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Drachenmagier

Titel: Drachenmagier
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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haben würde.
    Aber – wie kam sie
hierher?
    »Hinlegen. Ich muß
mich hinlegen.«
    Blindlings, die Augen
verschleiert von wirren Gedanken, tastete Alfred sich an den
Wänden bis zu
seiner eigenen Nische entlang. Hineinsteigen, sich
niederlegen, schlafen –
oder vielleicht erwachen. Es war ja möglich, daß er
träumte. Er…
    »Gütiger Sartan!« Mit
einem heiseren Aufschrei zuckte Alfred zurück.
    Jemand lag darin! In
seiner Nische! Ein Mann milderen Alters, auf dem
Rücken ausgestreckt, mit
einem herrischen, kalten, gutaussehenden Gesicht und
kräftigen, sehnigen
Händen.
    »Ich bin verrückt! Ich
muß verrückt sein!« Alfred hielt sich den
Kopf. »Das – das ist unmöglich!«
Stolpernd lief er zu dem Sarkophag der Frau, die nicht Lya war.
»Ich schließe
jetzt die Augen, und wenn ich sie aufmache, ist alles wieder
in Ordnung…«
    Aber er tat es nicht.
Er konnte nicht glauben, was er gesehen hatte, und starrte unverwandt
auf die
Tote.
    Ihre Hände waren über
der Brust gefaltet…
    Die Hände. Die Hände
bewegten sich – auf, ab… Sie hatte geatmet.
    Wie gebannt blieb er
stehen und wartete lange, denn die magische Stasis verlangsamte die
Atemfrequenz. Wieder hoben und senkten sich die Hände, und
jetzt, da Alfred den
ersten Schock überwunden hatte, bemerkte er die zarte
Röte in den Wangen der
Frau, wie er sie bei Lya nie wieder sehen würde.
    »Diese Frau – lebt!«
flüsterte er.
    Er taumelte zurück zu
seinem Sarkophag, in dem ein Fremder lag, und schaute hinein. Die
Kleidung des
Mannes – ein schlichtes, weißes Gewand –
hob und senkte sich. Augäpfel bewegten
sich unter geschlossenen Lidern, ein Finger zuckte.
    In fieberhafter
Erregung lief Alfred von einer Nische zur anderen. Es gab keinen
Zweifel, diese
Sartan lebten! Alle!
    Erschöpft und betäubt
kehrte Alfred zu seinem Ausgangspunkt zurück und
versuchte, Ordnung in den
Wirrwarr seiner Gedanken zu bringen. Es war
unmöglich. Er fand weder das Ende
des Fadens noch den Anfang.
    Seine Freunde in dem
Mausoleum waren seit vielen, vielen Jahren tot. Wieder und wieder hatte
er sie
verlassen, wieder und wieder war er zurückgekehrt,
und nie fand er etwas
verändert vor. Als ihm seinerzeit bewußt
geworden war, daß nur er von allen
Sartan auf Arianus überlebt hatte, wollte er es nicht glauben.
    Er hatte ein Spiel
gespielt und sich eingeredet, wenn er diesesmal zurückkam,
würde der Alptraum
zu Ende sein. Aber die verzweifelte Hoffnung hatte sich nie
erfüllt, und bald
wurde das Spiel so schmerzlich, daß er aufhörte, es
zu spielen.
    Doch jetzt gab es eine
neue Partie und mehr noch: Er hatte gewonnen!
    Der einzige
Wermutstropfen bestand darin, daß diese Sartan Fremde waren.
Er konnte sich das
nicht erklären und auch nicht, was aus den anderen geworden
war, die bei seinem
Weggang in den Sarkophagen gelegen hatten. Aber Fremde oder nicht
– es waren
Sartan, und sie lebten!
    Außer natürlich, er
war tatsächlich verrückt.
    Es gab eine
Möglichkeit, das herauszufinden. Alfred zögerte; er
war gar nicht sicher, daß
er Gewißheit haben wollte.
    »Hast du nicht eben
noch davon geredet, dich von der Welt zurückzuziehen? Dich
nicht mehr in das
Leben anderer Leute einzumischen? Du könntest weggehen, diesen
Raum verlassen,
ohne einen Blick zurückzuwerfen.« Er
schüttelte hilflos den Kopf. »Aber wohin
sollte ich gehen? Dies ist mein Zuhause, falls ich überhaupt
ein Zuhause habe.«
    Neugier bewog ihn zu
handeln.
    Alfred begann die
Runen zu singen. Er wiegte sich im Rhythmus, zeichnete mit den
Händen die Sigel
in die Luft und mit den Füßen das verschlungene
Muster auf den Boden.
    Der Körper, der so
unglaublich tolpatschig durch den Alltag stolperte, gewann durch die
Magie, die
ihn erfüllte, eine beeindruckende Erhabenheit, und
einen Augenblick lang war
Alfred fast schön. Seine Bewegungen wirkten anmutig, sein von
Melancholie
geprägtes Gesicht schien von innen heraus zu
leuchten, sein Lächeln war
entrückt. Er gab sich der Magie hin, ließ sich von
ihr mitreißen, umarmte sie.
Die Rockschöße wehten, die ausgefransten
Spitzenmanschetten flatterten, während
er mit gravitätischer Eleganz seine Kreise durch das Mausoleum
drehte.
    Eine nach der anderen
öffneten sich die Türen aus Kristall. Einer nach dem
anderen taten die in den
Kammern Liegenden ihren ersten Atemzug von der Luft der
Außenwelt. Köpfe
drehten sich, Augen schauten erstaunt
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