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Drachenjagd

Drachenjagd

Titel: Drachenjagd
Autoren: Rüdiger Zuber
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Aidan und stand auf. Unter den ungläubigen Blicken des Wirtes zog er seinen abgetragenen Lederstiefel vom rechten Bein und stellte den Fuß auf einen Hocker. Seine Socken waren genauso durchlöchert wie der Rest seiner Kleidung. Umständlich fummelte Aidan eine glänzende Goldmünze aus dem Sockenbund und hielt sie dem Wirt hin. Als dieser keine Anstalten machte, das Geld anzunehmen, schnippte Aidan die Münze auf die Theke. Sie rollte auf dem glatt polierten Holz entlang und blieb direkt vor dem Wirt liegen.
    »Das sollte ausreichen für das Bier, eine anständige Mahlzeit und ein sauberes Bett«, sagte Aidan. Innerlich verabschiedete er sich von einer seiner letzten kostbaren Goldmünzen. Wie so viele Helden war er auf Belohnungen und Kopfgelder angewiesen und die letzte Zeit hatte es nicht gut mit Aidan gemeint, auch das teilte er mit den meisten anderen Mitgliedern seiner Zunft. Die Geldmittel waren schneller aufgebraucht, als neue Aufträge in Sicht kamen. Was er jetzt brauchte, war eine gut bezahlte Heldentat. Wobei die Betonung eindeutig auf „gut bezahlt“ liegen musste.
    »Nun, Geld stinkt nicht, so erzählt man sich zumindest«, sagte der Wirt grinsend und klaubte die Münze auf, die sogleich spurlos in den Tiefen seines Gewandes verschwand. Die Gäste belohnten seinen Witz mit verhaltenem Gelächter.
    »Einmal die Spezialität des Hauses, kommt sofort«, sagte er in einem Tonfall, der Aidan Schlimmes erahnen ließ.
    Es dauerte nicht lange, da kam der Wirt mit einer prall gefüllten Schüssel zurück. Gefüllt war sie mit einem undefinierbaren Mischmasch aus verschiedensten Zutaten, die einmal gelebt haben mochten – oder auch nicht. Wenn Aidan Glück hatte, lebte zumindest jetzt nichts mehr davon. Immerhin war nun auch die Ursache für den seltsam süßlichen Geruch geklärt: Er ging von der Schüssel mit der Spezialität des Hauses aus, die vor ihm stand. Letztlich siegte der Hunger und er schnappte den Holzlöffel und aß sie ganz leer, danach kratzte er die Reste mit dem trockenen Weißbrot aus, das der Wirt ihm ermunternd hinstellte. Das Ganze begoss er mit dem Rest des Bieres und hoffte, dass die Zutaten in seinem Verdauungstrakt keinen verheerenden Krieg anzetteln würden.
    Zufrieden schob er die leere Schüssel von sich und lehnte sich zurück, wobei er beinahe vom Hocker fiel.
    »Und?«, fragte der Wirt betont beiläufig, während er mit dem klappernden Geschirr hantierte, »Welchem Grund verdanken wir die Ehre deines Besuchs?«
    »Ich bin auf der Suche nach Arbeit«, sagte Aidan und bemühte sich, seiner Stimme nicht anmerken zu lassen, wie dringend er sie benötigte.
    »Arbeit«, wiederholte der Wirt und dehnte das Wort spöttisch in die Länge, »das wirst du bei uns wohl nicht finden, tut mir leid. Wir sind ein armes Dorf ...«
    »Nicht diese Art von Arbeit«, stellte Aidan kurzerhand klar. »Ich komme wegen des Drachens.«
    Im Hintergrund kicherte jemand.
    »Soso, wegen des Drachens«, antwortete der Wirt und legte seine Stirn in Falten, als ob er zum ersten Mal davon hören würde. »Hat sich unsere kleine Ungezieferplage also in der großen weiten Welt herumgesprochen, ja?« Er nickte Aidan zu und deutete stumm auf die Anschlagstafel, die neben der Eingangstür an der Wand hing.
    Aidan folgte seinem Blick. Ein zerfleddertes Pergament hing auf der Tafel, „Belohnung“ stand in verschnörkelter Handschrift darauf, gefolgt von der Abbildung eines schwarzen Drachens - die dem Wesen auf dem Schild der Taverne verdächtig ähnlich sah - und der beträchtlichen Summe von fünfhundert Goldstücken. Der Steckbrief war vergilbt, vermutlich hing er seit vielen Jahren an diesem Brett. Die Ecken waren abgerissen, das Papier gewellt und durchlöchert, als ob es jemand für Zielübungen beim Messerwerfen missbraucht hätte.
    »In der Tat«, bestätigte Aidan geistesabwesend und wandte sich wieder dem Wirt zu. »Man hört die Geschichte in vielen Tavernen, von Symalia im Norden bis weit hinunter nach Tarabekia. Es wird gemunkelt, dass hier im Düstergebirge ein gefährlicher Drache sein Unwesen treiben soll. Den Helden, der es schafft, ihn zu erlegen, erwartet eine mehr als großzügige Bezahlung.«
    »Und nun bist du hier, um die Herausforderung anzunehmen und die Belohnung zu kassieren«, sagte der Wirt. Es war keine Frage.
    »So ist es«, sagte Aidan und streckte seinen Rücken unwillkürlich gerade.
    »Und warum glaubst du«, fragte ihn der Wirt und kam ihm dabei so nahe, dass er seinen
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