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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme
Autoren: Tina Daniell
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er sie ermordete.
    »Kleiner Zauberer, ja, ja«, sagte er und zog eine Grimasse.
Tiefe Sorgenfalten durchfurchten seine Stirn.
Selbst auf einem Maultier würde er niemals rechtzeitig nach
Qualinost gelangen. Außerdem hatte er keine Ahnung, wo in
Qualinesti er aufgetaucht war – außer daß er sich irgendwo
jenseits der Schlucht im Westen von Qualinost befand. Die
Gegend kam ihm entfernt bekannt vor. Er sah sich um und riß
sich zusammen. Windsbraut kam näher, doch der Zwerg
ignorierte sie. Angestrengt durchforstete er sein Gehirn. Das
Leben der Stimme hing am seidenen Faden.
Es gab keine Möglichkeit, rechtzeitig dorthin zu kommen –
wenn er keine Abkürzung fand.
Wie den Sla-Mori in der Eiche!
Er machte die Augen zu, um sich alles in Erinnerung zu
rufen, die Panik, die Flucht vor dem Tylor, Windsbrauts
donnernde Hufe. Dann öffnete er die Augen wieder und
betrachtete das Maultier mit neuem Interesse. Es riß einen
Mundvoll Gras ab und starrte zurück.
Flint drehte sich um. Er war sich ziemlich sicher, daß
südwestlich von hier der Ort liegen mußte, wo er auf das
Echsenmonster gestoßen war. Wenn er nur den Weg finden
konnte, würde ihm
– oder dem Maultier
– vielleicht etwas
bekannt vorkommen. Maultiere waren für ihren
Orientierungssinn bekannt, wenn auch nicht für ihre
Intelligenz, ihren wohlriechenden
Atem oder ihre fügsame
Natur. Er ging einen Schritt auf Windsbraut zu.
»Komm her, Süße«, lockte er.
Das Maultier kaute weiter und sah ihn dabei argwöhnisch an.
Er rupfte eine Handvoll Gras aus und hielt sie ihm hin.
»Möchtest du?« fragte er.
Auf dem Gesicht des Tieres zeigte sich ein gewisses
Interesse.
»Na, schön«, sagte er mit einem gekonnten Seufzer um
drehte sich zur Seite. Das Grasbüschel streckte er nachlässig
über die unverletzte Schulter aus. »Ich fürchte, mir bricht mein
armes, altes Herz.« Er schluchzte scheinheilig.
Eine schlüpfrige Schnauze näherte sich seinem Hals und
wand ihm das Gras aus der Hand. Er drehte sich um und sah
das Tier freudestrahlend an. »Windsbraut!« Er warf ihr die
Arme um den Hals (schließlich konnte er später baden) und
sprang auf ihren Rücken.
Sekunden später waren sie auf dem Weg nach Südwesten.
* * *
    Die Wachen auf der stadtnahen Seite der Brücke winkten, als
Tanis in Gilthanas’ grauer Robe vorbeirannte. »Du kommst zu
spät, Gilthanas!« rief einer. Tanis hielt seine Kapuze gut fest,
weil er Angst hatte, bei seinem Tempo würde sie
zurückgeschlagen werden und ihn entlarven.
    Dann würden ihn die Wachen auf jeden Fall festnehmen.
Der Halbelf hetzte die gepflasterten Straßen entlang.
Ernst stand Miral am Rand vom Zentrum des Sonnenturms.
    Die beiden Mosaiken sechshundert Fuß über ihm glühten, und
die Marmorwände erstrahlten im Licht der vierhundert Fackeln
und des Sonnenlichts, das durch unzählige Spiegel in der Wand
reflektiert wurde. Der Saal füllte sich bereits mit Adligen. Lord
Litanas stand am Podium. Lady Selena, deren Haare deutlich
blonder waren, als beim letzten Mal, wo der Magier sie
gesehen hatte, sah den neuen Berater von ihrem Platz am
Eingang mit ihren tiefblauen Augen liebevoll an. Für Ulthen,
der sich hinten herumdrückte, hatte sie keine Augen.
    Lord Tyresian hatte offenbar jemanden gefunden, der ihm
sein Prunkschwert repariert hatte, das er jetzt trug, während er
neben Laurana am Podium stand. Laurana wirkte nervös. Sie
achtete nicht auf Tyresian und sah sich die ganze Zeit um.
    Als Koordinator des Kentommen hatte Miral den Adligen
ihre Plätze zuweisen können. Er hatte einfach so getan, als
gäbe er Anordnungen der Stimme weiter. Laurana würde
gleich neben Porthios und Solostaran stehen, wenn er seine
Magie entfesselte, überlegte der Zauberer.
    Zu schade, daß Lauralanthalasa seinen Heiratsantrag
abgelehnt hatte. Er hätte so viele seiner Pläne für sie geändert.
Er hätte sie wirklich um Jahre verschoben, bis er ihr eines
Tages einen offiziellen Antrag gemacht und dafür ihre Liebe
erhalten hätte. Für Laurana hätte er auf das Amt der Stimme
verzichtet; er fragte sich, ob er ihr das hätte sagen sollen.
Frauen liebten das Gefühl, daß ihre Verehrer für sie die Welt
aufgaben. In Lauranas Fall hätte er das womöglich sogar
wirklich getan.
    »Kleiner Zauberer«, sagte er heiser zu sich selbst und lachte.
Seit seiner Kindheit war er mächtig gewesen – seit er den
Graustein von Gargath in den Höhlen gefunden hatte.
    Miral stellte sich rechts neben das Podium und ging auf die
Stufen zu, die sich
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