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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition)
Autoren: Naomi Novik
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unähnlich, und zunächst hatte
er es nach der langen Seereise für eine sehr befriedigende Abwechslung zu den Fischen gehalten. Aber er fand es ausschließlich dann wirklich lecker, wenn es nur leicht angebraten war, was wenig Variationsmöglichkeiten zuließ. Im Eintopf wurde das Fleisch sehnig und fade, vor allem angesichts der Tatsache, dass der Vorrat an Gewürzen immer mehr zu wünschen übrig ließ. Von seinem erhöhten Sitz auf einem Felsvorsprung am Hafen aus konnte Temeraire verlockendes Vieh in einem Pferch erkennen, doch offensichtlich war es viel zu wertvoll, als dass es dem Korps zur Verfügung gestellt werden würde. Und natürlich konnte Temeraire Laurence eine solche Ausgabe nicht zumuten, nicht, wo er doch dafür verantwortlich war, dass Laurence sein gesamtes Vermögen verloren hatte. Stattdessen hatte Temeraire sofort all seine vorsichtigen Klagen über die mangelnde Abwechslung wieder eingestellt. Bedauerlicherweise hatte Gong Su das als Ermunterung aufgefasst, und so gab es seit vier Tagen in Folge morgens und abends nichts als Känguru – und nicht mal ein winziges Stückchen Thunfisch zur Abwechslung.
    »Ich sehe gar nicht ein, warum wir nicht wenigstens zum Jagen weiter ins Landesinnere vorstoßen dürfen«, klagte Iskierka, während sie ihre eigene Schüssel ohne viel Federlesens ausleckte. Sie weigerte sich schlicht, Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die auch nur im Entferntesten an gute Manieren erinnerten. »Dies ist ein riesiges Land, und es ist doch wohl klar, dass sich Besseres zum Essen finden ließe, wenn wir uns ein bisschen umsehen würden. Vielleicht gibt es hier irgendwo diese Elefanten, von denen du immer wieder erzählst. Ich würde zu gerne mal einen davon probieren.«
    Temeraire hätte selbst eine Menge für einen schmackhaften Elefanten gegeben, mit einer großzügigen Prise Pfeffer und vielleicht etwas Salbei zubereitet. Man durfte Iskierka jedoch auf keinen Fall in diese Richtung ermutigen. »Du kannst gerne hinfliegen, wohin du willst«, sagte er, »und du wirst dich mit Sicherheit verirren. Niemand hat eine Ahnung, wie die Landschaft hinter diesen Bergen aussieht,
und du wirst da auch niemanden treffen, den du nach dem Weg fragen kannst: weder Menschen noch Drachen.«
    »Das ist albern«, bemerkte Iskierka. »Ich sage zwar nicht, dass Kängurus gute Mahlzeiten abgeben, denn das ist einfach nicht der Fall, und es gibt auch nicht genug von diesen Tieren. Aber es ist sicher auch nicht schlimmer als das, was wir während des letzten Feldzugs in Schottland bekommen haben. Nichtsdestoweniger ist es Unsinn zu behaupten, dass hier niemand lebt; warum denn nicht? Ich würde sagen, dass es hier jede Menge Drachen gibt. Die stecken nur einfach woanders und haben vermutlich viel besseres Essen als wir.«
    Temeraire schien das in der Tat keine ganz unwahrscheinliche Möglichkeit, und er nahm sich vor, die Sache später mit Laurence unter vier Augen zu besprechen. Das wiederum erinnerte ihn an Laurence’ Abwesenheit und an die vorgerückte Stunde. »Roland«, rief er mit einem besorgten Unterton in der Stimme. Natürlich brauchte Laurence kein Kindermädchen, aber er hatte versprochen, vor dem Abendessen wieder zurück zu sein und ein bisschen weiter aus dem Roman vorzulesen, den er tags zuvor in der Stadt gekauft hatte. »Roland, ist die fünfte Stunde nicht schon vorbei?«
    »Herr im Himmel, ja, es muss beinahe sechs sein«, antwortete Emily Roland und legte ihren Degen auf den Boden. Sie und Demane hatten draußen im Hof ein bisschen Fechten geübt. Mit einem lose gezupften Ende ihres Hemdes tupfte sie sich das Gesicht ab und rannte zum Rand des Felsvorsprungs, um den Matrosen unten etwas zuzurufen. Dann kam sie wieder zurück und sagte: »Nein, ich lag völlig falsch. Es ist schon Viertel nach sieben. Das ist ziemlich seltsam, dass die Tage so lang sind, obwohl es doch schon bald Weihnachten ist.«
    »Das ist überhaupt nicht seltsam«, entgegnete Demane. »Es ist nur seltsam, wenn man darauf beharrt, dass es hier auch Winter sein muss, nur weil es das in England ist.«
    »Aber wo steckt Granby, wenn es so spät ist?«, fuhr Iskierka auf,
die gelauscht hatte. »Er hatte nichts Besonderes vor, wie er mir versichert hat, sonst hätte ich ihn doch nie so schäbig gekleidet losgehen lassen.«
    Temeraire nahm sich diese Bemerkung zu Herzen und stellte kurz seine Halskrause auf. Es störte ihn nun doch sehr, dass Laurence nichts anderes als den schlichten Mantel eines Gentleman
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