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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme
Autoren: Tina Daniell
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der Korridor nicht und steht auf
keiner Karte.«
Tanis faßte wieder nach: »Deine Rolle…« Aber Gilthanas,
der von der Zeremonie begeistert war, der auch er sich eines
Tages unterziehen würde, war offenbar entschlossen, die ganze
Geschichte zu erzählen.
»Der Korridor heißt Yathan-Ilara, Pfad zur Erleuchtung. Er
führt zum Sonnenturm. Der junge Elf legt diesen Weg
schweigend und allein zurück. Am Ende kommt eine Tür, wo
er wartet, bis derjenige, der am Kentommenai-Kath Wache
gestanden hat, sie öffnet und ihn in den Hauptsaal des
Sonnenturms einläßt.«
Hier also war Gilthanas’ Platz. Es klang, als hätte er seine
Rolle auswendig gelernt – bestimmt bei Miral. »Ich warte vor
der Tür, bis ein Gong ertönt. Dann mache ich die Tür auf,
husche hinein, lasse die Tür zufallen, nehme Porthios die Kerze
ab und sage – natürlich in der alten Sprache: >Ich bin deine
Kindheit. Laß mich zurück in den Nebeln der Vergangenheit.
Schreite vorwärts in deine Zukunft.< Porthios macht die Tür
auf und betritt den Sonnenturm.«
Jetzt kam Tanis allmählich eine Idee.
»Du bleibst in dem Gang?« fragte der Halbelf.
Gilthanas klang etwas verlegen. »Ich soll Porthios’
entschwundene Kindheit darstellen, also sollte ich bei der
eigentlichen Zeremonie wirklich nicht dabei sein. Aber Miral
meinte, daß es keiner merken wird, wenn ich die Tür ein
bißchen aufmache, um zuzuhören. Schließlich habe ich schon
in sechzig Jahren selbst mein Kentommen.«
Tanis war jetzt der Plan klar, mit dem er den Mörder zur
Strecke bringen würde.
Sie setzten ihren Marsch nach Qualinost wieder fort.
Schließlich führte der Pfad nach unten. Trommeln und
Trompeten erklangen wieder vom Palast und vom Turm her,
und Gilthanas rief: »Wir müssen schneller machen! Ich komme
zu spät!«
Durch die lichter werdenden Espen konnte Tanis gerade so
eben die Westbrücke über den Fluß der Hoffnung erkennen.
Ohne nachzudenken, machte er einen falschen Schritt und stieß
gegen Gilthanas. Als sein Cousin sich überrascht nach ihm
umdrehte, ging der Halbelf zum Angriff über.
Fünf Minuten später tauchte eine Gestalt in grauer Robe
hinter einer Baumgruppe auf. Dahinter wackelte es im
Gebüsch, und eine erstickte Stimme versuchte zu schreien, als
wenn dort ein großes Tier gefesselt läge. Wer einen genaueren
Blick auf die Gestalt in der Robe geworfen hätte, die jetzt den
Pfad herunterkam, hätte den schwachen Umriß eines Schwerts
auf der linken Seite bemerkt.
Tanis hoffte, es würde keiner hinsehen.
Er zog sich die Kapuze über das Gesicht, fing an zu rennen
und überquerte die Brücke.
Kapitel 16
Zusammenkunft im Turm
    Flint ließ das Seil los, als er gegen zwei Espen knallte, und
ließ sich in das feuchte Moos sacken. Windsbraut rannte noch
ein paar Schritte weiter. Dann blieb sie stehen und sah finster
zu ihm zurück. Flint drohte ihr mit der Faust. »Du… du Esel!«
schrie er.
    Er blickte zu dem Loch im Fels zurück, um es vielleicht zu
markieren, damit er eines Tages zu einer genaueren
Untersuchung zurückkehren konnte. Dann beschieß er, daß die
Geheimnisse der Vergangenheit – und die Schatten, die dort
unten lauerten – besser ruhen sollten. Dennoch ging ihm die
Sache nicht aus dem Kopf.
    Tief unter ihm hatte die Stille wieder ihren schweren Mantel
über die leeren Säle und Gänge gebreitet. In der Finsternis
warteten die Schatten wie schon seit Jahrhunderten.
    In der Ferne hörte Flint den Klang der Trommeln und
Trompeten. Wieder erinnerte er sich unvermittelt an etwas: an
den Anblick des Magiers, der einen Ärmel hochschob, um dem
Zwerg zu zeigen, wie man die wundersame Badewanne im
Palast leerte. Der Zwerg hatte eine kleine, sternförmige Narbe
auf Mirals Unterarm gesehen.
    Schließlich erinnerte sich der Zwerg daran, wie er bei seinem
ersten Besuch mit Tanis mit Ailea in der Küche gewesen war.
Sie hatte von einigen Geburten erzählt, bei denen sie geholfen
hatte, und hatte eine erwähnt, die so schwierig gewesen war,
daß das kleine Kind eine sternförmige Narbe davontrug.
    Flint wußte: Schon bald wurde Miral die Wut herauslassen,
die er jahrelang trotzig in sich aufgebaut hatte. Die Stimme und
mit ihr ihre drei Kinder – falls Gilthanas nicht bereits tot war –
würden sterben. Flint zweifelte nicht daran, daß der Teil von
Miral, der noch nicht wahnsinnig war, der Teil, den er all die
Jahre zur Schau gestellt hatte und mit dem er sich mit Zwerg
und Halbelf angefreundet hatte, rufen würde: »Verzeiht mir!«,
während
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