Overkill. Verrät mir, daß jede Menge kleiner Küken das Nest verlassen haben, und sie müssen ziemlich weit weggeflogen sein. Auf den Bildern Häuser, Autos und Klamotten aller Art; sie glitzern geradezu nach Neuer Welt. Die alte Wachtel sollte alles zu Geld machen, die Immobilie hier verkaufen und ihre alten Tage in ner schicken Seniorenwohnanlage mit Zentralheizung und 24-Stun-den-Betreuung genießen. Aber nee; dieser kranke Stolz mal wieder. Der entspricht bloß einem schnelleren und dafür holprigeren Weg ins Grab, aber manchen Arschlöchern ist sowas ja nicht beizubringen.
    Der alte Kohleofen sieht gemütlich aus. Die Kohle liegt in einem hübschen Messingeimer. Ein oder zwei Klumpen, oder zwanzigmal hunderttausend, die auf dich niederprasseln? Die fiese, dreckige Kohle und die stinkenden Fotzen, die sie ausbuddeln. You dig it baby? You dig that coal brother?
    Ich digge weder Kohle noch die dreckigen Fotzen, die's tun.
    Ich lasse Ray mit der alten Hexe allein, um noch ein bißchen rumzuschnüffeln. Stehen ein paar hübsche alte Mahagonimöbel rum. Irgend n spastischer kleiner Gelegenheitsdieb ist durch eine Verandatür eingebrochen, die total demoliert ist. Eine gut organisierte Firma mit nem großen Van hätte hier zusammen mit nem linken Antiquitätenhändler richtig absahnen können. Das alte Schätzchen verschwindet, um Tee zu machen, und als sie zurückkommt, will sie plötzlich pampig werden.
    – Mein Briefbeschwerer! sagt sie und deutet auf ein Sideboard. – Jetzt ist er weg ... vor einer Minute war er noch da.
    Is ja nich so, als hätt ich damit irgendwas am Hut. Wir sind bloß hergekommen, um Zeit totzuschlagen. Die behämmerte alte Zicke; ihr faltiges Gesicht guckt ganz blöd vor Schreck. Dieses verstörte Glotzen, ja, die große britische Öffentlichkeit; am liebsten würde ich jedem, der so guckt, mit dem Polizeiknüppel die Zähne einschlagen. Sind allerdings nicht mehr viele Zähne da zum Einschlagen bei der alten Fotze. Ah, welch grausame Spuren die Zeit am menschlichen Körper hinterläßt. Scheiße, ich klinge schon wie dieses Arschloch Toal!
    – Verzeihen Sie, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, sagt Ray.
    Was für n beschissener Affentanz. Aber Ray Lennox, alle Achtung: in solchen Situationen bleibt er eiskalt, ein alter Kopf auf jungen Schultern.
    – Aber er war da. Er war da! insistiert sie. Ravelston Dykes. Die Arroganz des Kapitals. Tick tock tick tock. Daran gewöhnt, ihren Willen zu bekommen. Den Tonfall kenne ich nur zu gut. Aber ich bin ein Staatsdiener. Ich vertrete das Gesetz. Ohne Wenn und Aber.
    Ich hole tief Luft und mustere sie streng. Sie ist trotz ihres Wohlstands schwach, verängstigt und vereinsamt. Dieses alles beherrschende Foto ihres Mannes auf dem Kaminsims aus Marmor. Der Oberzinnsoldat. Allerdings ein bißchen angefressen, ein scharfer Kontrast zu dem prächtigen Rahmen. »Krebs« steht ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Jüngeren Datums, das Foto. Sie hat den Schock noch nicht verwunden, ist immer noch verunsichert. – Ich möchte, daß Sie sich genau darüber klar sind, was Sie mir hier sagen, Mrs. Dornan.
    Sie guckt wie eine Kuh, die zur Schlachtbank getrieben wird. Genau in dem
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