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Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition)
Autoren: David Vann
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allein hob sie sich nicht.
    Seht nur, die vielen Blumen, sagte seine Mutter, und es stimmte, überall Blumen. Sie zogen einen Kübel Petunien heran, weiß und rosa und violett in der Sonne. Wie kleine Gesichter, sagte seine Mutter.
    Wie spät ist es?, fragte Galens Großmutter.
    Sieh nur, Mom, die Rosen.
    Sie gingen zu den Rosen, rot und lose und dornig. Galen beugte sich vor, um an ihnen zu schnuppern. Er mochte den Duft roter Rosen.
    Wie Ferdinand, der Stier, sagte seine Mutter.
    Danke, sagte Galen.
    Erinnerst du dich an Ferdinand, den Stier, Mom?
    Aber Galens Großmutter blickte sich besorgt um. Wie spät ist es?, wiederholte sie.
    Das ist der Stier, der nur rumliegt und an Blumen schnuppert.
    Vielleicht sollten wir gehen, sagte Galens Großmutter. Es wird spät. Wir sollten nach Hause fahren.
    Sieh doch hier, sagte Galens Mutter. Sie haben Kapuzinerkresse.
    Wir sollten nach Hause fahren.
    Galen versuchte, sich aufs Ausatmen zu konzentrieren.
    Wo ist hier der Ausgang?, fragte seine Großmutter und blickte sich um. Schweiß auf ihrem Gesicht von der Hitze, das Hemd allmählich dunkel. Kein Schatten. Nie kann ich mich erinnern, wo der Ausgang ist.
    Hier entlang, Mom. Wir gehen zurück auf dein Zimmer.
    Wir müssen nach Hause.
    Vielleicht können wir Karten spielen, sagte Galen im Bemühen zu helfen. Er konnte das alles nicht ertragen.
    Das ist eine tolle Idee, sagte seine Mutter. Lass uns eine Runde Karten spielen, Mom.
    Ich will nach Hause. Warum bringt ihr mich nicht nach Hause?

 
 

 

 
    A ls Galen und seine Mutter nach Hause zurückkehrten, warteten Galens Tante und Cousine bereits auf sie. Seine Tante an der Tür, seine Cousine Jennifer hingelümmelt auf der Zweierbank unter der Eiche. Wie Gangster. Galens Mutter parkte hinter deren schepprigem Oldsmobile.
    Seine Mutter ging zur Tür, und Galen schlenderte zu seiner Cousine. Zu dieser Eiche mit Ästen, die sich fünfzehn Meter in alle Richtungen streckten. Als Kinder hatten sie hier gespielt, endlose Stunden im Schatten mit Barbies und G .  I . Joes.
    Hey, sagte Jennifer.
    Galen bemühte sich, nicht hinzusehen. Aber sie hatte einen Fuß auf die Bank gestellt, das gebeugte Knie weit hochgezogen und trug einen kurzen Rock. Er konnte ihren Schlüpfer sehen, hellblau, und die weiche Haut ihres Schenkels. Sie war siebzehn, und seit mindestens vier Jahren erhaschte er solche Blicke, unerträglich. Er sah zu Boden, auf das Gras, das ihm bis zu den Waden reichte.
    Hey, sagte sie. Du siehst gut aus. Echt scharf. Dieser Look, als würdest du nie wieder duschen – das gefällt mir. Penner sind so was von sexy.
    Du duschst genug für uns beide.
    Stimmt, sagte sie. Meine Haut ist hinterher immer soschön weich. Sie fuhr mit den Fingern über die Innenseite ihres Schenkels. Unglaublich, sagte sie. Willst du mal fühlen?
    Hör auf, sagte er und ging weg, ins Haus. Das Wohnzimmer kühl und dunkel, die Vorhänge vorgezogen, dort verharrte er einen Augenblick am Fuß der Treppe. Der Stutzflügel, auf dem keiner spielen konnte. Die alten Fotos an den Wänden. Die staubigen breiten Dielen. Er stieg die knarrende Treppe hoch in sein Zimmer und schloss die Tür ab. Holte einen Hustler hervor und legte sich aufs Bett.
    Die Lust nichts anderes als Verzweiflung, ein tiefes, schlimmes Bedürfnis, und seine Phantasie, schrecklich. Samsara, die Welt des Leidens. Also legte er die Zeitschrift beiseite, ließ die Hand ruhen, und sein Schwanz blieb steif. Er nahm den Kassettenrekorder vom Nachttisch, setzte die Kopfhörer auf, hörte Kitaro. Machte die Augen zu und sah Kamele in der Wüste, lange Wanderungen durch Sand und Wind und Zeit. Spürte, wie sein Geist Leben überspannte und Inkarnationen, spürte Freiheit. Der Körper ein bloßer Traum.
    Das Hämmern an seiner Tür war allerdings kein Traum, und schließlich musste er den Kopfhörer abnehmen. Komme, rief er. Himmel. Die Welt geht nicht unter, wenn wir nicht zu Abend essen.
    Er zog Unterhose und Shorts hoch und beschloss dann, stattdessen Jeans anzuziehen. Jeans konnten einen Steifen verbergen. In ihrer Nähe bekam er sofort einen Steifen. Unaufhaltsam.
    Als er die Treppe hinunterging, empfand er eine tiefeBeklemmung, wie ein Tier, das zur Schlachtbank geführt wird. Das Mahl der hundert Demütigungen, murmelte er, weil es besser war, der Sache vorher einen Namen zu geben. Um ihr etwas von ihrer Macht zu nehmen. Er bewegte sich langsam, nackte Füße auf dem Holz, das verglichen mit der Luft beinahe kühl war.
    Warum
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