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Drachenglut

Titel: Drachenglut
Autoren: Jonathan Stroud
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an sich.«
    »Es war die Rede davon, dass sie das Kreuz nach Chetton bringen wollen, um es genauer zu unters u chen. Aber nur für kurze Zeit.«
    »Hab ich’s doch verdammt noch mal geahnt!« Mr Cleevers Gesicht wurde rot vor Wut, und Tom sah überrascht, dass er die Fäuste geballt hatte. »En t schuldigen Sie, Herr Pfarrer, aber ich bin schon öfter mit diesen Leuten zusammengestoßen. Man wird uns einfach übergehen. Typisch. Sie werden es monat e lang in irgendeinem keimfreien Hinterzimmer unte r suchen, bevor wir es wieder zu sehen kriegen. Falls wir es überhaupt je zurückb e kommen!«
    »Ach, ich hoffe, es wird nicht so schlimm we r den.« Doch die Vorstellung, er könnte diese Kos t barkeit verlieren, traf Tom hart. »Wenn es zum Schlimmsten kommt, wird der Bischof … «
    Ein plötzliches, stürmisches Klingeln erfüllte die Kirche, zerrte an seinen Nerven und ließ ihn abbr e chen. Es dauerte einen Moment, bis er den Grund dafür erkannte.
    »Der Feueralarm!«, sagte er erstaunt. »Aber es gibt doch gar kein Feuer.«
    »Bestimmt ein Irrtum.« Mr Cleevers Zorn schien durch die Unterbrechung verraucht zu sein. »Stellen Sie ihn ab, ich überprüfe das übrige Gebäude.«
    Doch der Alarm ließ sich nicht davon überzeugen, dass er sich geirrt hatte, und jedes Mal, wenn Tom ihn ausschaltete, begann er wieder von Neuem.
    »Batterie im Eimer«, meinte Mr Cleever, als er von seinem Rundgang zurückkam. Nichts in der Ki r che hatte auf Feuer hingewiesen.
    »Vielleicht hat er auf die Hitze reagiert, die sich heute Nachmittag hier drin gestaut hat«, überlegte Tom. »Aber das ist bisher noch nie passiert.«
    Er versuchte wieder den Alarm auszuschalten. Diesmal gelang es.
    »Na gut«, sagte Mr Cleever. »Jetzt haben wir noch was, worüber wir rätseln können. Doch ich will Sie nicht länger aufhalten, Herr Pfarrer. Ich weiß ja, dass Sie verabredet sind.«
    Tom sah grimmig auf seine Uhr. »Tja, ich muss mich wirklich beeilen. Kommen Sie doch morgen wieder und schauen Sie es sich noch mal genauer an, wenn Sie mögen.«
    Mr Cleever hatte sich wieder über das Kreuz g e beugt. Als er aufschaute, sah er Tom an, als erwache er aus einem Traum. »Ich danke Ihnen, Herr Pfarrer. Das werde ich. Ihnen noch einen guten Abend.«
    Als Mr Cleever gegangen war, überprüfte Tom h a stig die Fenster in der Sakristei und in den Büros. Wieder mal kam er zu spät zu Sarah und bestimmt war sie verärgert.
    Hatte Elizabeth ihr gesagt, was ihn aufgehalten hatte? Es war zwar eine gute Entschuldigung, aber in letzter Zeit hatte es zwischen ihm und Sarah einige Missverständnisse gegeben, was ihre beiden rüpe l haften Brüder offensichtlich witzig gefunden hatten.
    Na egal, dachte Tom, als er mit den Schlüsseln in der einen und seinem Jackett in der anderen Hand zum Westportal rannte. Sarah würde ihn bestimmt verstehen, wenn sie erst die Neuigkeit erfuhr!

 
     
    7
     
    Sarah saß im dämmrigen Wohnzimmer und scha u te durch die geöffneten Fenster hinaus in die Dunke l heit. Sie hatte so lange regungslos dagesessen, dass es ihr vorkam, als würde sie sich von den grauschwarzen Fl e cken und Schatten um sie herum gar nicht mehr unte r scheiden. Nur ihre Angst verlieh ihr Umriss und Form.
    Draußen senkte sich die Dunkelheit über die ve r steckten Gefahren des Wirrim: die Löcher, die Sto l len, die verborgenen Felsenkanten und Spalten, die hoch gelegenen Weiden, die unvermittelt zu Klippen oder schroff abfallenden Felswänden führten. Einmal hatte sie von so einer Klippe eine Schafsleiche hä n gen s e hen, die rotweißen Fetzen hingen schlaff an dem fe r nen Felsvorsprung.
    Sie wusste noch genau, wann sie das letzte Mal e i ne solch düstere Vorahnung gehabt hatte. Jene Nacht lag erst zehn Monate zurück, damals hatte Glatteis auf der Straße durchs Moor ihre Brüder zu Waisen gemacht und sie ihrer Obhut anvertraut. Und als es geschah, war zweihundert Meilen davon entfernt S a rah weinend aufgewacht.
    Damals war die Angst noch stärker gewesen, bre n nender – diesmal war es eher eine heimtückische Furcht, unbestimmt und konturlos, und sie galt zwe i fe l los Michael.
    Die Nacht kam, Michael wurde vermisst und Tom war immer noch nicht da.
    Lautes Gelächter erscholl aus dem Gasthaus Mo n key and Marvelon weiter unten an der Straße und echote spöttisch durch den leeren Raum.
    Unwillkürlich schauderte ihr.
    Plötzlich wurde Licht angeknipst und blendete sie für einen Moment. Stephen war aus der Küche g e kommen, wo er sich
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