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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie
Autoren: Alfred Bekker
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zumindest so lange zuhören, wie ich in deiner Metallhand existiere!“
    Tiefer, Ghuurrhaan!, befahl Rajin dem Drachen. Ich muss Nyas Faden in diesem neuen Schicksal finden und dafür sorgen, dass ihr Muster erhalten bleibt!
    „Du Narr!“, schalt ihn die Gedankenstimme. „Je mehr du nach ihr suchst, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du sie findest. Das ist nicht der richtige Weg!“
    Soll ich etwa auch in diesem Fall das Paradoxe tun?, antwortete Rajin nun doch den Seelenresten Komrodors. Der Spott in seiner Entgegnung war allerdings keineswegs aus Hochmut geboren, sondern entsprang einer schier unerträglichen Verzweiflung. Er beugte sich so tief hinab, wie es ging, und starrte unentwegt auf die feinen Verästelungen und Strukturen des Musters, das den Schicksalsteppich bedeckte. Ghuurrhaan schlug seine Flügel untere immer größer werdenden Schmerzen auf und nieder. Zunächst knurrte er nur, dann stieß er Laute aus, die an ein menschliches Stöhnen erinnerten.
    „Bjonn, du solltest dem Tier eine Verschnaufpause gönnen!“, warnte Kallfaer Eisenhammer, der es inzwischen wohl schon bereute, überhaupt noch einmal zu Bjonn in den Drachensattel gestiegen zu sein. „Wenn er uns abwirft, ist keinem damit geholfen!“
    „Sag bloß, dass dir das Leben deiner Tochter gleichgültig ist“, murrte Rajin.
    „Keineswegs. Nur glaube ich nicht, dass wir auf diese Weise etwas erreichen können.“
    „Hast du nicht selbst gesagt, dass du nichts von diesen Dingen verstehst?“
    „Und hast du nicht gesagt, dies gelte auch für dich?“
    „Bei allen Göttern und Geistern, warum forderst du dann nicht von Brajdyr, dass er sich Nyas Schicksal annimmt?“
    „Er ist ein Gott. Hast du schon jemals davon gehört, dass sich Götter für das Schicksal Einzelner interessieren? Für das Schicksal an sich vielleicht, aber nicht für das eines einzelnen Sterblichen.“
    Rajin antwortete ihm nicht, denn plötzlich sah er Nyas Gesicht im Muster des Teppichs, dann ihren gläsernen Sarg, danach die Kathedrale des Heiligen Sheloo, wo man sie gefangen gehalten hatte, um ihm, dem letzten Nachfahren des Drachenkaisers, eine Falle zu stellen.
    Lande!, wies er seinen Drachen mit seinem sehr schroffen Gedankenbefehl an. Ghuurrhaan brüllte vor Schmerz, aber Rajin war das gleichgültig.
    Taumelnd und unsicher landete Ghuurrhaan auf dem Teppich. Mit schrillem Zirpen eilten einige Webergesellen davon, die beinahe vom massigen Körper des ehemaligen Wilddrachen zerquetscht worden wären. Die Trägergeselle unter dem Teppich hatte weniger Glück, zumal sie das Unheil nicht hatten kommen sehen. Einer ihrer Stacheln grub sich in Ghuurrhaans Fuß, was den Drachen zusätzlich in Wut versetzte.
    Schweig und gehorche!, herrschte Rajin ihn in Gedanken an und benutze zum ersten Mal seit langer Zeit wieder seinen Drachenstab, den er mehr oder minder nur zur Zierde getragen hatte. Es handelte sich um ein ausfahrbares, reich verziertes messingfarbenes Exemplar, und es bestand aus insgesamt vier ineinander gesteckten Metallrohren, die durch einen ausgeklügelten Mechanismus fixiert wurden. Rajin stieß den Stab tief in eine der Vertiefungen zwischen den Hornschuppen des Drachen. Ein unterwürfiges Knurren drang daraufhin aus dem Maul Ghuurrhaans, und er schnaubte geräuschvoll durch die Nüstern.
    Rajin kletterte vom Drachenrücken, und doch während er dies tat, spürte er, wie eine Kraft ihn daran zu hindern versuchte. Es war Komrodor, wie er erkannte, aber er drängte den Einfluss des ehemaligen Großmeisters von Magus zurück.
    Kallfaer folgte ihm, obwohl er sich einmal mehr fragte, was er von Rajins Gebaren halten sollte. Aber für gewöhnlich verließ sich Kallfaer Eisenhammer auf seinen Instinkt, und der sagte ihm ganz deutlich, dass hier etwas ganz entschieden in die falsche Richtung lief. Das Unbehagen, das er empfand, warnte ihn vor dem, was nun kommen würde.
    Den Blick suchend nach unten gerichtet, ging Rajin einige Dutzend Schritt über den Teppich, während die Webergesellen ihn wütend anzirpten, da er sie bei der Arbeit störte.
    Dann fand er jene Stelle im Muster, wo Bilder seiner Geliebten Nya entstanden, wenn er lange genug darauf starrte. Rajin sah ihren Sarg, so wie er zuletzt in der Halle der Tausend Winde gestanden hatte. Starr und in ihrem magischen Todesschlaf lag sie da.
    „Nya …“, murmelte er.
    Dann konnte er sehen, wie sich die Gestalt der jungen Frau im Glassarg in Staub auflöste. Sie zerfiel einfach, und der
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