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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser
Autoren: Markus Heitz
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des Käfigs auf und winkte dem Geschöpf, dessen goldene Schuppen schimmerten und funkelten. »Meister, kommt! Wir haben Euer Entkommen gut geplant…«
    »Alfred!«
    Klaras Schrei ließ ihn herumwirbeln: Durch den Eingang kamen chinesische Arbeiter gestürmt, die lange Holzlatten, Hämmer und Schwerter mit sich trugen. Aus ihrer Mitte ragte Wu Li stumm empor, während die anderen riefen und brüllten.
    Klara stand vor ihnen, in den Händen hielt sie zwei Revolver. »Bleibt stehen, verdammte Schlitzaugen!«, schrie sie und schwenkte die Läufe umher. »Ich lasse nicht zu, dass ihr den Meister länger so schäbig behandelt.«
    Alfred zog seine beiden Mauser C96 Halbautomatik und richtete die langen Läufe ebenfalls auf die unvermutet aufgetauchten Angreifer. Dann haben es die anderen wohl nicht geschafft. Er überlegte. Noch konnte ihnen die Befreiung des Göttlichen gelingen. »Meister, Ihr müsst uns beistehen«, sagte er. »Versteht Ihr mich?«
    Ja, vernahm er die Stimme des Drachen in seinem Kopf. Wie alle mächtigen Geschuppten verständigte er sich mit Menschen auf telepathische Weise.
    Alfred war erleichtert und überrascht zugleich. Zum ersten Mal wurde ihm diese Ehre leibhaftig zuteil. Wie es schien, bedienten sich die Geschöpfe dabei einer universellen Sprache. »Könnt Ihr … in … Eurem geschwächten Zustand … fliegen?«, stotterte er zu seiner Verärgerung. Eine fremde Stimme im eigenen Verstand zu hören, machte ihn trotz der Vorbereitung darauf perplex. Er fokussierte seine Gedanken auf den Befreiungsplan. Ich müsste es versuchen.
    »Das braucht ihr nicht. Wir haben vorgesorgt: Auf der Wiese neben dem Zirkus wartet ein Zeppelin, in dessen Gondel Ihr hineinpasst.« Alfred gratulierte sich selbst zu der Entscheidung, das Luftschiff in den ausgeklügelten Plan einzubinden. »Bitte, Ihr müsst uns mit Eurem Feueratem Deckung geben, bis wir beim Luftschiff angelangt sind.« Er ging rückwärts, um den Drachen hinauszulassen. »Mit ihm bringen wir Euch zu einem Freund, der bereits viele Eurer Art um sich herum versammelt hat.«
    Wenn es so ist. Der Drache erhob sich auf seine vier Beine und blieb dabei geduckt, um mit dem Rücken nicht gegen die Decke des Gefängnisses zu stoßen. Du meintest es ernst, als du davon sprachst, den Zirkus in die Luft zu jagen?
    Alfred nickte. »Alles ist vorbereitet. Wir haben in der Pagode Bomben verteilt, um Eure Kerkermeister für deren frevelhafte Taten zu strafen! In knapp zwanzig Minuten gehen sie hoch, Meister. Kommt!«
    Wu Li hob die Arme, und die chinesischen Arbeiter verstummten. »Wenn ihr zwei jetzt nicht geht, wird es ein böses Ende nehmen«, sagte er mit seiner dunklen Stimme. »Drachen sind sensible Wesen, die Störungen nicht mögen, egal in welcher Absicht sie geschehen.«
    »Sei still!« Alfred hielt die Läufe der Pistolen noch immer auf die Meute gerichtet.
    Der riesige Chinese lächelte unverbindlich. »Wir haben deine Motivation falsch eingeschätzt und dachten, du und deine Freunde wolltet dem Geschöpf etwas antun. Für deine Begleiter kommt diese Erkenntnis leider zu spät, aber dir und der Frau kann es das Leben retten.«
    »Sie sind tot?«, rief Klara und spannte die Hähne ihrer Revolver klickend. »Ihr Bastarde! Wir haben Munition für euch alle!« Sie schoss zwei der Arbeiter nieder, mitten durch die Brust. Ächzend fielen sie zu Boden, während die Umstehenden sich erschrocken niederbeugten, um ihnen beizustehen.
    Wu Li hielt die Übrigen zurück, die sich auf die Frau stürzen wollten. »Das war unklug.«
    »Wieso? Klara hat recht: Ihr habt den Tod verdient«, sagte Alfred düster und hob seine Waffen. »Ihr habt unsere besten Leute getötet und den Meister beleidigt. Ihr …«
    Klara sah aus den Augenwinkeln, dass der Leib des Drachen blitzartig nach vorn zuckte, dann knackte und krachte es. Ein Körper fiel, es plätscherte leise.
    Mit einem Laut des Entsetzens wandte sie sich um. »Meister, was tut Ihr?« Sie sah Alfreds entsetzlich zugerichtete Leiche auf den Brettern liegen. Der Oberkörper war flach gequetscht worden; vier breite Löcher klafften in seiner Brust, aus denen das Blut in Strömen auf die groben, schmutzigen Dielen lief. An Nie-Lungs rechter Klaue troff das Blut herab, seine Augen leuchteten golden und strahlten auf sie nieder.
    Er hat ihn umgebracht? Klara konnte nicht fassen, was geschehen war. Ein Missverständnis oder Betrug an ihnen? Ihre Arme senkten sich, sie zitterte vor Abscheu und Furcht. »Meister …
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