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Drecksau

Drecksau

Titel: Drecksau
Autoren: Irvine Welsh
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schauen zu dem Strick hoch, der an dem Balken auf dem Dachboden festgezurrt ist, und jetzt warten wir nur noch, bereit, durch die Dachbodenluke zu springen, sobald sie den Schlüssel im Schloß umdreht und die Tür aufstößt. Wir werden direkt vor ihr im Flur landen, und sie wird das für den Rest ihres beschissenen Lebens auf dem Gewissen haben, die beschissene Nutte und Lügnerin.

    Wir warten und grübeln und zweifeln und hassen. Was ist das für ein Gefühl?
    Das vorherrschende Gefühl ist Wut. Wir hassen uns selbst, weil wir unfähig sind, anders zu sein, als wir sind. Unfähig, besser zu sein.
    Das Gefühl ist Wut.
    Seinen Gefühlen muß man folgen. Egal, ob man nun Kopfoder Gefühlsmensch ist, man folgt diesen Reizen, weil man sie für Wegweiser ins Gelobte Land hält. Aber sie sind nichts dergleichen. Sie sind vielmehr Klippen, die es zu umschiffen gilt, und jede, gegen die du schrammst, schlitzt dich wieder etwas mehr auf, und es warten immer neue am Horizont. Aber dem fühlst du dich nicht gewachsen, daher zwingst du dich, dem verlogenen Schwachsinn derjenigen zu glauben, die du instinktiv als Lügner erkennst, und du wiederholst diese Lügen vor dir selbst und anderen, in der Hoffnung, daß du, wenn du sie nur oft und inbrünstig genug wiederholst, denselben gottgleichen Status erringen wirst, den wir denjenigen zuschreiben, die diese Lügen am häufigsten und leidenschaftlichsten erzählen.
    Aber das gelingt dir nie, und selbst wenn, hätte es keinen Wert für dich, du würdest feststellen müssen, daß niemand mehr an Helden glaubt. Wir wissen, daß sie uns nur etwas verkaufen wollen, das wir uns nicht wirklich wünschen, und uns das vorenthalten, was wir wirklich brauchen.
    Vielleicht ist das sogar gut so. Vielleicht söhnen wir uns letzten Endes doch noch mit unseren Lebensbedingungen aus. Es ist schrecklich, daß wir immer einsam sterben, aber das ist nicht so schlimm, wie einsam zu leben ...

    Nun bin ich bereit, und ich höre den Schlüssel. Ich springe und falle, dann spüre ich, wie ich hochschwinge, und höre ein Krachen, aber es folgt kein Schmerz, und da ist eine Gestalt hinter dem Milchglas, aber es ist nicht sie sie ist zu klein es ist Stacey nicht Stacey oh Fuck Scheiße nicht die Tür öffnen mach nicht die Tür auf... nicht... und jetzt interessiert es mich ...
    ... ich will mehr als alles andere, daß Stacey nicht hier ist und das sieht, und ich versuche zu rufen Nicht geh weg und ich höre wie sie Daddy schreit, und ich will leben und es an ihr und Carole wieder gutmachen, die höre ich jetzt auch, BRUCE schreit sie, denn jetzt interessiert es mich und ich hab gewonnen und es den Schweinen gezeigt aber zu welchem Preis

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Das Buch
    Für Sergeant Bruce Robertson gibt es nichts Schöneres als seine Arbeit: nette Beschäftigungen auf der Herrentoilette, kleine Intrigen gegen Kolleginnen, Kurztrips nach Amsterdam ins Sex- und Drogenparadies. Ärgerlich, dass er dann doch noch einen Mord aufklären soll, aber vielleicht springt für ihn ja etwas dabei heraus. Immer tiefer versinkt Robertson im Morast seiner eigenen Widerwärtigkeit, und es sieht nicht gut aus für ihn. Ein Bandwurm, der den Polizisten schon seit Längerem quält, kommentiert ungefragt alle Schweinereien seines Wirts. Und in einem Roman von Irvine Welsh steht es nie so schlimm, dass es nicht noch schlimmer kommen könnte.
    Bei Erscheinen der Originalausgabe protestierte die britische Polizei gegen die Veröffentlichung, weil sie sich durch den Roman beleidigt fühlte, konnte aber nicht verhindern, dass das Buch lange auf Platz 1 der britischen Bestsellerliste stand.

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Der Autor
    Irvine Welsh, geboren 1958 in Edinburgh, lebt vornehmlich in Dublin und Chicago, ist seiner Heimatstadt aber nach wie vor sehr verbunden. Sein erster Roman »Trainspotting« wurde für den Booker Prize nominiert und von Danny Boyle verfilmt. Sein jüngster Roman »Crime« erscheint 2011 auf Deutsch.
Die Übersetzer
    Clara Drechsler und Harald Hellmann übersetzen gemeinsam aus dem Englischen, u. a.Werke von Bret Easton Ellis, A. M. Homes, Patti Smith und Nick Hornby.



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1. Auflage 2011

Titel der Originalausgabe: Filth
© 1998 Irvine Welsh
Deutsch von Clara Drechsler und Harald Hellmann
© 2011 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
eBook © 2011 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
Umschlaggestaltung: Barbara Thoben, Köln, nach einer Idee von Vintage Publishing, UK
Umschlagmotiv: © Artem, Fotografie Richard Caldicott
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