Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula
Autoren: Bram Stoker
Vom Netzwerk:
Schultern und eine Decke auf die Knie und sagte in fließendem Deutsch:
    »Die Nacht ist kalt, und mein Herr, der Graf, hat mir aufgetragen, für Sie zu sorgen. Hier unter dem Sitz steht eine Flasche Sliwowitz
( Anm.
der Pflaumenbranntwein des Landes), falls Sie seiner bedürfen sollten.« Ich nahm nichts davon, aber es war mir immerhin eine Beruhigung zu wissen, dass man für mich sorgte. Ich hatte ein eigentümliches Gefühl, welches aber nicht Furcht genannt werden konnte. Hätte es allerdings irgendeine Möglichkeit gegeben, auf diese nächtliche Fahrt zu verzichten, so hätte ich sie ergriffen. Der Wagen fuhr in schnellem Tempo dahin, |21| bis wir plötzlich eine vollkommene Kehrtwendung machten und in die entgegengesetzte Richtung jagten, wobei ich den Eindruck hatte, noch immer auf der gleichen Straße zu sein. Ich merkte mir einige besonders auffällige Punkte und stellte fest, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Zu gerne hätte ich den Kutscher gefragt, was das zu bedeuten habe; ich tat es aber nicht, weil ich mir sagte, dass in meiner Situation ein Protest ohnehin zwecklos wäre, wenn er wirklich etwas gegen mich im Schilde führte. Neugierig war ich aber, wie spät es wohl sei. Ich zündete ein Streichholz an und sah bei seinem Schein nach meiner Uhr – es waren nur noch wenige Minuten bis Mitternacht! Mich erfasste ein jäher Schreck; vermutlich hatten mich der allgemeine Aberglaube und meine jüngsten Erlebnisse etwas nervös gemacht. Ein Gefühl ängstlicher Spannung überkam mich.
    Dann begann weit entfernt auf einem Bauernhof an der Straße ein Hund zu heulen; es war ein langes, todtrauriges Weinen, wie vor Angst. Ein zweiter antwortete, und so pflanzte sich das fort, bis schließlich alle Hunde der Gegend in dem Konzert mitzumachen schienen, das nun, getragen vom Nachtwind, leise durch den Pass zog. In meiner von der finsteren Nacht aufgewühlten Einbildungskraft schien das Geheul die ganze Gegend ringsum erfasst zu haben. Bei den ersten Lauten scheuten und schnaubten die Pferde, aber der Kutscher sprach leise auf sie ein, und sie wurden wieder ruhiger, wenn sie auch zitterten und schwitzten, wie nach der Flucht vor einer Gefahr. Nun aber begann, noch weit entfernt, auf den Bergen zu beiden Seiten des Weges ein lauteres, heller klingendes Geheul, das Geheul von Wölfen, welches die Pferde und auch mich in hohem Maße erschreckte. Ich war fast so weit, aus dem Wagen zu springen, so sehr schlugen die schnaubenden, sich aufbäumenden Pferde aus, und der Kutscher musste seine ganze Kraft aufwenden, um sie zu halten. Nach wenigen Minuten hatten sich meine Ohren aber an die Laute gewöhnt, und auch die Pferde waren wenigstens so weit beruhigt, dass der Kutscher absteigen und sich vor sie hinstellen konnte. |22| Er streichelte die Tiere und flüsterte ihnen etwas in die Ohren, wie es die Pferdedresseure machen. Das hatte eine gute Wirkung, denn unter seinen Zuwendungen wurden sie wieder fügsamer, obgleich sie immer noch zitterten. Der Kutscher stieg dann wieder auf seinen Bock und fuhr mit straffen Zügeln in flottem Tempo weiter. Diesmal aber bog er, nachdem wir die höchste Stelle des Passes überwunden hatten, plötzlich auf einen schmalen Weg nach rechts ab.
    Bald waren wir unter Bäumen, deren dicht verschlungene Äste förmlich einen Tunnel bildeten, bald stiegen schroffe Felsen zu beiden Seiten kühn in die Höhe. Obwohl wir geschützt waren, konnten wir den stärker werdenden Nachtwind hören; es pfiff und winselte durch die Felsen, und klatschend und krachend schlugen die Zweige der Bäume zusammen. Es wurde immer kälter und kälter und bald fiel auch ein leichter Schnee, der uns und unsere Umgebung in einen weißen Überzug hüllte. Der scharfe Wind trug uns das Heulen der Hunde aus immer weiterer Ferne zu. Dagegen kam das Geheul der Wölfe näher und näher, als ob sie uns von allen Seiten umringten. Ich war sehr erschrocken, und die Pferde teilten meine Furcht; der Kutscher aber schien nicht im Mindesten beunruhigt. Er wandte den Kopf aufmerksam nach rechts und links, aber ich konnte nichts bemerken.
    Plötzlich, dicht zur Linken, tauchte eine flackernde blaue Flamme 4 aus dem Dunkel auf. Der Kutscher sah sie wohl zur gleichen Zeit, denn er hielt die Pferde an, sprang ab und verschwand in der Finsternis. Ich wusste nun nicht, was ich tun sollte, insbesondere, da das Geheul der Wölfe immer näher kam. Aber während ich noch überlegte, kehrte der Kutscher unversehens zurück, nahm wortlos
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher